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Paläontologie

Primitivster vorzeitlicher Primat entdeckt

55 Millionen Jahre altes Skelett fast vollständig erhalten

Dryomomys szalayi © Bloch, et al./ PNAS

Die Tiergruppe der Primaten, zu der auch der Mensch gehört, ist rund zehn Millionen Jahre älter als angenommen. Das zeigte eine jetzt in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie. Wissenschaftler untersuchten dafür zwei neu entdeckte 55 Millionen Jahre alte fossile Skelette – darunter das älteste jemals gefundene – und verglichen sie mit den Knochen von mehr als 85 modernen und ausgestorbenen Arten.

Ein Team von Forschern unter der Leitung des Paläontologen Jonathan Bloch von der Universität von Florida, sowie Wissenschaftler der Universitäten Yale und Stony Brook, haben in einer umfangreichen zweiteiligen Studie jetzt belegt, dass die Plesiadapiformen, eine Gruppe von archaischen Säugetieren, nicht wie angenommen am engsten mit den fliegenden Lemuren verwandt sind, sondern die primitivsten Primaten darstellen. „Plesiadapiforme waren seit langem eine der kontrovers diskutierten Gruppen in der Säugetierphylogenie”, erklärt Michael J. Novacek, Kurator am Amerikanischen Museum für Naturkunde. „Denn sie stehen uns und den Primaten irgendwie nahe, haben aber bisher nur sehr unvollständige und faszinierende Fossilien geliefert.“

Mausgroßer Primat löste die Dinosaurer ab

Bloch, der Leiter der Studie, hatte im Vorfeld die Skelette zweier neuer Arten der Plesiadapiformen, Ignacius clarkforkensis and Dryomomys szalayi, direkt außerhalb des Yellowstone Nationalparks entdeckt. Während bis dahin nur Schädel und isolierte Knochenfunde zur Verfügung standen, konnte jetzt erstmals ein nahezu vollständiges und gut erhaltenes Skelett von Ignacius analysiert werden. „Die Fossilfunde aus Wyoming zeigen, dass unsere frühesten Primatenvorfahren nur die Größe einer Maus hatten, Früchte aßen und in Bäumen lebten“, erklärt Bloch, Kurator am Museum für Naturkunde von Florida. „Es ist bemerkenswert, dass wir noch immer neue Fossilienarten in einem Gebiet entdecken, dass seit mehr als hundert Jahren von Paläontologen erforscht wird.“

Nach den Datierungen lebten die gefundenen Plesiadapiformen im Zeitalter des Paläozän, vor rund 65 bis 55 Millionen Jahren – und damit genau in der Übergangszeit zwischen dem Untergang der Dinosaurier und dem ersten Auftreten von eindeutig zuzuordnenden Vertretern der modernen Säugetierordnungen.

Einige Eigenschaften moderner Säugtiere

Zusätzlich zu den Analysen der neu gefundenen Skelette verglich das Forscherteam die Daten auch mit 173 charakteristischen Eigenschaften von modernen Primaten und den fliegenden Lemuren, einer in Südostasien beheimateten, heute nur noch mit zwei Arten vorkommenden Säugetiergruppe. Hochauflösende Computertomographie half den Forschern dabei, auch die feinen Strukturen im Schädelinneren sichtbar zu machen.

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Mindestens fünf Strukturkomplexe gelten dabei als charakteristisch für die modernen Primaten: relativ große Gehirne, gutes Sehvermögen mit nach vorne zeigenden Augen, die Fähigkeit zu springen, Nägel anstelle von Klauen an mindestens den ersten Zehen der Hände und Füße, die zum Greifen ausgelegt sind. Die Analysen zeigen, dass die Plesiadapiformen zwar einige, aber nicht alle dieser Eigenschaften bereits besaßen. Vermutlich, so die Schlussfolgerung der Forscher, entwickelten sie sich erst im Laufe einer rund zehn Millionen Jahre dauernden Übergangszeit, während der sich die Tiere an eine sich verändernde Umgebung anpassten.

„Dies ist die erste Studie, die es alles zusammenbringt“, erklärt Eric Sargis, Ko-Autor der Studie und Professor für Anthropologie an der Yale Universität. „Das umfangreiche Datenmaterial, die Anzahl und Art der Eigenschaften, die wir vergleichen konnten und die Verfügbarkeit von kompletten Skeletten erlaubt es uns, viel weiter zu gehen als vorherigen Studien.“

(Yale University, 24.01.2007 – NPO)

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