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Archäologie

Pompeji: Mysteriöses Pferd ist ein Esel

Forscher klären Irrtum auf

Seit in Pompeji die Überreste einer scheinbar unbekannten Pferderasse ausgegraben wurden, rätseln Wissenschaftler über diesen Fund. Nun haben Forscher aus Cambridge und Münster das Rätsel gelöst: Bei dem Pferd handelt es sich vermutlich in Wahrheit um einen Esel.

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Sie widerlegten damit die Ergebnisse von DNA-Analysen des Skelettes, das im Jahre 2004 in den Überresten eines antiken römischen Hauses gefunden wurde. Bei dieser Untersuchung sei ein Fehler passiert, sagt das Team aus Wissenschaftlern der Universität Cambridge, des münsterschen Instituts für Forensische Genetik und der Universität Münster. Offensichtlich hat sich Esel-DNA mit Pferde-DNA vermischt, sodass eine künstliche Hybrid-DNA entstanden ist, berichtet die Fachzeitschrift „Journal of Cellular Biochemistry“.

Fünf Skelette analysiert

In der ursprünglichen Studie wurden fünf Skelette aus der Familie der Pferdeartigen analysiert, zu der Pferde, Esel und Zebras gehören. Die Skelette waren in den Ställen des „Casa dei Casti Amanti“, dem Haus der keuschen Liebenden, ausgegraben worden. Das bekannte Gebäude ist nach seinen Wandfresken benannt, die romantische Szenen darstellen.

Hausherr war vermutlich Caius Iulius Polybius, ein wohlhabender Politiker und Bäcker – letzteres leiten Archäologen daraus ab, dass in dem Haus ein offener Backofen und vier Mahlsteine gefunden wurden. Die Pferdeskelette waren durch eine Schicht vulkanischer Asche konserviert, die Pompeji und die nahegelegene Siedlung Herculaneum bei dem Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 nach Christus unter sich begraben hatte.

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Das Forscherteam, das die ursprüngliche Studie durchgeführt hat, untersuchte die 2.000 Jahre alte mitochondriale DNA der Pferde – also DNA, die nicht aus dem Zellkern, sondern aus den „Energiekraftwerken“, den Mitochondrien, der Zellen stammt. Vier DNA-Typen waren leicht zuzuordnen – sie stimmten mit typischem mitochondrialen Pferde-Erbgut überein. Das fünfte Pferd jedoch schien eine zwar pferdeähnliche, aber doch unbekannte DNA zu besitzen. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass es sich um eine bislang nicht bekannte – vermutlich ausgestorbene – Pferderasse handele.

Fehler bei der Ausgrabung?

Susan Gurney vom Institut für Tierphysiologie der Universität Münster und Mitarbeiterin des Instituts für Forensische Genetik sowie der Universität Cambridge, schaute sich die Daten nun noch einmal genauer an. Dabei kam die Expertin für Pferdeevolution zu dem Schluss, dass bei der ersten Untersuchung ein Fehler passiert war. Offensichtlich war die mitochondriale DNA eines Pferdes mit mitochondrialer DNA eines Esels in Berührung gekommen, sodass sich eine Hybrid-DNA gebildet hat, die scheinbar einer unbekannten Pferderasse entstammte.

Gurney zeigte, dass die ersten 177 Bausteine des DNA-Stranges mit der Nukleotidabfolge von Esel-Erbgut übereinstimmen. Die übrigen 193 Nukleotide sind identisch mit Pferde-DNA. „Es war leicht zu erkennen, dass es sich ursprünglich um zwei separate DNA-Stränge gehandelt haben muss“, sagt sie. „Der Fehler könnte schon bei der Ausgrabung passiert sein – vielleicht ist dabei DNA von einem Skelett auf ein anderes übertragen worden. Möglicherweise ist der Fehler aber auch durch eine Unachtsamkeit im Labor entstanden oder erst hinterher bei der Datenanalyse am Computer.“

Stammform des heutigen Hausesels bereits im antiken Pompeji?

Zwar konnten die Wissenschaftler den Fund einer neuen Pferderasse nicht bestätigen. Spannend ist das Ergebnis dennoch, sagen sie. Wenn die Esel-DNA tatsächlich von dem antiken Skelett stammt, dann belege dies erstmals, dass bereits im antiken Pompeji die Stammform des heute typischerweise in Italien vorkommenden Hausesels gehalten wurde. Diese Zuchtlinie stammt von somalischen Wildeseln ab.

In anderen europäischen Ländern dagegen leben Esel, die auf nubische Wildesel zurückgehen. Die antike Esel-DNA ermöglicht den Forschern damit möglicherweise neue Einblicke in die Geschichte der Eselzucht.

(idw – Universität Münster, 16.11.2010 – DLO)

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