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Geowissen

Plattenbewegungen komplexer als bisher angenommen

Forscher untersuchen unterseeische Gebirge um Plattendynamiken zu verstehen

Das Untersuchungsgebiet am Louisville Hotspot im Südpazifik. © IODP

Internationale Forscher haben herausgefunden, dass Plattentektonik und Erdmanteldynamiken komplexer sind als bisher angenommen. Diese Erkenntnisse können zu einer Neuinterpretation bereits bestehender Theorie führen und hilfreich für das bessere Verständnis und die Voraussage von Naturkatastrophen sein. Die Forscher des Ozeanbohrprogramms IODP untersuchten dazu den Hotspot „Louisville“ im Südpazifik und fanden heraus, dass dieser sich im Gegensatz zum Hawaii-Hotspot in den letzten 80 bis 50 Millionen Jahren kaum bewegt hat. Diese Erkenntnis spricht gegen eine zuvor postulierte große Erdmantelströmung namens „Mantelwind“, die sich in diesem Zeitraum ereignet haben soll, so die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Hawaii oder die kanarischen Inseln sind typische Beispiele für den sogenannten Hotspotvulkanismus. Dabei schieben sich die Platten der Erdkruste über eine heiße Stelle – den Hotspot – an welcher besonders heiße Magma aus dem Erdmantel aufsteigt. So entstehen vulkanische Gebirge, die sich im Ozean oft perlenschnurartig aneinanderreihen oder als Vulkaninsel über die Oberfläche ragen. Diese Gebirge und deren ursächliche Hotspots haben Geologen lange als Referenz für Plattenbewegungen gedient, da sie als ortsfest galten und sich so die erdgeschichtliche Bewegungsdynamik der Platten ablesen ließ.

Aus Untersuchungen am Hawaii-Hotspot war bereits bekannt, dass die Hotspots nicht stationär sein müssen, sondern durch Strömungen im Erdmantel versetzt werden können. Deshalb gingen die Forscher zunächst davon aus, dass der „Mantelwind“ – eine Großströmung im Erdmantel – nicht nur den Hawaiianischen Spot, sondern auch sein südlich gelegenes Gegenstück, den Louisville-Spot, um 15 Grad südlich verschoben haben müsste. „Die Rekonstruktion von Plattenbewegungen wird einfacher und zuverlässiger, wenn man weiß, inwieweit sich auch die darunter liegende Konvektion im Erdmantel ändert“, erklärt Jörg Geldmacher vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum Kiel.

Auf Spurensuche im Pazifik

Die JOIDES Resolution im Hafen von Puntarenas. Mit diesem Forschungsschiff sammelten die Geologen die Proben. © S. Kutterolf, GEOMAR

Um den Zusammenhang zwischen Hawaii- und Louisville-Hotspot genauer zu untersuchen, nahm ein Team des internationalen Intregrated Ocean Drilling Programmes (IODP) von Mitte Dezember 2010 bis Mitte Februar 2011 Proben aus mehreren unterseeischen Bergen der Louisville-Region im Südpazifik, nordöstlich von Neuseeland. „Während der Expedition wurden Proben an fünf Unterwasserbergen im geologisch ältesten Teil der insgesamt 4.300 Kilometer langen Louisville Hotspotspur gewonnen“, so Geldmacher. Die Proben wurden mittels Isotopenbestimmung untersucht, wobei Isotope des Elements Argon Aufschluss über das geologische Alter der Proben geben sollen.

Das Ergebnis: Während eine Mantelwind-Strömung beide Hotspots im Pazifik verschoben haben müsste, wie eine Simulation zeigte, scheint sich der Louisville-Punkt nicht oder kaum bewegt zu haben. Dies spricht gegen ein solches Großereignis vor 80 bis 50 Millionen Jahren, da es zeigt, dass sich die Hotspots unabhängig voneinander bewegen – oder eben nicht. Noch allerdings sei unklar, wie genau Hotspot und Plattenbewegung in Beziehung zueinander stehen, sagen die Forscher. Möglicherweise könnten weitere, bisher nicht untersuchte Hotspots zu einem weiteren Einblick verhelfen.

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Nach Ansicht der Geoforscher zeigt ihr Ergebnis, dass Geologen in Zukunft wahrscheinlich die Bewegungen solcher Hotspots jeweils lokal betrachten und ermitteln müssen. Erst wenn ihr Verhalten genau bekannt ist, können sie dann auch als Referenz für die Bewegung der tektonischen Platten herangezogen werden. Noch aber bleiben viele Unsicherheiten.

„Auch mit den besten Erkundungsmöglichkeiten, die uns Bohrschiffe wie die JOIDES RESOLUTION oder die CHIKYU heute bieten, können wir immer nur ein wenig an der Oberfläche kratzen“, meint Geldmacher. „Bis wir dem Planeten diese Geheimnisse entreißen, wird noch einige Zeit vergehen. Ein besseres Verständnis wäre auch für die Abschätzung zukünftiger Naturgefahren wie Vulkanausbrüche oder Erdbeben nützlich“, resümiert Geldmacher (doi: 10.1038/ngeo1638).

(Nature Geoscience, 26.11.2012 – KBE)

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