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Paläontologie

Pflasterzahnsaurier waren Europäer

246 Millionen Jahre alter Fossilfund klärt Herkunft der ersten Meeresreptilien

Rekonstruktion des jugendlichen Pflasterzahnsauriers Palatodonta bleekeri. Auffallend sind die im Gegensatz zu anderen Pflasterzahnsauriern stehenden Zähne. © Jaime Chirinos

Pflasterzahnsaurier gehörten zu den ersten Meeresreptilien. Mit ihren typischen Knackzähnen ernährten sie sich von Muscheln und Krustentieren. Wann und wo diese hochspezialisierten Urechsen entstanden sind, war bis bisher allerdings unklar. Jetzt haben Forscher den 246 Millionen Jahre alten Schädel eines jungen Pflasterzahnsauriers in den Niederlanden entdeckt. Wie sie im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten, handelt es sich dabei um einen der ersten Vertreter dieser Saurier. Sie sind demnach wahrscheinlich in Europa entstanden.

Über rund 50 Millionen Jahre hinweg besiedelten Pflasterzahnsaurier die Tethys – jenen Urozean, der einst eine riesige, von den heutigen Kontinenten Australien, Asien Afrika und Europa eingerahmte Bucht bildete. An seinen Rändern besaß das Urmeer besonders im heutigen europäischen Raum ausgedehnte, flache Randmeere. Diese Schelfe bildeten die Heimat der auch als Placodonten bekannten Saurier, deren auffälligste Merkmale ihr Gebiss war. Ihre Oberkiefer besaßen im Gaumen und auf dem Kieferknochen je eine Reihe plattenförmiger Zähne. Der Unterkiefer dagegen wies nur eine Zahnreihe auf – das ideale Gebiss, um Muscheln und Krustentiere zu zerkleinern.

Nun haben Forscher ein neues Fossil der Pflasterzahnsaurier im niederländischen Winterswijk entdeckt. Der Schädel aus einer 246 Millionen Jahre alten Sedimentschicht wirft neues Licht auf die Entstehungsgeschichte dieser Sauriergruppe. Der zwei Zentimeter große Schädel ist besonders gut erhalten und sein Aussehen unterscheidet von dem bisheriger Placodonten- Funde. Aufgrund dieser Abweichungen vermuten die Forscher um Torsten Scheyer von der Universität Zürich, dass es sich bei dem Fund um die ursprünglichste Form aller bekannten Pflasterzahnsaurier handelt.

Der kürzlich entdeckte Schädel eines jugendlichen Pflasterzahnsauriers aus Winterswijk. © Universität Zürich

Spitz – statt kugelförmig sind die Zähne

Die bislang bekannten Placodonten besitzen die für die Gruppe charakteristische Doppelbezahnung im Oberkiefer und haben kugelförmige Zähne. Die namengebenden plattenförmigen Zähne treten erst bei den erwachsenen Pflasterzahnsauriern auf. „Das Winterswijker-Exemplar hat im Unterschied zu allem bisher Bekannten keine plattenförmigen oder kugeligen Knackzähne, sondern eher kegelförmige, spitze Zähne“, erläutert Scheyer den Befund. „Auf diese Weise griffen beim Zubeißen die spitzen Zähne des Unterkiefers präzise in den Raum zwischen Gaumen- und Oberkieferknochenzähnen.“ Aus diesen Merkmalen schließen die Forscher, dass es sich um ein Jungtier handeln muss.

Dass es sich beim neuen Fund dennoch um einen Placodonten handelt, belegt die für die Gruppe typische doppelte Zahnreihe im Oberkiefer. Den Forschern zufolge war das Gebiss von Palatodonta bleekeri, so der wissenschaftliche Name des Winterswijk-Exemplars, darauf spezialisiert, weiche Beutetiere festzuhalten und zu durchdringen. Dazu Scheyer: „Die Doppelbezahnung des Fundes kombiniert mit seinem hohen Alter lassen den Schluss zu, dass es sich um einen sehr ursprünglichen Placodonten handelt, aus dem sich dann die späteren Formen entwickelt haben.“ Die Ausbildung der Knackzähne und die Spezialisierung auf eine Ernährung aus Muscheln und Krustentiere erfolgten folglich innerhalb der Entwicklungsgeschichte der Pflasterzahnsaurier.

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Saurier war Euopäer

Der kleine Palatodonta bleekeri-Schädel wirft ein neues Licht auf die Debatte um das Entstehungsgebiet der Pflasterzahnsaurier. Denn bisherigen Funde ließen sowohl eine Entstehung in den Schelfmeergebieten des heutigen Chinas als auch in Europa zu. Aufgrund des hohen Alters des niederländischen Fundes und seiner ursprünglichen Form sind die Forscher jetzt davon überzeugt, dass diese Sauriergruppe ein imheutigen europäischen Raum entstand. Scheyer und Kollegen hoffen nun auf weitere spannende Funde aus Winterswijk, um die Entwicklungsgeschichte der Placodonten weiter zu verfolgen. (Nature Communications, 2013; doi:10.1038/ncomms2633)

(Universität Zürich, 28.03.2013 – KBE)

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