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Geowissen

Östlicher Aralsee vollständig ausgetrocknet

Zum ersten Mal seit 600 Jahren fällt ein Bereich des schrumpfenden Sees völlig trocken

Aralsee am 19. August 2014: Der östliche Teil des südlichen Sees ist vollständig ausgetrocknet. © NASA Earth Observatory

Dürre für die Landwirtschaft: Der östliche Teil des Aralsees ist dieses Jahr zum ersten Mal seit dem Mittelalter vollständig ausgetrocknet, wie auf Satellitenbildern deutlich erkennbar ist. Seit über 50 Jahren schrumpft der See, weil seine Zuflüsse zur Bewässerung umgeleitet werden. Das jetzige Austrocknen der Osthälfte ist ein weiterer Marker in der anhaltenden Geschichte dieser Umweltkatastrophe.

Der Aralsee schrumpft unaufhaltsam, bereits seit Jahrzehnten. Vor etwa 50 Jahren noch war er der viertgrößte Binnensee der Erde – von den ehemals 68.000 Quadratkilometern Wasserfläche ist nur noch ein Bruchteil übrig. Im Jahr 2000 hatte eine Landbrücke den schwindenden See bereits in einen Nord- und einen Südteil getrennt. Der südliche Aralsee zerteilte sich schließlich weiter in eine westliche und eine östliche Hälfte.

Wenig Schnee und Regen

In diesem Jahr ist der Ostteil des Sees zum ersten Mal seit dem Mittelalter vollständig trocken gefallen, wie auf vergleichenden Bildern des NASA-Satelliten MODIS erkennbar ist: Die Aufnahme vom 19. August 2014 zeigt eine Sandwüste im Osten des Sees. Vor 14 Jahren dagegen, am 25. August 2000, war noch eine große Wasserfläche zu sehen. Besonders ernüchternd ist der Vergleich mit der ungefähren Küstenlinie von 1960, die in beiden Bildern ebenfalls eingezeichnet ist.

Letztendlicher Auslöser waren wahrscheinlich natürliche Schwankungen im Wasserkreislauf: An der Wasserscheide in den Pamir Bergen gab es 2014 nur wenig Schnee und Regen, so dass der Amudarja viel weniger Wasser führte, erklärt der Geograph und Aralsee-Experte Philip Micklin von der Western Michigan University.

Aralsee am 25. August 2000: Viel kleiner als noch 1960, aber der östliche See ist noch eine große Wasserfläche. © NASA Earth Observatory

Ökologische Katastrophe

Die eigentlichen Gründe der Austrocknung liegen jedoch weiter zurück: Verantwortlich ist ein russisches Bewässerungsprojekt aus den 1950er und 1960er Jahren: Damals leitete man die Flüsse Amudarja und Syrdarja um. Die beiden größten Flüsse der Region sollten landwirtschaftliche Flächen mit Wasser versorgen. Dem Aral-See drehte diese Maßnahme jedoch das Wasser ab, so dass er stetig weiter eintrocknet und dabei immer salziger wird. Auch die Trockenheit des östlichen Beckens vor 600 Jahren soll auf Bewässerungsmaßnahmen zurückgehen. Auch heute noch dient das Flusswasser noch immer für großflächige Bewässerung in der Landwirtschaft.

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Für das Ökosystem des Sees ist die Trockenheit eine Katastrophe: Die Lebensräume der ehemaligen Flussmündungen sind praktisch vollständig zerstört. Da der See keine natürlichen Abflüsse hat, steigt beim Eintrocknen der Salzgehalt im Wasser. Der ehemals bedeutende Fischfang ist komplett zum Erliegen gekommen. Die zurückbleibenden Sandflächen gleichen daher lebensfeindlichen Salzwüsten. Hinzu kommt eine enorme Belastung mit Schadstoffen: Eine ehemalige Insel im See diente früher als Versuchsgelände für chemische und biologische Waffen. Seit der See ausgetrocknet ist, gehört sie wieder zum Festland, und Erosion durch den Wind verteilt Salz und Gifte in einem weiten Umkreis.

Verstrichene Gnadenfrist

Am nördlichen Aralsee gibt es Versuche, den See zu retten: Ein Staudamm soll hier das Wasser zurückhalten und diesen Teil des Sees vor der Trockenheit bewahren. Allerdings hält dieser Damm auch Wasser vom südlichen Aralsee fern. Micklin zufolge hatte der Staudamm am jetzigen Austrocknen des östlichen Aralsees keinen nennenswerten Anteil: „Dieser Teil des Aral-Sees zeigt große Veränderungen von Jahr zu Jahr, die vom Strom des Amudarja abhängen“, sagt Micklin. „Ich vermute, dass dies noch einige Zeit so weiter geht.“

Im Jahr 2009 war es bereits einmal beinahe so weit, der östliche Teil des Sees war fast ausgetrocknet. Damals folgte jedoch ein Jahr mit ausgesprochen viel Regen, Schnee und Schmelzwasser und gewährte dem östlichen Aralsee 2010 noch einmal eine Gnadenfrist mit vorrübergehend steigendem Wasserspiegel.

(NASA Earth Observatory, 01.10.2014 – AKR)

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