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Umwelt

Neues Rekordhoch bei „Ozonkillern“

Emissionen von fünf ozonabbauenden Substanzen erreichen neue Höchstwerte

Stratosphäre
Der zarte blaue Schleier ist die Stratosphäre - die Atmosphärenschicht, in der auch die schützende Ozonschicht liegt. © NASA/JSC

Verboten, aber nicht gestoppt: Die Emissionen von fünf ozonzerstörenden Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) haben im Jahr 2020 neue Höchstwerte erreicht, wie Messungen enthüllen. Obwohl diese FCKW nach dem Montreal-Protokoll nicht mehr in Produkten enthalten sein dürfen, ist ihre Konzentration seit 2010 teils rapide angestiegen. Der zerstörerische Effekt auf die Ozonschicht ist zwar noch gering, aber diese FCKW heizen das Klima auf: Ihr Treibhauseffekt entspricht dem der gesamten CO2-Emissionen der Schweiz.

Schon seit dem Montreal-Protokoll von 1987 sind Produktion und Freisetzung von ozonschädigenden Fluorchlor-Kohlenwasserstoffen (FCKW) weltweit verboten. Seit 2010 gilt dies auch für die Freisetzung von Tetrachlormethan (CCl4). Diese chlorhaltigen Chemikalien setzen eine Kettenreaktion in der Stratosphäre in Gang, die die schützende Ozonschicht zerstört. Doch trotz des Verbots werden in den letzten Jahren vermehrt wieder „Ozonkiller“ freigesetzt, darunter das verbotene Trichlorfluormethan (CFC-11) sowie neue Fluorchlor-Kohlenwasserstoffe.

Fünf verbotene FCKW im Visier

Jetzt enthüllen neue Analysen, dass die Emissionen an ozonschädigenden FCKW-Verbindungen im Jahr 2020 sogar ein neues Rekordhoch erreicht haben. Für ihre Studie hatten Luke Western von der US National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) und sein Team die Daten mehrerer internationaler Messnetze zur Überwachung des atmosphärischen FCKW-Gehalts ausgewertet. Dabei konzentrierten sie sich auf fünf bekannte „Ozonkiller“: CFC-13 (Chlortrifluormethan, CClF3), CFC-112a (Tetrachlordifluorethan, CClF2CCl3), CFC-113a (Trichlortrifluorethan, CF3CCl3), CFC-114a (Dichlortetrafluorethan, CF3CCl2F) und CFC-115 (Chlorpentafluorethan, CF3CClF2).

„Diese fünf FCKW haben wenige bis keine bekannten Anwendungen mehr und eine atmosphärische Lebensdauer von 52 bis 640 Jahren“, erklären die Forschenden. CFC-13 und CFC-112a wurden früher als Kühlmittel eingesetzt, sind aber heute verboten. Die restlichen drei FCKW entstehen als Zwischenprodukte bei der Herstellung anderer Chemikalien, dürfen aber ebenfalls nicht als Kühlmittel, Treibgas oder in anderen dispersiven Nutzungen verwendet werden.

CFC-113a
Trichlortrifluorethan (CFC-113a) hat den höchsten Anteil und den stärksten Anstieg unter den fünf untersuchten FCKW.© gemeinfrei

Drastischer Anstieg seit 2010

Die Auswertungen ergaben: Die Emissionen aller fünf FCKW zusammen haben sich in den zehn Jahren von 2010 bis 2020 um das mehr als Zweieinhalbfache erhöht. „2020 haben alle fünf Gase die höchsten Werte seit Beginn der direkten Messungen erreicht“, berichten Western und seine Kollegen. „Der atmosphärische Gehalt an CFC-113a und CFC-112a hat 2020 schneller zugenommen als zu jedem früheren Zeitpunkt der atmosphärischen Messungen.“

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Besonders eklatant ist dabei der Anstieg von Trichlortrifluorethan (CFC-113a), das den mit Abstand höchsten Anteil unter den Emissionen dieser fünf „Ozonkiller“ hat, wie das Team ermittelte. Mehr als die Hälfte der Emissionen gehen allein auf dieses Gas zurück.

Herkunft der Ozonkiller ungeklärt

Die Emissionsquellen der neuen „Ozonkiller“ sind unklar. Die Wissenschaftler vermuten aber, dass drei Verbindungen – CFC-113a, CFC-114a und CFC-115 – als Nebenprodukt bei der Herstellung von Pentafluorethan (HFC-125) freigesetzt werden. Diese Verbindung wird als Kühlmittel und in Klimaanlagen eingesetzt. Das besonders häufige CFC-113a entsteht auch bei der Produktion von Tetrafluorethan (HFC-134a), das vor allem in mobilen Klimaanlagen beispielsweise von Autos eingesetzt wird.

„Diese unerwünschten Nebenprodukte könnten zumindest einen Teil der beobachteten Emissionen erklären“, so Western und sein Team. Woher allerdings die restlichen beiden FCKW kommen, ist unbekannt. CFC-13 könnte bei der Zerstörung von Freon aus alten Kühlgeräten freiwerden. Bei CFC-112a ist bisher keine Quelle bekannt. Wie die Wissenschaftler erklären, könne sie anhand ihrer Daten auch nicht feststellen, wo die Emissionsquellen der fünf Ozonkiller liegen.

Für alle fünf Verbindungen gilt: Ob diese Ozonkiller unabsichtlich durch Lecks freigesetzt werden oder ob ihre Emissionen bekannt sind, aber bewusst in Kauf genommen werden, ist ebenfalls unbekannt.

Wenig Effekt aufs Ozon, aber messbarer Klimaeffekt

Was aber bedeuten die FCKW-Emissionen für die Atmosphäre? Wie die Forschenden ermittelten, ist der ozonzerstörende Effekt dieser neuen FCKW bisher gering: Zusammengenommen verursachen sie einen Ozonverlust von rund 0,002 Prozent der globalen Ozonschicht und tragen zu rund 0,01 Prozent zum Ozonloch über dem Südpol bei. „Aber wenn der aktuelle Trend anhält oder sich sogar beschleunigt wie bei CFC-113a, dann könnte dies einen Teil der durch das Montreal-Protokoll erreichten Fortschritte wieder zunichtemachen“, warnen Western und sein Team.

Hinzu kommt: FCKW haben auch eine Treibhauswirkung und tragen daher dazu bei, das Klima weiter anzuheizen. „In Bezug auf ihre Klimawirkung entsprechen die Emissionen der fünf FCKW im Jahr 2020 rund 47 Millionen Tonnen CO2“, berichten die Wissenschaftler. Das entspreche den Jahres-Emissionen eines kleineren Industrielands wie der Schweiz oder rund einem Prozent der Treibhausgas-Emissionen der USA.

Montreal-Protokoll muss nachgeschärft werden

„Angesichts der anhaltenden Zunahme dieser Chemikalien in der Atmosphäre ist es vielleicht an der Zeit, über eine weitere Verschärfung des Montreal-Protokolls nachzudenken“, sagt Koautor Johannes Laube vom Forschungszentrum Jülich. Denn bisher ist zwar der Einsatz dieser Emissionen in Produkten und Geräten verboten. Als Zwischenprodukte in chemischen Produktionsprozessen sind sie aber erlaubt – solange sie nicht freigesetzt werden.

„Die Kernbotschaft ist, dass die Produktionsprozesse einiger Ersatzchemikalien für die verbotenen FCKW offenbar wenig ozonfreundlich sind, selbst wenn die resultierenden Ersatzchemikalien dies sind“, sagt Western. Hier gelte es, die Überwachung und Kontrolle zu verschärfen. (Nature Geoscience, 2023; doi: 10.1038/s41561-023-01147-w)

Quelle: University of Bristol

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