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Klima

Neue Rekorde beim Eisverlust in Grönland und der Antarktis

Meeresspiegel-Beitrag der beiden Eisschilde hat sich seit 1992 fast verfünffacht

Eisverlust in Grönland
Grönland hat seit 1992 rund 4,8 Billionen Tonnen Eis verloren – die roten Stellen zeigen die Zonen des stärksten Schwunds. © Northumbria University/ CC-by 4.0

Die Lage spitzt sich zu: Grönland und die Antarktis verlieren so viel Eis wie noch nie seit Beginn der Messungen – der Eisverlust erreichte in den letzten zehn Jahren siebenmal Rekordwerte, wie Satellitenmessungen zeigen. In beiden Regionen beschleunigt sich das Abtauen rapide. Das Schmelzwasser der beiden Eispanzer ist heute für gut ein Viertel des Meeresspiegelanstiegs verantwortlich – das ist fünfmal so viel wie noch 1992. Setzt sich der Eisverlust in diesem Maße fort, könnte dies den Meeresspiegel bis 2100 um bis zu 2,72 Meter anheben.

Die gewaltigen Eispanzer Grönlands und der Antarktis sind die größten Eisreservoire unseres Planeten. Gleichzeitig sind diese Eismassen besonders stark vom Klimawandel betroffen und gelten als Treiber des globalen Meeresspiegelanstiegs. In beiden Regionen hat sich der Eisverlust in den letzten Jahren und Jahrzehnten beschleunigt, auf Grönland und in der Westantarktis könnte ein Teil der Eisschmelze sogar schon unumkehrbar sein.

Jetzt enthüllt eine neue Eisbilanz, wie viel Masse die Eisschilde Grönlands und der Antarktis seit 1992 verloren haben. Dafür hat ein internationales Team von 68 Polar- und Klimaforschern um Inès Otosaka von der University of Leeds die Daten von 17 Satellitenmissionen und 50 Messkampagnen ausgewertet. Die Satelliten erfassten Masse, Volumen und Bewegung der Eisschilde und Gletscher mithilfe von Radarmessungen, Schwerefelddaten und Laseraltimetrie.

Eisverlust und Meeresspiegelanstieg
Eisverlust ein Grönland und verschiedenen Teilen der Antarktis seit 1992 und Beitrag zum Meeresspiegelanstieg. IMBIE-2 ist die vorhergehende Eisbilanz aus dem Jahr 2018/2019. © Otosaka et al./ Earth System Science Data, CC-by 4.0

Ein Eisverlust von 7,56 Billionen Tonnen

Das Ergebnis: Zwischen 1992 und 2020 haben die Eischilde Grönlands und der Antarktis insgesamt 7,56 Billionen Tonnen Eis verloren. Der jährliche Eisverlust liegt inzwischen bei rund 372 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr – Tendenz stark steigend: „In Grönland ist die Rate des Eisverlusts heute fünfmal höher als 1992, in der Antarktis hat sie um 25 Prozent zugenommen“, berichten Otosaka und ihre Kollegen. Sieben der zehn Rekordschmelzen ereigneten sich seit 2010.

Den Löwenanteil am Schrumpfen der beiden großen Eisreservoire hat Grönland: Seine Eismasse hat seit 1992 um 4,8 Billionen Tonnen abgenommen, im Schnitt lag die Abtaurate bei 169 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr. Die zwischenjährliche Schwankungsbreite ist dabei jedoch sehr hoch: In dem für Grönland klimatisch günstigen, weil ungewöhnlich kalten Jahr 2017 schmolzen nur rund 86 Milliarden Tonnen, im Rekordjahr 2019 waren es dagegen 444 Milliarden Tonnen.

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Die Antarktis hat zwischen 1992 und 2020 gut 2,6 Billionen Tonnen Eis verloren. Weil der sehr kalte und hoch gelegene zentrale und östliche Teil der Antarktis bisher noch relativ stabil ist, tragen vor allem die rapide schrumpfenden Küstengletscher der Westantarktis zum Abtauen bei.

Für ein Viertel des Meeresspiegelanstiegs verantwortlich

Das Schmelzen der beiden großen Eispanzer bleibt nicht ohne Folgen für den globalen Meeresspiegel: Seit 1992 haben Grönland und die Antarktis den Meeresspiegel um 21 Millimeter erhöht. Knapp zwei Drittel des Schmelzwassers stammten dabei aus Grönland, wie die Auswertungen ergaben. Die Eisschmelze in Grönland und der Antarktis ist damit inzwischen für 25,6 Prozent des Pegelanstiegs verantwortlich – in den 1990er Jahren waren es nur 5,6 Prozent. Damit hat sich ihr Anteil fast verfünffacht.

Geht die Eisschmelze im aktuellen Tempo weiter, könnte allein das Schmelzwasser Grönlands und der Antarktis den Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 zwischen 1,48 und 2,72 Meter anheben, so Prognosen des Weltklimarats IPCC. „Die Eisverluste aus Grönland und der Antarktis haben sich rapide erhöht und sind nun ein Hauptgrund für den Meeresspiegelanstieg“, sagt Otosaka. „Umso wichtiger ist es, die Entwicklung weiter engmaschig zu überwachen, damit wir das Risiko für die weltweiten Küstenregionen einschätzen können.“ (Earth System Science Data, 2023; doi: 10.5194/essd-15-1597-2023)

Quelle: Northumbria University

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