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Geowissen

Neue Form des Polarlichts entdeckt

Dune-Phänomen entsteht durch "eingeklemmte" Schwerewellen in der Mesosphäre

Dune-Aurora
Ein ebener, grünlicher Schleier mit regelmäßigem Rippelmuster: So sieht das neue Polsrlicht-Phänomen "Dune" aus. © Kari Saari

Mysteriöses Leuchten: Forscher haben eine ganz neue Form der Aurora entdeckt – grünliche Schleier, die auffallend flach und von regelmäßigen Rippeln durchsetzt sind. Merkwürdig jedoch: Das „Dune“ getaufte Polarlicht liegt in einer eher turbulenten Atmosphärenschicht und dürfte daher nicht so regelmäßig sein. Doch es gibt erste Hinweise auf eine Verknüpfung mit einem weiteren, seltenen Phänomen.

Polarlichter entstehen durch die komplexe Wechselwirkung von energiereichen Teilchen aus dem Sonnenwind mit der oberen Erdatmosphäre – so viel scheint klar. Doch welche physikalischen Prozesse im Einzelnen hinter den verschiedenen Aurora-Varianten stecken, ist längst nicht vollständig geklärt. Dies gilt vor allem für ungewöhnliche Polarlichtformen wie abrupte Ausbrüche, Flacker-Auroren oder das erst kürzlich entdeckte Phänomen „STEVE„.

Grüne Rippel am Himmel

Eine weitere Aurora-Variante haben nun Wissenschaftler aus Finnland identifiziert. Dabei handelt es sich um eine ebene, grünlich schimmernde Schleierschicht am Himmel, die von einem gleichmäßigen Wellenmuster durchzogen ist – ähnlich den Sandrippeln an einem Strand. Entdeckt haben Minna Palmroth von der Universität Helsinki und ihr Team dieses Polarlicht, als sie von Hobby-Aurorajägern gesammelte Fotos auswerteten.

Dabei zeigte sich, dass diese wegen ihrer Dünenähnlichkeit „Dune“ getauften Auroren in kein gängiges Schema passten. Die Forscher ermittelten, dass die grünlich schimmernden Wellen eine Wellenlänge von rund 45 Kilometern aufwiesen und in nur rund 100 Kilometern Höhe auftraten – dies ist für ein Polarlicht eher niedrig. Diese Auroraform manifestiert sich demnach zwischen der oberen Mesosphäre und deren Obergrenze, der Mesopause.

Aurora in der „Ignorosphäre“

Das Ungewöhnliche daran: Diese Region der oberen Atmosphäre ist normalerweise eine eher unruhige Gegend, weil sie von vielen Schwerewellen unterschiedlicher Wellenlängen durchzogen wird. Das macht es fast unmöglich, dass in der oberen Mesosphäre so glatte, gleichmäßige Polarlicht-Schichten wie das „Dune“-Phänomen auftreten, wie die Forscher erklären.

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Hinzu kommt, dass diese Schicht wegen der vielen Störeinflüsse besonders schwer zu untersuchen ist. Satelliten und andere weltraumgestützte Observatorien liefern für diese eher geringe Höhe nur wenige Daten. „Wegen der Schwierigkeiten, die atmosphärischen Phänomene in 80 bis 120 Kilometern Höhe zu messen, bezeichnen wir diese Region manchmal auch als ‚Ignorosphäre'“, erklärt Palmroth.

mesosphärische Inversion
Manchmal bildet sich unterhalb der Mesopause eine Inversionsschicht, in der bestimmte Schwerewellen sich über großen Strecken ungestört ausbreiten können. © Jani Närhi

Gefangene Wellen im Inversionskanal

Wie aber können in dieser turbulenten Zone die regelmäßigen „Dune“-Wellen entstehen? Eine Erklärung wäre eine sogenannte mesosphärische Brandung (mesospheric bore), wie Palmroth erklärt. Dieses Phänomen tritt auf, wenn sich unterhalb der Mesopause eine schmale Inversionsschicht bildet – eine temperaturbedingte Grenzschicht, die nur bestimmte Schwerewellen durchlässt. Dadurch entsteht eine Art Kanal, in dem sich diese Dichtewellen konzentrieren und über weite Entfernungen nahezu ungestört ausbreiten können.

Am Himmel sichtbar wird dieser mesosphärische Wellenleiter manchmal, wenn hohe Eiswolken in diesen Kanal geraten: Die Schleierwolken bilden dann ein regelmäßiges Wellenmuster. Doch dass auch Polarlichter in einen solchen Inversionskanal geraten können, war bislang unbekannt. „Die Aurorazone wird normalerweise in Studien des mesosphärischen Bore ausgespart, weil die Auroraemissionen die Messungen stören“, erklärt Palmroth.

Sonnenwind als Inversionshelfer?

Doch das „Dune“-Phänomen belegt nun, dass die Inversionskanäle der Mesosphäre auch mit Polarlichtern verknüpft sein können. Wie die Forscher erklären, entsteht das grünliche Leuchten dieser Aurora durch Sauerstoffatome, die vom Sonnenwind angeregt werden. Weil der Sauerstoff durch die Schwerewellen in der Inversionszone in regelmäßigem Wellenmuster verdichtet wird, bildet das Polarlicht sein Rippelmuster.

Ein Indiz dafür, dass dieses Szenario stimmen könnte, lieferten meteorologische Messdaten. Sie zeigten, dass die „Dune“-Aurora immer in der Höhe und zu der Zeit auftrat, wenn sich in der oberen Mesosphäre eine Inversion bildete. „Das könnte bedeuten, dass die Wechselwirkungen der Ionosphäre mit dem Weltraum auch mit der Bildung der Inversionsschicht in der Mesosphäre verbunden sind“, sagt Palmroth. „Das wäre eine erstaunliche Entdeckung.“

Rätsel bleiben

Noch allerdings sind längst nicht alle Geheimnisse der neuen Dune-Aurora gelüftet. Denn mit bisher erst sieben beobachteten Polarlichtern dieser Art ist die Datenbasis noch viel zu dünn, um ihren Entstehungsmechanismus eindeutig zu klären. Die Forscher hoffen daher, künftig noch weitere Daten zu diesem Phänomen sammeln zu können. (AGU Advances, 2020; doi: 10.1002/aga2.20017)

Quelle: University of Helsinki

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