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Neandertaler trotzte dem Klima

Sonderausstellung zeigt Einfluss des Klimas auf die Evolution des Menschen

Moderner Mensch und Neandertaler (rechts) © LWL/Egbert

Der Neandertaler war robust, pflegte die Gemeinschaft und trotzte dem widrigen Klima in Mitteleuropa. Dennoch verschwand er während der letzten Eiszeit und Homo Sapiens behielt die Oberhand. Aber warum? Welchen Einfluss hatten Klimaschwankungen auf die Evolution des Menschen? Eine große Sonderausstellung in Herne widmet sich noch bis Mai 2007 dem Thema „Klima und Mensch“. Sie zeigt mit über 800 Exponaten, wie sich Mensch und Tier über Jahrtausende den wechselnden Klimabedingungen angepasst haben.

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Als der etwa 30-jährige Mann auf die Jagd ging, ahnte er noch nicht, was ihm an diesem Tag passieren sollte. In einem dunklen Waldstück erspähte er Spuren eines Rinds, denen er über mehrere Hundert Meter folgte. An einem Bach sah er dann das Tier, schlich sich an, immer näher, hob seine Axt – und bekam einen fürchterlichen Schlag auf den Kopf. Ein anderer Jäger war ihm zuvor gekommen, hatte das Beutetier schon für sich ausgemacht und sich mit einem schweren Stock den Konkurrenten vom Hals geschafft. Der verletzte Mann hatte Glück, einige Stunden später fanden ihn einige Familienmitglieder, blutend, mit einem dicken Loch im Kopf.

Neandertaler pflegte Gemeinschaft

Diese Jagdszene spielte sich so oder ähnlich vor etwa 125.000 Jahren ab, im Gebiet des heutigen Krapina in Kroatien. Das Besondere an der Geschichte: „Die Angehörigen des Neandertalers kümmerten sich um den verletzten Jäger und pflegten ihn wieder gesund“, erklärt Michael Baales, der als Archäologe des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) die Sonderausstellung „Klima und Mensch“ in Herne mit vorbereitet hat. „Das Schädeldach weist eine verheilte, schwere Kopfverletzung auf, die der Mann ohne Pflege niemals überlebt hätte“, so Baales. Für den Wissenschaftler ein Beweis, dass die Neandertaler ein Sozialverhalten hatten, „ohne das sie in den extremen Situationen und Klimaten auch nicht hätten überleben können“.

Diesen Zusammenhalt brauchte er auch, um mit den wechselnden und extremen Klimabedingungen in Europa zurechtzukommen. So war es vor 120.000 Jahren zum Beispiel durchschnittlich bis zu zwei Grad wärmer als heute. Während des Höhepunkts der jüngsten Eiszeit dagegen wurde es selbst im Sommer kaum wärmer als zehn Grad Celsius, und die Winter waren lang mit ständigem Frost. Trotzdem verbreitete sich der Neandertaler von Portugal bis nach Usbekistan, von Italien bis Wales, wo er zeitgleich mit Leoparden lebte, wie Fundstücke in der Ausstellung belegen.

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Homo Sapiens wich den Eiszeiten aus

„Er war sehr flexibel, körperlich wahrscheinlich sogar besser gerüstet als der Homo Sapiens, der vor etwa 200.000 Jahren in Ostafrika entstand“, berichtet Baales. Der klassische Neandertaler hatte massivere Knochen und einen muskulöseren Körperbau als der moderne Mensch, außerdem Überaugenwülste, eine flache Stirn und ein fliehendes Kinn. „Der Neandertaler hatte zudem ein größeres Hirnvolumen, konnte besser hören und sehen und war stärker“, erklärt der Archäologe. Trotz dieser Vorteile starb der Neandertaler vor etwa 36.000 Jahren aus. „Warum, weiß niemand so genau“, sagt Baales. Vielleicht lag es ja daran, dass sich der Homo Sapiens aus Europa wieder nach Afrika zurückzog, als es vor 64.000 Jahren während der letzten Kaltzeit in Europa wieder richtig eisig wurde. Der Neandertaler aber blieb – und verschwand.

Sonderausstellung „Klima und Mensch“

Vom mumifizierten Mammutbaby „Dima“ über die 3,6 Millionen Jahre alten Fußspuren aus Laetoli in Afrika bis zur modernen UV-Schutzkleidung aus Australien: Die Ausstellung „Klima und Mensch“ in Herne zeigt noch bis Mai 2007 neben den Exponaten zum Neandertaler vor allem die Anpassungsfähigkeit der Menschen, Tiere und Pflanzen über die Jahrtausende hinweg.

Das Klima als treibende Kraft der Evolution begleitet den Museumsbesucher als „Klimakurve“ auf seinem Gang durch die vergangenen sechs Millionen Jahre. Sie zeigt dem Besucher, welche klimatischen Umwälzungen das Leben auf der Erde in den verschiedenen Phasen beeinflusst haben. Über 800 bedeutende Exponate aus allen Kontinenten präsentieren dabei das „Leben in Extremen“. Zum Schluss müssen sich die Besucher der Zukunft stellen: Wie geht es weiter mit dem Klima unserer Erde und welche Folgen hat das für die Menschheit? Zur Ausstellung gibt es spezielle Führungen und museumspädagogische Programme für alle Altersstufen.

Anschrift:

Westfälisches Museum für Archäologie

Europaplatz 1

44623 Herne

Tel. 02323 94628-0

Link: Klima und Mensch

Öffnungszeiten:

Dienstag, Mittwoch, Freitag 9 Uhr bis 17 Uhr

Donnerstag 9 Uhr bis 19 Uhr

Samstag, Sonntag, Feiertag 11 Uhr bis 18 Uhr

(Landschaftsverband Westfalen-Lippe, 12.06.2006 – AHE)

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