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Geowissen

MOSAiC: Finale einer Jahrhundertexpedition

Nach 389 Tagen endet die größte Arktisexpedition aller Zeiten erfolgreich

Polarstern
Der Forschungseisbrecher Polarstern am 12. Oktober 2020 bei der Ankunft in Bremerhaven – nach gut einem Jahr in der Arktis © Alfred-Wegener-Institut / eventfive

Es ist geschafft: Nach gut einem Jahr ist die größte je unternommene Arktisexpedition erfolgreich abgeschlossen. Das Forschungsschiff Polarstern ist gestern in seinen Heimathafen Bremerhaven zurückgekehrt und mit ihm die Mitglieder der MOSAiC-Expedition. Mehr als 400 Wissenschaftler hatten während der einjährigen Transpolardrift einzigartige Daten zu Eis, Luft und Wasser der zentralen Arktis gesammelt.

Es war eine Expedition der Superlative: Mehr als ein Jahr lang waren die Polarstern und ihre Besatzung im Rahmen der MOSAiC-Expedition in der zentralen Arktis unterwegs – dem Epizentrum des Klimawandels. Verankert an einer Eisscholle ließ sich die schwimmende Forschungsstation mit dem Eis der Transpolardrift über den arktischen Ozean treiben, um erstmals Daten aus diesem kaum erforschten, aber für das Weltklima entscheidenden Gebiet zu sammeln.

Drift von Sibirien bis nach Grönland

Am 20. September 2019 hatte die Polarstern den norwegischen Hafen Tromsø verlassen, um vor der Küste Sibirien eine geeignete Eisscholle für die Drift zu suchen. Fündig geworden, installierten die Wissenschaftler auf dem umgebenden Eis Dutzende Messstationen, mit denen sie die komplexen Wechselwirkungen im Klimasystem zwischen Atmosphäre, Eis, Ozean und dem Leben erforschten. In fünf Etappen waren mehr als 400 Personen aus 20 Ländern an diesem Vorhaben beteiligt.

„Mit der MOSAiC-Expedition haben wir uns auf die Spuren des norwegischen Polarforschers Fridtjof Nansens begeben, der vor gut 125 Jahren die erste Eisdrift durch den Arktischen Ozean wagte. Ob er sich hätte vorstellen können wie anders die Arktis heute ist?“, sagt Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Und selbst mit den Möglichkeiten der modernen Polarforschung blieb es eine aufregende Expedition, die uns weit über unsere Grenzen des Wissens hinaus gebracht hat.“

Durchgehalten trotz Polarwinter, Sturm und Corona

Im Verlauf ihrer einjährigen Drift über die Polkappe waren die Forscher und ihr Schiff den Kräften der Natur ausgeliefert – ihre Route und Geschwindigkeit bestimmte allein die Drift des Eises, getrieben von Wind und Strömung. Nur im Frühsommer musste die Polarstern ihre Scholle wegen der Corona-Pandemie kurzzeitig verlassen, um neue Teammitglieder von Spitzbergen abzuholen. Doch dann kehrte sie zurück und die Wissenschaftler wurden Zeugen, wie ihre Eisscholle östlich von Grönland den Eisrand erreichte und zerbrach.

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Noch nie zuvor kamen Schiffe dem Nordpol mitten im Polarwinter so nah wie diese Expedition und noch nie haben Wissenschaftler so viele Daten und Proben aus der winterlichen Hocharktis gewonnen. „Dieser einmalige Datensatz ist ein Geschenk an die ganze Menschheit“, so Boetius. „Jetzt kommt es darauf an, dass wir das neue Wissen nutzen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen – für die Zukunft der Arktis und damit auch für die Zukunft unseres Planeten.“

Polarstern
Der Forschungseisbrecher Polarstern auf dem Weg zum Nordpol – umgeben von dünnem, von Schmelzwassertümpeln bedeckten Schollen. © Steffen Graupner/ AWI

„Wir haben gesehen, wie die Arktis stirbt“

Die Teilnehmer der MOSAiC-Expedition konnten vor Ort beobachten, welche drastischen Veränderungen der Klimawandel schon jetzt in der Arktis verursacht. „Auf dem Weg nach Norden hat mich besonders beeindruckt, wie viele offene Wasserflächen und damit leicht zu durchfahrendes Eis wir selbst um den Nordpol herum angetroffen haben“, sagt Thomas Wunderlich, Kapitän der Polarstern.

„Wir haben gesehen, wie das Eis der Arktis stirbt“, sagt Markus Rex, Expeditionsleiter vom AWI. „Im Sommer war es selbst direkt am Nordpol aufgeschmolzen und erodiert. Im Winter ist die zentrale Arktis zwar auch heute noch eine faszinierende, tief gefrorene Landschaft, aber das Eis ist nur noch halb so dick wie vor 40 Jahren und unsere Temperaturen lagen im Winter fast durchgehend zehn Grad höher, als sie Fridtjof Nansen in seiner bahnbrechenden Arktisexpedition vor gut 125 Jahren erlebt hat.“

Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

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