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Paläontologie

“Missing-Link” entpuppt sich als evolutionäre Sackgasse

Neue Rekonstruktion enthüllt „vierbeinigen Fisch“ Ichthyostega als Irrweg der Evolution

Bisherige Sicht von Ichthyostega © Early Image

Er galt lange Zeit als heißer Kandidat für das „Missing-Link“ zwischen den Fischen und den ersten Landwirbeltieren – Ichthyostega, der „vierbeinige Fisch“. Doch statt eines Bindeglieds könnte er einfach nur ein kurzlebiger „Irrtum“ der Evolution gewesen sein, wie ein schwedisch-britisches Forscherteam im Magazin Nature berichtete.

Ichthyostega lebte während des Devon, vor rund 355 Millionen Jahren, unter anderem in der Gegend des heutigen Grönland. Seit der Entdeckung eines nahezu vollständig erhaltenen Skeletts in den 1930er Jahren gilt er als eines der ältesten Landwirbeltiere und bekam den Status eines „Missing-Links“.

Jetzt allerdings hat haben Wissenschaftler der Universitäten von Uppsala in Schweden und Cambridge in England eine neue Rekonstruktion dieser „Ikone“ der Evolutionsbiologie“ erstellt und kommen zu einem radikal anderen Bild seines Aussehens und seiner Lebensweise.

Obwohl das Skelett fast vollständig erhalten ist, gibt es kein Fossil, dass das ganze Tier in einem Stück zeigt. Stattdessen müssen die Forscher für ihre Interpretation Daten und Knochen verschiedener Fundstücke kombinieren. In den 1950er Jahren wurde dies erstmals von Professor Erik Jarvik vom Museum für Naturgeschichte in Stockholm durchgeführt. Sein Ergebnis: Das bis heute bekannte Krokodil ähnlich auf vier stämmigen Beinen stehende Tier mit großem Rumpf und einfacher Wirbelsäule aus identischen Wirbeln.

Flossen statt Hinterbeine

Doch das schwedisch-britsche Forscherteam kam in ihrer fünf Jahre dauernden Rekonstruktion nun zu einem ganz anderen Ergebnis: „Wir haben entdeckt, dass die Wirbel keineswegs alle identisch waren, sondern sich je nach Position im Körper unterschieden“, erklärt Professor Per Ahlberg von der Uppsala Universität. „Zudem ist auch der Rumpf anders geformt als noch Jarvik annahm und die Hinterbeine sehen eher aus wie die Flossen eines Seehunds.“

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Damit besaß Ichthyostega bereits eine Wirbelsäule, die der eines Säugetiers ähnelte – überraschend für einen so frühen Landgänger. Ahlberg vermutet daher, dass das Tier ein ungewöhnliches Bewegungsmuster gehabt haben könnte. Sowohl Fische als auch die primitiveren der heute lebenden Landtiere wie Eidechsen und Salamander krümmen bei der Vorwärtsbewegung ihren Körper seitlich. Ähnliches galt höchstwahrscheinlich auch für Acanthostega, einen weiteren „vierbeinigen Fisch“ des Devon.

Robben statt laufen?

Aber Ichthyostegas großer Rumpf und sich überlappende Rippen machen seinen Vorderkörper komplett steif. Das Hinterende dagegen ist flexibel und scheint sich vertikal krümmen zu können wie bei Säugetieren. An Land hat sich Ichthyostega vermutlich relativ schwerfällig bewegt, in dem es seinen Oberkörper anhob und auf den Vorderbeinen ging, während es seine Hinte4rflossen mehr oder weniger geschickt nachzog. Möglicherweise robbte es auch vorwärts, indem es sich wie eine Raupe einkrümmte.

Nach Ansicht von Ahlberg und seinen Kollegen ist Ichthyostega damit jedoch keineswegs das fehlende Bindeglied zwischen Meeres- und Landwirbeltieren, sondern eher eine von mehreren kurzlebigen Experimenten der Evolution mit unterschiedlichen Körperformen und Bewegungsmustern.

(Uppsala Universität, 12.09.2005 – NPO)

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