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GeoUnion

Messnetz gegen Tsunamis

Bojen im Teamwork

Im Indischen Ozean werden derzeit die ersten Bojensysteme für das neue Tsunami-Frühwarnsystem verankert. Sie sind Teil eines umfangreichen Messnetzes, das zusammen mit Erdbebenmeldungen und Satellitendaten vor einer neuerlichen Flutkatastrophe warnen soll. Die Technik für die neuartigen Ozeandruckpegel wurde am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IfM-Geomar) und am GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) entwickelt.

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Das Erdbeben vom 26.12.2004 in Südostasien wurde von Messstationen auf der ganzen Welt registriert und hatte trotzdem verheerende Auswirkungen. Denn ob und wo ein Tsunami auf die Küsten Südostasiens treffen würde, konnte niemand genau vorhersagen. Das neue Frühwarnsystem im Indischen Ozean soll in Zukunft diese Lücke zwischen der Erdbebenmessung und der anschließenden Warnung der Bevölkerung schließen. Diedeutschen Wissenschaftler knüpfen dabei an die dreißigjährigen Erfahrungen des Pacific Warning Centers auf Hawaii an, wobei jedoch zahlreiche technische Neuerungen zum Einsatz kommen.

Erdbebenmessung

Nach heutigem Wissensstand lösen Seebeben eine Flutwelle aus, wenn sie mindestens die Magnitude 7 erreichen und ihr Hypozentrum in weniger als 20 Kilometern Tiefe liegt. Das neue Frühwarnsystem wird daher zunächst einmal mit herkömmlichen Messgeräten an Land das Zentrum und die Stärke der Beben registrieren. Zu diesem Zweck verfeinert das GFZ in den nächsten Jahren sein bereits bestehendes seismologisches Messsnetz GEOFON um den Indischen Ozean mit bis zu 40 neuen Stationen. Diese ermöglichen dann die genaue Lokalisierung eines Erdbebenherdes in Südostasien. Dies ist wichtig, um den möglichen Ausgangspunkt einer Flutwelle berechnen zu können.

Registrierung der Flutwelle

Wird nun ein entsprechend starkes Seebeben registriert, kommen die ozeanischen Messbojen ins Spiel. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des Frühwarnsystems und werden in den kommenden Monaten an strategisch wichtigen Stellen im Indischen Ozean ausgebracht. Die geplanten zehn Bojensysteme sind mit extrem genauen GPS-Instrumenten und Ozeanbodendruckmessgeräten ausgestattet. Sie erfassen ebenso wie rund 25 neue Küstenpegelstationen die Wellenbewegungen sowie Wasserstandsänderungen und funken die Daten in Echtzeit an ein Kontrollzentrum in Jakarta.

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„Durch den Einsatz verschiedener Messverfahren an Land und im Wasser können Tsunamis von normalen Tiden, Sturmwellen oder sogar vom Durchzug einer Tiefdruckfront unterschieden werden“, erklärt Jörn Lauterjung, der zuständige Projektkoordinator beim GFZ. „Erst die Kombination eines gemessenen Erdbebens und eines Wellenereignisses führt zu einer Warnmeldung.“

Simulationen auf Vorrat

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Zentraler Bestandteil des Frühwarnsystems ist nun die Simulation der Flutwellen mithilfe der permanent ermittelten seismologischen und ozeanographischen Daten. Um jedoch im Ernstfall mit diesen komplexen Berechnungen keine Zeit zu verlieren, werden bereits vom ersten Tag der Inbetriebnahme unzählige Tsunami-Simulationen im Computer durchgespielt. Die jeweiligen Faktoren wie Erdbebenstärke und ozeanographische Bedingungen sowie die Geschwindigkeit und Richtung der Flutwelle werden in einer umfangreichen Datenbank gespeichert. Der eigentliche Clou des Systems besteht somit darin, dass die Simulation des Tsunami schon vor seiner eigentlichen Entstehung durchgeführt wird. Im Ernstfall brauchen die Wissenschaftler daher nur noch die aktuellen Messdaten mit den bereits abgeschlossenen Szenarien vergleichen und wissen, wo und wann die Flutwelle auf die Küste trifft. Ein enormer Zeitgewinn, der vermutlich viele Leben retten könnte.

Um diese Simulationen möglichst perfekt zu machen, vermessen die Wissenschaftler in den nächsten Jahren den Meeresboden des Indischen Ozeans. Denn im Unterschied zu „normalen“ Wellen beschränken sich Tsunamis nicht nur auf das Oberflächenwasser, sondern reichen bis auf den Ozeangrund hinab. Die Höhen und Tiefen des Reliefs vom Tiefseebereich bis hin zur Küste beeinflussen daher erheblich die Ausbreitung und Geschwindigkeit der Flutwelle. Aber nicht nur der Meeresboden sondern auch die Küstenregionen müssen in den nächsten Jahren möglichst genau erfasst werden. So strömten beispielsweise die Wassermassen des Tsunami vom Dezember 2004 mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 Stundenkilometern in das Landesinnere und sorgten vor allem an flachen Stränden für die größten Verwüstungen.

(GFZ-Potsdam / BMBF, 25.10.2005 – AHE)

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