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Klima

Mehr Hitzesommer durch Riesenwellen

Erwärmte Arktis fördert das Aufschaukeln von atmosphärischen Wellen

Die Rossby-Wellen prägen das Wetter und Klima in den mittleren Breiten. © MMCD NEW MEDIA

Ungewöhnliches Resonanz-Phänomen: Forscher haben herausgefunden, warum extreme sommerliche Hitzewellen immer häufiger werden. Nicht nur die Erwärmung der Luft ist schuld, sondern auch gewaltige Wellen in der Atmosphäre. Diese Rossby-Wellen schaukeln sich durch den Klimawandel immer weiter auf und führen so zu anhaltenden Hitzestaus, wie die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

In den letzten zehn Jahren häufen sich die extrem heißen und trockenen Hitzeperioden im Sommer. Ein Teil davon ist durch die globale Erwärmung zu erklären, aber die extreme Stärke und Dauer einiger dieser Ereignisse waren damit bisher nicht so leicht zu erklären. „Uns hat erstaunt, in welchem Maß schwere Extremereignisse zugenommen haben“, sagt Erstautor Dim Coumou vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Durch die Kohlendioxid-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger erwärmen wir natürlich die Atmosphäre, dennoch schien uns die Zunahme verheerender Hitzewellen in Regionen wie Europa oder den USA unverhältnismäßig“.

Riesenwellen in der Atmosphäre

Die Klimaforscher vermuteten daher noch einen anderen Mechanismus am Werk: Veränderungen in den Zirkulationsmustern der Luftströme in der Atmosphäre. Ein großer Teil der globalen Luftbewegung in den mittleren Breiten nimmt gewöhnlich die Form von Wellen an, die um den Globus wandern – sogenannte Rossby-Wellen. Schwingen die Wellen nach Norden, saugen sie warme Luft aus den Tropen nach Europa, Russland oder die USA; schwingen sie nach Süden geschieht das gleiche mit kalter Luft aus der Arktis.

Für ihre Studie prüften die Forscher mit Hilfe von Satellitendaten und einem globalen Windmodell, wie sich diese Rossby-Wellen in den Sommern der letzten gut 30 Jahre entwickelt haben. Dabei zeigte sich, dass einige dieser Wellen bei extremem Wetter nahezu feststeckten und sich stark aufschaukelten. „Dahinter steht ein subtiler Resonanzmechanismus, der Wellen in den mittleren Breiten festhält und sie deutlich verstärkt“, sagt Koautor Stefan Rahmstorf vom PIK.

Anzahl der Resonanz-Ereignisse (graue Säulen) und Erwärmung der Arktis (rote Linie) © Coumou et al. / PIK

Doppelt so viele Wellenextreme

Die Auswertungen ergaben, dass sich in der Atmosphäre unter bestimmten Resonanzbedingungen ungewöhnlich langsam wandernde Wellen von großer Stärke bilden, die dann zu Extremwetter am Boden führen. Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass solche Resonanzereignisse häufiger geworden sind: Seit dem Jahr 2000 sind sie fast doppelt so oft aufgetreten wie zuvor. „Bislang gab es keine klaren Belege für tatsächliche Veränderungen der planetarischen Wellen. Da wir wussten, nach welchen Mustern wir suchen müssen, konnten wir jetzt starke Belege für eine Zunahme dieser Resonanzereignisse finden.“

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Der Grund für die Zunahme könnte mit Prozessen in der Arktis zusammenhängen, wie Theorie und Beobachtungsdaten gleichermaßen nahelegen. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Arktis etwa doppelt so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten. Einer der Gründe dafür ist das Schrumpfen der hellen Meereisflächen – so wird weniger Sonnenlicht zurück ins All reflektiert, denn der offene Ozean ist dunkler und erwärmt sich stärker.

Waldbrand in Russland im Sommer 2010 © gemeinfrei

Arktis als Klimamotor

„Das Schmelzen von Eis und Schnee lässt sich auf unseren Lebensstil und den Ausstoß beispielloser Mengen von Treibhausgasen durch fossile Brennstoffe zurückführen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Mitautor der Studie und Direktor des PIK. Mit den steigenden Temperaturen in der Arktis sinkt die Temperaturdifferenz zu anderen Regionen. Doch eben diese Temperaturdifferenz ist der Haupttreiber für die Luftströmungen in der Atmosphäre, die unser Wetter bestimmen.

„Das Thema der planetarischen Wellen illustriert, wie empfindlich die Komponenten des Erdsystems miteinander verbunden sind“, so Schellnhuber: „Und es zeigt auf, wie unverhältnismäßig das System auf unsere Störungen reagieren könnte.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 20914; doi: 10.1073/pnas.1412797111)

(Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 12.08.2014 – NPO)

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