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Klima

Meeresspiegel: Beschleunigter Anstieg schon seit 1960

Forscher ermitteln Beginn und Ursache der immer schneller werdenden Pegelanstiege

Küste
Die Meeresspiegel steigen nicht nur immer weiter, ihr Anstieg beschleunigt sich auch. © Moorefam/ iStock.com

Früher als gedacht: Der Anstieg des globalen Meeresspiegels hat früher Fahrt aufgenommen als bisher angenommen. Neue Auswertungen belegen, dass die Pegel schon seit den 1960er Jahren immer schneller ansteigen. Ursache dafür waren vor allem veränderte Winde im Südpazifik, die die Erwärmung und thermische Ausdehnung des Meerwassers vorantrieben. Ab den 1990er Jahren kam dann das Schmelzwasser hinzu, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten.

Die fortschreitende globale Erwärmung lässt nicht nur Gletscher schmelzen und Hitzewellen zunehmen, durch sie steigt auch der Meeresspiegel. Dies führt zu immer häufigeren Überschwemmungen, aber auch zu schleichendem Landverlust auf vielen Inseln und in Küstengebieten. Hält der Trend an, könnten bis zum Jahr 2100 allein durch den steigenden Meeresspiegel mehr als zwei Milliarden Menschen zu Klimaflüchtlingen werden.

Verschärfend kommt hinzu, dass sich der Meeresspiegel-Anstieg beschleunigt: Pro Jahr nimmt das Tempo des Meeresspiegel-Anstiegs um knapp 0,1 Millimeter zu, wie die Forscher 2018 auf Basis von Satellitenmessungen errechneten. Aus den momentan rund drei Millimetern jährlichen Pegelanstiegs könnten dadurch in zehn Jahren schon vier Millimeter pro Jahr werden.

Wann und wo begann die Beschleunigung?

Offen war aber bisher, wann dieser Trend begonnen hat: „Was wir bisher nicht sagen konnten, war, wann diese Beschleunigung begonnen hat, von welcher Region sie ausgegangen ist – und welche Prozesse hauptsächlich dazu beigetragen haben“, erklärt Sönke Dangendorf vom Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (fwu) der Universität Siegen. Denn für die Zeit vor 1992 gibt es noch keine verlässlichen Satellitendaten, sondern nur die Daten lokaler Gezeitenmessstationen. Sie aber galten bisher als zu ungenau, um die winzigen Veränderungen in der Anstiegsrate erfassen zu können.

Jetzt jedoch ist es Dangendorf und seinem Team gelungen, die Daten der verschiedenen Pegelmessungen so zu kalibrieren, dass ein genaueres Bild bis zurück zum Anfang des 20. Jahrhunderts entsteht. „In unserer Studie haben wir durch die Kombination zweier Berechnungsmethoden eine Möglichkeit gefunden, die Entwicklung des Meeresspiegels anhand der Pegel-Daten ähnlich exakt zu rekonstruieren, wie mit Satellitenmessungen“, erklärt Koautor Carling Hay vom Boston College.

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Anfang im Südpazifik

Das Ergebnis: Die Berechnungen zeigen, dass die Beschleunigung des Meeresspiegel-Anstiegs bereits Ende der 1960er Jahre begonnen hat und damit seit rund 50 Jahren andauert. „Der Meeresspiegel ist auch früher schon zeitweise beschleunigt angestiegen, beispielsweise in den 1930er Jahren“, berichtet Dangendorf. „Die Tatsache, dass die aktuelle Beschleunigung bereits seit 50 Jahren andauert, ist jedoch sehr außergewöhnlich.“

Die neuen Auswertungen zeigen auch, wo die Beschleunigung des Meeresspiegel-Anstiegs begonnen hat: „Anhand unserer Daten konnten wir feststellen, dass der beschleunigte Anstieg seinen Ursprung hauptsächlich in der südlichen Hemisphäre hat, vor allem im subtropischen Südpazifik, östlich von Australien und Neuseeland“, sagt Dangendorf. In dieser Region wiesen die Forscher eine fünfmal stärkere Beschleunigung nach als im globalen Mittel.

Winde, thermische Ausdehnung und dann die Schmelze

Als Ursache für das beschleunigte Tempo des Anstiegs sehen die Forscher zwei Prozesse: Ab den 1960er Jahren führten die klimatischen Veränderungen dazu, dass sich die Westwinde auf der Südhalbkugel verstärkten. Dadurch wurde mehr warmes Wasser nach Norden transportiert, was in subtropischen Regionen den Meeresspiegelanstieg verstärkte. Weiter im Süden sorgten die Winde dafür, dass das Meerwasser stärker durchmischt wurde.

„So konnte mehr Wärme aus der Atmosphäre in den Ozean gepumpt werden, wodurch sich der Wasserkörper ausgedehnt hat und der Meeresspiegel gestiegen ist“, erklärt Dangendorf. Den Berechnungen der Forscher nach war diese thermische Ausdehnung in den 1960er Jahren die Haupttriebkraft für den beschleunigten Pegelanstieg. Mit Beginn der 1990er Jahre kamen dann das vermehrte Abschmelzen der Gletscher in Grönland und der Antarktis hinzu.

Der Anstieg könnte noch schneller werden

Beide Prozesse werden durch den Klimawandel angetrieben – und beide tragen ihrerseits zur Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs bei, wie die Wissenschaftler erklären. Ihrer Ansicht nach ist zudem nicht ausgeschlossen, dass gerade die thermische Expansion des Meerwassers in Zukunft die Pegel noch schneller und stärker in die Höhe treiben wird als bisher angenommen. (Nature Climate Change, 2019; doi: 10.1038/s41558-019-0531-8)

Quelle: Universität Siegen

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