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Mikrobiologie

Meeresflocken überraschen Forscher

Kohlenstofftransport im Ozean: Auf die Flockengröße kommt es an

So sehen die porösen Flocken aus: Aquatisches Aggregat vom Bodensee von einem Zentimeter Durchmesser. © Hans-Peter Grossart / IGB / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei

Forscher haben Transportprozesse im Meer untersucht und sind dabei auf ein überraschendes Verhalten poröser Flocken aus abgestorbenem organischen Material gestoßen, das die Bilanzierung des Kohlenstofftransports wesentlich beeinflussen könnte.

Da diese Flocken von Mikroorganismen besiedelt sind, die während des Absinkens einen Teil des Materials zu Kohlendioxid zersetzen, bestimmt die Sinkgeschwindigkeit die Menge Kohlenstoff, die die Tiefsee erreicht und über große Zeiträume gespeichert wird.

Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen stellen ihre Ergebnisse jetzt gemeinsam mit einem US-amerikanischen Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology in den „Proceedings of the National Academy of Science“ (PNAS) vor.

Flocken als Schwammdouble

Ähnlich wie Schwämme enthalten die Flocken im Ozean nur einen sehr geringen Feststoffanteil und bestehen häufig zu über 95 Prozent ihres Volumens aus Wasser. Zudem sind die Wassermassen der Ozeane in Abhängigkeit von Temperatur und Salzgehalt geschichtet. Mit der Wassertiefe steigt deshalb die Wasserdichte an.

Durch ihre hohe Porösität, das heißt durch den hohen Anteil leichten Oberflächenwassers, können Flocken in diesen Schichtungen aufgehalten werden, bis ihre Dichte, durch Austausch der in den Poren gespeicherten Flüssigkeiten, groß genug wird, um weiter abzusinken.

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Kolja Kindler vom Max-Planck-Institut betont, dass dieser Effekt bisher weitgehend vernachlässigt wurde, obwohl er seit einigen Jahren als Erklärung für ungewöhnlich scharf begrenzte Ansammlungen von Flocken, die in der Natur zu beobachten sind, diskutiert wurde.

Laborexperimente und mathematische Modellierung

Wie die Wissenschaftler in dieser Studie durch eine Kombination von Laborexperimenten und mathematischer Modellierung jetzt zum ersten Mal zeigen konnten, ist der Effekt wahrscheinlich weit wichtiger als bisher angenommen. Da die Flocken nicht durchströmt werden und die Anpassung des gespeicherten Wassers an die Umgebungsflüssigkeit im Wesentlichen durch Diffusion erfolgt, gilt: Je größer die Flocke, umso länger wird sie an der Zwischenschicht aufgehalten.

„Dementsprechend haben große Flocken wahrscheinlich eine viel höhere Verweilzeit in Bereichen, in denen sie von Mikroorganismen abgebaut werden können, als bisher angenommen. Diese neuen Erkenntnisse müssen in Zukunft berücksichtigt werden, um den Kohlenstofftransport im Ozean realistisch zu beschreiben, bzw. zu modellieren“, erklärt Max-Planck-Forscher Professor Arzhang Khalili.

Nachhaltige Nutzung der Ozeane

„Je intensiver wir uns mit kleinskaligen Phänomenen beschäftigen, desto mehr entdecken wir, dass sie die entscheidenden Prozesse im Ozean steuern. Die Chancen einer nachhaltigen Nutzung der Ozeane hängen davon ab, wie gut wir diese Prozesse verstehen“, meint Professor Roman Stocker vom Massachusetts Institute of Technology.

(doi:10.1073/pnas.1012319108)

(Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, 08.12.2010 – DLO)

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