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Geowissen

Laser misst Rotation der Erde

Erste Echtzeitmessung der Drehung und Neigung unseres Planeten von der Erdoberfläche aus

ROMY
Die im Untergrund eingelassene Ringlaser-Anlage ROMY hat erstmals die Erdbewegungen in Echtzeit und per Laser gemessen. © J. Igel/ETH Zurich

Premiere im Untergrund: Forscher haben erstmals die Rotationsbewegungen unseres Planeten direkt an der Erdoberfläche und in Echtzeit gemessen – mit einem neuen System von Ringlasern. Bisher ließen sich die subtilen Schwankungen der Erdbewegungen nur mit einem Netzwerk von Radioteleskopen erfassen. Die unweit von München installierte Ringlaseranlage ermöglicht nun eine Messung von nur einem Standort aus.

Im Prinzip dreht sich die Erde einmal in 24 Stunden um sich selbst. Doch weder ihr Rotationstempo noch ihre Ausrichtung sind dabei konstant. Stattdessen beeinflussen Faktoren wie die Anziehungskraft des Mondes, die Bewegungen von Ozeanen und Atmosphäre und sogar Erdbeben die Rotation und Achsneigung unseres Planeten. Als Folge verlängert sich die Tageslänge im Laufe der Zeit und schwankt zusätzlich leicht. Gleichzeitig taumelt die Erde leicht um ihre Achse.

Laserlicht statt Radioteleskope

Bisher ließen sich diese winzigen Unregelmäßigkeiten nur mit einem weltumspannenden Netzwerk von Radioteleskopen, dem sogenannte Very Long Baseline Interferometry (VLBI) erfassen. Dafür peilen die Teleskope ferne Quasare an und ermitteln aus den Ankunftszeiten ihrer Strahlung die Position und Bewegung unseres Planeten. Wegen der aufwändigen Datenauswertung liefert dieses Verfahren seine Ergebnisse immer erst einige Tage verzögert.

Doch es geht auch anders, wie nun die ersten Ergebnisse einer neuartigen Laser-Messanlage belegen. Diese ROMY (Rotational Motions in Seismology) getaufte Anlage misst die Bewegungen der Erde mithilfe einer speziellen Laseranordnung, einem Ringlaser. „Das Faszinierende daran ist, dass wir die Erdoration mit nur einem Instrument direkt an der Erdoberfläche messen können – ohne dass wir Satelliten oder extragalaktische Radioquellen anpeilen müssen“, erklärt der am VLBI beteiligte Forscher Johannes Böhm von der TU Wien.

Wie Ringlaser die Rotation messen

Die Lasermessung der Erdbewegung funktioniert auf Basis sogenannter Ringlaser – Laserstrahlen, die durch Spiegel so umgelenkt werden, dass sie ein geschlossenes Dreieck bilden. Schon 1960 hatten Physiker festgestellt, dass solche quasi im Kreis laufenden Laserstrahlen Bruchteile von Sekunden länger für ihren Weg benötigen, wenn sie mit der Erdrotation laufen als wenn sie den gleichen Kreis in entgegengesetzter Richtung durchstrahlen.

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Als Folge kommt es zu einer leichten Phasenverschiebung des Laserlichts, die ein spezifisches Interferenzmuster erzeugt. Aus diesem lässt sich ablesen, wie groß die Verschiebung ist und das wiederum erlaubt Rückschlüsse auf die Erdbewegung. Ein solches System haben Forscher um Heiner Igel von der Technischen Universität München im Jahr 2017 in Fürstenfeldbruck bei München installiert und in Betrieb genommen.

Konkret besteht die ROMY-Anlage aus vier Ringlasern, die die Seiten eines rund 15 Meter tief in die Erde ragenden Tetraeders bilden. Jeder Ringlaser bildet darin die Kanten eines gleichseitigen Dreiecks.

Erste Ergebnisse

Jetzt haben Igel und sein Team die Ergebnisse der ersten 47 Tage kontinuierlicher Messungen der ROMY-Anlage ausgewertet. Sie belegen, dass das Ringlaser-System selbst in dieser relativ kurzen Messzeit präzise genug arbeitet, um das Taumeln der Erdachse auf weniger als eine Bogensekunde genau zu messen. Die Rotationsgeschwindigkeit der Erde registrierte das System bis auf fünf Hunderttausendstel genau.

„Dies ist das weltweit genaueste Instrument, um Bodenrotationen zu messen“, sagt Igel. Noch reicht ROMY in seiner Präzision zwar nicht an das VLBI heran, dafür aber sind die Messwerte in Echtzeit abrufbar. Die Ringlaser bilden damit eine wertvolle Ergänzung zur Rotationsmessung mittels Radioteleskopen, wie die Forscher erklären.

So funktioniert die Messung der Erdrotation mittels Ringlaser .© Science Magazine

Daten für GPS-Satelliten, Seismologie und Grundlagenforschung

Nützlich sind die Lasermesswerte zum einen für die Kalibrierung der GPS-Satelliten im Orbit, aber auch für die Grundlagenforschung: „Die Messungen haben wissenschaftliches Potenzial sowohl für die Erdbebenphysik wie auch für die seismische Tomographie“, erklärt Igel. „Für die Seismologie konnten wir bereits sehr wertvolle Daten von Erdbeben und ozeanisch erzeugten seismischen Wellen beobachten.“

Auch bei der Vulkanforschung können die Ringlaser-Messungen hilfreich sein, weil auch unterirdische Magmaströmungen in Vulkanen an winzigen Veränderungen der Erdbewegung erkennbar sein können. In Kombination mit anderen Methoden lassen die Messungen zudem Rückschlüsse auf Beschaffenheit und Dynamik des Erdinneren zu. (Physical Review Letters, 2020; doi: 10.1103/PhysRevLett.125.033605)

Quelle: TU München, American Physical Society APS

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