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GeoUnion

Kohlenstoff „schleicht“ zum Meeresboden

Neue Erkenntnisse zur Rolle des Ozeans im Klimageschehen

Meteor © Forschungszentrum Ozeanränder

Jahrtausende können vergehen ehe sich Partikel aus dem Wasser endgültig am Meeresboden ablagern. Dies hat ein internationales Wissenschaftler-Team auf einer Expedition vor der Küste Namibias entdeckt. Dabei driften die Teilchen, so die Forscher, oft über weite Strecken von den Küsten in den offenen Ozean hinaus. Da es sich dabei unter anderem um Reste von Meeresorganismen handelt, in denen klimawirksamer Kohlenstoff gebunden ist, ist die Entdeckung auch für die Klimaforschung von großem Interesse.

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Erst wenn die Teilchen in den Meeresgrund eingebettet sind, ist der enthaltene Kohlenstoff dem Klimakreislauf, sprich: dem Treibhausgeschehen, auf lange Sicht entzogen. Die Wissenschaftler des Bremer DFG-Forschungszentrums Ozeanränder, der Universität Newcastle sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover berichten über die Ergebnisse ihrer Studie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Geology.

„Während unserer Expedition haben wir den Meeresboden und die direkt darüber liegende, von vielen Partikeln getrübte Wasserschicht beprobt“, beschreibt Maik Inthorn die Fahrt mit dem deutschen Forschungsschiff „Meteor“ im Gebiet des Benguela-Stroms. „In unseren Labors wurden die Proben dann u.a. mit biogeochemischen Methoden untersucht. Außerdem haben wir das Alter der organischen Überreste bestimmt“, sagt der Bremer Geowissenschaftler.

Die Wissenschaftler staunten nicht schlecht, als die Untersuchungsergebnisse vorlagen: „Sie zeigen nämlich, dass ein großer Teil der Partikel bis zu 100 Kilometer verdriftet wird, bevor sie endgültig am Meeresboden abgelagert werden“, sagt Inthorns Kollege Matthias Zabel: „Die Reise führt die Schwebfracht aus den flachen namibischen Küstengewässern zum Kontinentalhang, wo sie in Wassertiefen von etwa 600 bis 1.500 Metern – weitab vom Ort ihrer Entstehung -abgelagert wird“, erläutert der Bremer Geowissenschaftler.

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Neue Erkenntnisse über Transportprozesse an Kontinentalrändern

Dies sei mit gängigen Vorstellungen, nach denen Partikel überwiegend am Entstehungsort vertikal durch die Wassersäule „fallen“, nicht vereinbar und erfordere eine Neubewertung der Transportprozesse an Kontinentalrändern, betonen die Meeresforscher. Besonders bemerkenswert: Die „Reise“ der Partikel entlang des Meeresbodens kann sich über einige Tausend Jahre hinziehen.

Bodenwasserschöpfer © Forschungszentrum Ozeanränder

„Wir müssen die jetzt vorliegenden Ergebnisse auch mit den Kollegen aus der Ozeanographie und der Klimaforschung diskutieren“, ergänzt Professor Thomas Wagner. Der Grund: Auftriebsgebiete wie das Benguela-System sind zwar räumlich eng umgrenzt. Wegen ihres Nährstoffreichtums und der daraus resultierenden hohen biologischen Produktivität entziehen sie der Atmosphäre aber besonders viel Kohlendioxid. Wenn aber der Kohlenstoff erst nach etlichen „Umwegen“ und nach wesentlich längerer Zeit als bislang angenommen endgültig am Meeresboden deponiert und somit dem Klimakreislauf entzogen wird, hat dies auch Konsequenzen für die Frage, wie das Ablagerungsgeschehen in Klimamodellen berücksichtigt wird.

Algenblüten im Benguela-Strom

Die Meteor-Expedition fand im Bereich des Benguela-Stroms statt, dem derzeit produktivsten Auftriebsgebiet des Weltozeans. Kühles und sehr nährstoffreiches Wasser steigt aus größeren Tiefen in das lichtdurchflutete oberste Meeresstockwerk auf. Dadurch kommt es zu extremen Algenblüten. Die mikroskopisch kleinen Meerespflanzen bilden die Nahrungsgrundlage für kleine und große Meerestiere, dem Zooplankton und den Walen.

Wie ihre Verwandten an Land betreiben Meeresalgen Photosynthese und nehmen dabei das ursprünglich aus der Atmosphäre stammende und jetzt im Meerwasser gelöste Klimagas Kohlendioxid auf. Sterben die Meeresorganismen, sinken sie Richtung Meeresboden. Dabei wird ein großer Teil der pflanzlichen und tierischen Überreste von Bakterien recycelt. Ein Bruchteil, der für den Kohlenstoffkreislauf jedoch von entscheidender Bedeutung ist, wird am Meeresgrund eingebettet und ist dem globalen Klimakreis damit auf Jahrtausende bzw. Jahrmillionen entzogen.

(idw – Forschungszentrum Ozeanränder, 15.02.2006 – Kirsten Achenbach)

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