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Umwelt

Kohlekraft: Stilllegung nutzt der Gesundheit

Bis zu 25 Prozent weniger Frühgeburten in der Nachbarschaft nach Schließung

Werden Kohlekraftwerke stillgelegt, sinkt in ihrem Umfeld die Zahl der Frühgeburten. © Danicek/ iStock.com

Positiver Effekt: Wenn alte Kohlekraftwerke geschlossen werden, profitiert nicht nur das Klima. Auch die Gesundheit und Fruchtbarkeit der Anwohner bessert sich messbar, wie zwei Studien aus Kalifornien nahelegen. Die Zahl der Frühgeburten im Umfeld von acht Kraftwerken sank dort um 20 bis 25 Prozent, nachdem diese stillgelegt wurden. Zudem wurden auch mehr Kinder lebend geboren, wie die Forscher berichten.

Über die Stilllegung alter Kohlekraftwerke wird vor allem in Deutschland heftig debattiert. Denn gerade diese Kraftwerke stoßen gemessen an ihrer Stromproduktion besonders viel Kohlendioxid aus und heizen damit den Klimawandel weiter an. Ein großer Teil der weltweiten CO2-Emissionen geht daher heute auf die Nutzung von Kohle zurück. Dass ein Kohleausstieg und ein Umschalten auf weniger CO2-intensive Technologien den Klimaschutz voranbringen kann, hat Großbritannien in den letzten Jahren demonstriert.

Was passiert, wenn die Luftverschmutzung wegfällt?

Doch ein Kohleaussteig kommt nicht nur dem Klima zugute. Welche Auswirkungen die Schließung von Kohlekraftwerken für die Gesundheit der Anwohner hat, wollten Joan Casey von der University of California in Berkeley und ihre Kollegen wissen. „Die meisten Leute untersuchen die Luftverschmutzung und die negativen Folgen der Kraftwerke“, so Casey. „Aber wir wollten die andere Seite beleuchten: Was passiert, wenn diese Luftverschmutzung wegfällt?“

Für ihre Studie analysierten die Forscher Daten über Frühgeburten und Geburtenzahl bei Menschen, die im Umkreis von acht Kohlekraftwerken in Kalifornien leben. Weil diese Kraftwerke alle zwischen 2010 und 2011 stillgelegt wurden, konnten die Wissenschaftler die Gesundheitsdaten aus den zwei Jahren vor der Schließung mit denen im Jahr danach direkt vergleichen.

Bis zu 25 Prozent weniger Frühgeburten

Das Ergebnis: In der Nachbarschaft der acht Kraftwerke wurden nach der Stilllegung deutlich weniger Kinder zu früh geboren. Die Zahl der Zahl der Frühgeburten sank im fünf-Kilometer-Umkreis von sieben auf nur noch 5,1 Prozent, wie die Forscher berichten. Das entspricht einer Abnahme um 20 bis 25 Prozent – und ist damit deutlicher, als es die Wissenschaftler erwartet hatten, wie sie berichten. Auch bei Frauen, die zwischen fünf und zehn Kilometern von den Kraftwerken entfernt lebten, sank die Frühgeburtenrate, wenn auch weniger deutlich.

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Frühgeborene sind bei der Geburt noch nicht vollständig entwickelt - auch ihr Gehirn ist unreif. © Photodisc-rbma/ iStock.com

Die Abnahme der Frühgeburten nach der Kraftwerksstillegung blieb auch dann noch erhalten, als die Forscher mögliche andere Einflussfaktoren wie das Alter der Mütter, den sozioökonomischen Status, den Bildungsgrad oder die Ethnizität der Eltern mit einbezogen. Zum Vergleich hatten sie zudem die Geburtendaten im gleichen Zeitraum bei acht weiteren Kraftwerken untersucht, die nicht stillgelegt worden waren.

Unmittelbar positiver Effekt

„Wir waren erfreut, endlich mal eine gute Nachricht in Bezug auf Umwelt und Gesundheit zu haben“, sagt Casey. Ihrer Ansicht nach demonstrieren diese Ergebnisse, dass die Stilllegung alter Kohlekraftwerke zu unmittelbaren Verbesserungen in der Gesundheit der Anwohner führen können. Denn aus früheren Studien ist bekannt, dass eine vermehrte Luftverschmutzung das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen und Frühgeburten erhöhen kann.

„Casey und ihre Kollegen haben gezeigt, dass die Stilllegung älterer Kohlekraftwerke zu einer signifikanten Reduktion der Frühgeburten führen kann“, kommentiert Pauline Mendola vom US National Institute of Child Health and Human Development in einem begleitenden Artikel. „Möglicherweise ist es jetzt an der Zeit, die Gesundheit unserer Kinder als Antrieb dafür zu nehmen, endlich die Hauptquellen der Luftverschmutzung zu verringern. Ihre Leben hängen davon ab.“

Mehr Geburten nach Schließung

Ähnlich positive Effekte haben die Forscher in einer zweiten Studie festgestellt. In dieser hatten sie die Fruchtbarkeit – die Zahl der lebend geborenen Kinder – im Umfeld von Kohle- und Ölkraftwerken vor und nach ihrer Stilllegung untersucht. Auch hier zeigten sich Veränderungen: Die Zahl der Lebendgeburten stieg nach Schließung der Anlagen messbar an, wie die Wissenschaftler berichten.

Welche von den Kohlekraftwerken im Einzelnen ausgestoßenen Luftschadstoffe für diese Effekte verantwortlich sind, haben die Wissenschaftler beider Studien allerdings nicht untersucht. Bekannt ist aber, dass Kohlekraftwerke eine ganze Reihe von schädlichen Stoffen emittieren können, darunter Feinstaub, Stickoxide, Schwefeldioxid, Blei sowie organische Verbindungen wie Benzol. (American Journal of Epidemiology, Environmental Health, 2018)

(University of California – Berkeley, 23.05.2018 – NPO)

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