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Paläontologie

„Knochenkran“ half Dino beim Fressen

Tomographie enthüllt pneumatisches System in Halswirbelknochen

Halswirbel des Diplodocus (oben) und Schema mit eingezeichneten Lufträumen © Paul-Scherrer-Institut

Tomographische Untersuchungen an den Halswirbeln eines 30 Meter langen Dinosauriers enthüllten ein komplexes System von Lufträumen, die nicht nur beträchtlich das Gewicht der Knochen reduzierten, das pneumatische System trug auch wesentlich zur Stabilisierung und Beweglichkeit des Halses bei. Vermutlich konnte der Pflanzenfresser dadurch seinen enormen Nahrungsbedarf effizienter decken.

Forschende haben bereits etliche Erkenntnisse über die Lebensweise der Dinosaurier gewonnen. Wie sie lebten, was sie frassen, warum sie so groß wurden. Noch sind aber viele Fragen ungewiss. Mehr Licht ins Dunkel haben kürzlich Ergebnisse gebracht, die zerstörungsfreie Verfahren wie die Computer- (CT) und die Neutronentomografie (NT) des PSI einsetzten.

Bei der CT werden Röntgenstrahlen und bei der NT Neutronen mit angemessener Energie durch die Probe geschickt. Röntgen eignet sich für dicke organische Proben, wie das Durchleuchten des menschlichen Körpers. Die Neutronenradiografie hingegen kann dünne Schichten organischer Stoffe oder andere wasserstoffhaltige Proben sehr kontrastreich abbilden, weil die Neutronen im Gegensatz zu Röntgenstrahlen an leichten Atomen wie Wasserstoff stark streuen.

Hohlräume in Knochen ermittelt

Ein Forschungsteam des Naturhistorischen Museums Basel (NMB) hat in einem vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projekt verschiedene Wirbelknochen des Dinosauriers Diplodocus mit CT und NT untersucht. Die Kombination der beiden tomografischen Verfahren erbrachte ein detailliertes Bild der innern Hohlräume. Durch die Tomografien lassen sich auch die Verteilung der pneumatischen Strukturen im Knocheninneren herausfinden und rekonstruieren, ohne dass die wertvollen Reste zerstört werden.

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Der Diplodocus wurde 30 Meter lang, fast vier Meter hoch und wog vermutlich etwa zwölf Tonnen. Sein Hals war stolze sechs bis sieben Meter lang. Versteinerte Knochen hat man in den US-Bundesstaaten Colorado, Montana, Utah und Wyoming entdeckt. Dort lebte der Dinosaurier vor 156 bis 144 Millionen Jahren (im späten Jura) und ernährte sich von Pflanzen. Die untersuchten Knochen stammen aus dem Sauriermuseum Aathal ZH.

Luftschläuche verhindern Absacken

Anhand der CT und NT rekonstruierten die Wissenschaftler die Weichteile im Hals, die früher die Hohlräume in und um die Wirbel ausgefüllt hatten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Diplodocus im Halsbereich um die Wirbel herum ein dreiteiliges Luftschlauch- System besass. Mit Hilfe der prallen pneumatischen Schläuche konnte er den langen Hals in Normalstellung stabil halten. So wurde beispielsweise zusammen mit dem Bänderapparat ein Absacken des Halses verhindert.

An den einzelnen Halswirbeln war durch die pneumatischen Strukturen mindestens die Hälfte der Masse reduziert. Das zeigen die tomografischen Schnitte. Das gesamte Halsgewicht war demnach ein Fünftel leichter als früher berechnet. Der Riese konnte also seinen Hals pneumatisch drehen und schwenken. Um die Pflanzen effizient ins Maul zu bekommen, so vermuten die Paläontologen, bewegte der Diplodocus seinen Hals wendig auf und ab sowie hin und her – wie ein höchst flexibler und stabiler pneumatischer Kran. Mit einer klugen Kombination von Biologie und Technik könnten so die Millionen Jahre alten Fossilien das Prinzip liefern für eine neuartige Technologie im Kranbau und als Beispiel dienen von gelungener Bionik nach Dino-Art.

(Paul-Scherrer-Institut (PSI), 13.10.2005 – NPO)

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