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Klima

Klimawandel: Streuschicht macht Wald zu CO2-Schleuder

Aktivität von CO2-produzierenden Mikroben macht Wälder zu schlechteren Senken

Unterholz am Ort der Feldversuche in Panama © Emma Sayer

Der Klimawandel fördert das Baumwachstum in tropischen Wäldern. Doch diese vermeintlich positive Entwicklung hat eine Schattenseite, wie jetzt britische Forscher herausfanden: die wachsenden Wälder stoßen mehr klimaschädliches Kohlendioxid als zuvor. Schuld daran ist eine dicker werdende Streuschicht unter den Bäumen. In dieser bauen Mikroben vermehrt Blattreste und andere tote Planzenteile ab und erzeugen dabei entsprechend mehr Kohlendioxid. Die klimaschützende Wirkung der Wälder könnte durch den steigenden „Appetit“ der Bakterien in Zukunft deutlich herabgesetzt werden, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Climate Change“.

Tropische Wälder gelten als wichtige „Senken“ im Kohlenstoffkreislauf der Erde. Die wachsenden Bäume nehmen Kohlendioxid aus der Luft auf und bauen es über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte in ihre Gewebe ein. Dadurch wirken sie wie natürliche Filter und entziehen der Atmosphäre einen beträchtlichen Teil des Treibhausgases. Sterben die Pflanzen ab, gelangt der Kohlenstoff als Humus in den Waldboden und bleibt dort einige Zeit gespeichert. Erst im letzten Jahr hatte ein internationales Forscherteam nachgewiesen, dass Böden von Mangrovenwäldern deutlich mehr Kohlenstoff enthalten als angenommen.

Weil ein steigender Kohlendioxidgehalt der Luft das Pflanzenwachstum fördert, ging man davon aus, dass der Klimawandel die Speicherfunktion der Wälder und Waldböden eher erhöht. Dass Prozesse in der Streuschicht diese Wirkung teilweise wieder aufheben können, belegt jetzt ein britisches Forscherteam.

Freilandexperiment im Regenwald Panamas

Für ihre Studie hatten die Forscher über sechs Jahre lang Baumwachstum, Entwicklung der Streuschicht und Abgabe von Kohlendioxid im Regenwald Panamas gemessen. Sie untersuchten dafür 15 Waldstücke von 45 mal 45 Metern Größe im Flachland-Tropenwald. In fünf dieser Flächen entfernten die Wissenschaftler regelmäßig die Streu, fünf blieben unbeeinflusst. Auf die fünf restlichen Flächen gaben die Forscher zusätzlich die Streu der ersten fünf Waldstücke. In einem kleinen Bereich jeder Fläche ersetzten die Forscher die natürliche Streu durch eine Streu mit markierten Kohlenstoffatomen. Auf diese Weise konnten sie nachvollziehen, wie viel davon im Boden blieb und wie viel von Mikroben wieder freigesetzt wurde.

Streuschicht an einer Baumwurzel © Emma Sayer

600 Kilo Kohlenstoff mehr pro Hektar bei dickerer Streu

Es zeigte sich, dass die Flächen mit dickerer Sstreuauflage deutlich weniger Kohlenstoff im Boden speicherten und mehr Kohlendioxid abgaben. Aus ihren Ergebnissen ermittelten die Forscher auch konkrete Vorhersagen für die zukünftige Entwicklung: „Wir prognostizieren, dass bei einem Ansteig der atmosphärischen Treibhausgase um 160 ppm und einer Zunahme der Streu von 30 Prozent rund 0,6 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar und Jahr freigesetzt werden könnten“, schreiben die Forscher. Diese Menge Kohlenstoff ist dann nicht mehr in Bäumen oder Boden gespeichert, sondern wird in Form von Kohlendioxid an die Luft abgegeben.

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Die freigesetzte Kohlenstoffmenge sei damit größer als diejenige, die in den letzten Jahrzehnten im Amazonasregenwald durch steigendes Pflanzenwachstum gebunden wurde. Angesichts der großen Landflächen, die von tropischen Wäldern bedeckt seien, könne dies auch das globale Kohlenstoff-Gleichgewicht beeinflussen. „Unsere Studie demonstriert, dass Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und dem Boden einen massiven Einfluss auf die Verarbeitung des Kohlenstoffs haben“, sagt Emma Sayer vom Centre for Ecology & Hydrology an der University of Cambridge. Klimamodelle müssten daher auch die Rückkopplungen in Streu und Boden berücksichtigen, um zukünftige Konzentrationen des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre korrekt zu prognostizieren. (Nature Climate Change, 2011; DOI: 10.1038/nclimate1190)

(Centre for Ecology & Hydrology, 16.08.2011 – NPO)

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