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Klima

Klimaschutz: Staaten hinken Paris-Zielen weiter hinterher

Bisher eingereichte nationale CO2-Minderungsziele steuern auf 2,7 Grad Erwärmung zu

Emissionen
Bisher reichen die Klimaschutzziele der Länder nicht für das Klimaschutzziel – selbst wenn sie alle umgesetzt würden. © acilo/ Getty images

Kurs auf 2,7 Grad Erwärmung: Die im Rahmen des Pariser Klimaabkommens bisher eingereichten nationalen Emissions-Minderungsziele (NDC) liegen noch immer weit unter dem für das 1,5 Grad-Klimaschutzziel nötigen, wie die aktuelle Bilanz des UN-Umweltprogramms UNEP aufzeigt. Während einige Länder noch gar keine neuen NDCs eingereicht haben, enthalten knapp die Hälfte der neuen Fassungen keine weiteren CO2-Minderungsziele bis 2030. Auch viele G20-Staaten hinken dem Klimaschutzziel hinterher.

Die Vorgabe ist klar: Nach dem 2015 beschlossenen Pariser Klimaabkommen soll die globale Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber präindustriellen Werten begrenzt werden. Um das zu erreichen, sollen die Vertragsstaaten alle fünf Jahre neue, verschärfte Nationale Selbstverpflichtungen (NDCs) beim UN-Klimasekretariat (UNFCC) einreichen. Ziel ist es, dadurch schrittweise den Klimaschutz auf Kurs zu bringen. Die von 2020 auf dieses Jahr verschobene Weltklimakonferenz in Glasgow markiert den Ablauf des ersten Fünfjahres-Zeitraums für die NDC.

UNEP-Bericht
Der Emissions Gap Bericht 2021 © UNEP

Leichte Verbesserung gegenüber Paris

Wie der Stand der Dinge bei den Nationalen Selbstverpflichtungen bisher ist, zeigt nun der aktuelle „Emissions Gap Report“ des UN-Umweltprogramms UNEP. Nach diesem haben bis zum 30.September 2021 nur 120 der 197 Vertragsstaaten wie vorgegeben neue NDCs eingereicht. Einige Länder wie China, Japan und Südkorea haben zwar neue Minderungsziele für 2030 publik gemacht, sie aber bisher nicht offiziell eingereicht.

Die gute Nachricht: 49 der neu eingereichten NDCs enthalten ehrgeizigere Emissions-Minderungsziele als die Vorgängerversion zur Klimakonferenz von Paris. Damals hätten alle nationalen Klimaschutzprograme zusammen eine Erwärmung von knapp vier Grad bedeutet. Dem aktuellen UNEP-Bericht zufolge liegen die aktuellen NDCs auf einem Kurs Richtung 2,7 Grad Erwärmung – sofern die eingereichten Selbstverpflichtungen auch umgesetzt werden.

Lücke zu 1,5 Grad klafft noch immer

Die schlechte Nachricht jedoch: Das 1,5-Grad-Ziel wird trotzdem weit verfehlt. 18 Prozent der neuen NDCs enthalten keine gegenüber den Vorversionen verschärften Klimaschutzmaßnahmen, einige Länder wie Brasilien und Mexiko haben ihre Ziele sogar abschwächt und genehmigen sich erhöhte CO2-Emissionen bis 2030. „Die Emissionslücke wird durch die neuen oder aktualisierten NDCs und sonstigen Klimaschutzverpflichtungen nur unwesentlich verkleinert“, heißt es im UNEP-Bericht.

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Insgesamt entsprechen die neu eingereichten NDCs einer Emissions-Minderung von 7,5 Prozent bis 2030 gegenüber den Vorversionen. Um auf dem finanziell günstigsten Kurs zum Zwei-Grad-Ziel zu bleiben, müsste der globale Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 aber um 30 Prozent gesenkt werden, für das 1,5-Grad-Ziel sogar um 55 Prozent.

„Es hat zwar Fortschritte gegeben, aber nicht genug“, betont Inger Andersen, Exekutivdirektor der UNEP. „Um noch eine Chance zu haben, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, bleiben uns nur acht Jahre, um die Treibhausgas-Emissionen zu halbieren – acht Jahre um zu planen, die Maßnahmen einzuleiten und umzusetzen und die Emissionen zu senken – die Uhr tickt.“

G20-Staaten hinken hinterher

Eine besondere Rolle kommt den G20-Staaten zu, die zusammen für rund 80 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. Laut UNEP-Bericht haben bisher nur sechs G20-Mitglieder aktualisierte NDCs mit verschärften Emissions-Minderungszielen eingereicht, darunter neben Großbritannien, Kanada und den USA auch die EU und ihre Mitgliedsstaaten Deutschland, Frankreich und Italien. Andere G20-Staaten jedoch, darunter Australien, Indonesien und Russland, bleiben auch mit ihren neuen NDCs etwa auf dem gleichen Niveau wie zuvor.

Einige der größten Emittenten der G20 haben zudem noch gar keine neuen Minderungsziele eingereicht: Von Indien, Saudi-Arabien und der Türkei stehen die NDCs noch aus. China, Japan und Südkorea haben zwar neue Klimaschutzziele angekündigt, diese aber ebenfalls noch nicht formell eingereicht, wie die UNEP mitteilt. Brasilien und Mexiko haben ihre Klimaschutzziele in den neuen NDCs sogar abgeschwächt und wollen bis 2030 mehr CO2 ausstoßen als zuvor vereinbart.

Hinzu kommt: Papier ist geduldig. Nach Berechnungen des UNEP-Reports werden viele G20-Staaten ihre eigenen Klimaschutzziele nicht erreichen. „Es sollte angemerkt werden, dass die G20-Mitglieder kollektiv nicht einmal auf Kurs sind, ihre zuvor eingereichten NDCs zu erfüllen“, heißt es im Bericht. Australien, Brasilien, Kanada, Mexiko, Südkorea und die USA benötigen nach Ansicht der UNEP strengere Klimaschutzmaßnahmen, um wenigstens die für das Pariser Abkommen eingereichten Selbstverpflichtungen bis 2030 zu schaffen.

Klimaschutz: Versprechungen nicht eingelöst.© UNEP

Zielvorgabe: Netto-Emissionen auf Null

Ein weitere im UNEP-Bericht untersuchter Aspekt ist das Ziel, die Netto-Emissionen auf Null zu senken – also nur so viel Treibhausgase zu emittieren, wie von Ozeanen, Wäldern und anderen CO2-Senken absorbiert und damit ausgeglichen werden kann. Das Erreichen dieser Netto-Null-Emission gilt als Voraussetzung, um das Klima ohne weitere Erwärmung auf einem Niveau zu halten.

Der UNEP zufolge haben bisher 49 Länder weltweit plus der EU sich zu einer solchen Netto-Null-Emission verpflichtet. Dieses Ziel ist zwar nicht Teil der NDC, wurde aber in nationalen Gesetzen, einem Maßnahmenpapier oder einer öffentlichen Erklärung der Regierung dargelegt. „Die Verpflichtungen dieser Staaten decken rund die Hälfte der aktuellen Treibhausgas-Emissionen ab, entsprechen der Hälfte des globalen Bruttoinlandsprodukts und einem Drittel der Weltbevölkerung“, so der Bericht. Die bisher in Gesetzen festgeschriebenen Netto-Null-Ziele machen aber nur zwölf Prozent der globalen Emissionen aus.

Weg dahin eher vage

In Bezug auf die Netto-Null bleiben auch einige G20-Staaten eher vage. „Die meisten ihrer Ziele sind unklar oder unentschieden in Bezug auf die Berücksichtigung der Emissionen durch den internationalen Flugverkehr oder der Schifffahrt“, heißt es im Report. Auch in der Frage, welche Sektoren und Treibhausgase die Netto-Null umfassen soll, gibt es wenig klare Aussagen. „Die Staaten müssen ihre Netto-Null-Ziele konkreter machen, sicherstellen, dass diese auch in den NDCs festgeschrieben werden, und anfangen zu handeln“, fordert Andersen.

Ob die Länder zu schnellem und deutlichem Klimaschutzhandeln bereit sind, wird sich ab 31. Oktober 2021 bei der Weltklimakonferenz in Glasgow zeigen. Sie gilt als entscheidend, um die Umsetzung Pariser Klimaabkommens voranzubringen und auch die noch offenen Fragen zur finanziellen Unterstützung des Klimaschutzes und der Anpassungen an Klimafolgen in ärmeren Ländern zu klären. (UNEP Emissions Gap Report 2021)

Quelle: UN Environment Programme (UNEP)

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