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Klima

Klimaschutz: Guter Ruf als „Köder“

Zusammenhang zwischen Anerkennung und Klimaschutz-Bereitschaft erforscht

Die Investitionen der Spieler. "Gut informierten" Spielerunden entsprechen rote Markierungen, "wenig Informierte" sind blau markiert. Falls die Spieler völlig anonym blieben, sind die Markierungen leer, falls dagegen die Pseudonyme bekannt gemacht wurden, sind sie Markierungen ausgemalt. Das Ergebnis: Bei informierten und nicht anonymen Spielern landete in jeder Runde das meiste Geld im Pool. © MPI für Limnologie

Das globale Klima ist ein wichtiges öffentliches Gut. Doch wie kann man Menschen dazu bringen, sich für den Klimaschutz einzusetzen oder sogar Geld zu spenden? Dies haben jetzt Forscher in einer neuen Studie untersucht. Ergebnis: Menschen engagieren sich vor allem dann für gemeinnützige Ziele, wenn sie gut informiert sind und ihre gute Tat bekannt gemacht wird – denn so gewinnen die „edlen Spender“ öffentliche Anerkennung, die ihnen genau so viel wert ist wie Geld.

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In dem Experiment des Plöner Max-Planck-Instituts für Limnologie und des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie sollten die Versuchspersonen entscheiden, ob sie Geld für eine Zeitungsanzeige des Max-Planck-Institutes für Meteorologie spenden wollten, in welcher der Öffentlichkeit die Folgen klimaschädlichen Verhaltens und einfache Regeln zum Klimaerhalt dargestellt werden sollten. Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift PNAS.

Verhältnis von Altruismus und Egoismus untersucht

Das Verhältnis zwischen Altruismus und Egoismus wird seit langem von Psychologen, Soziologen und Spieltheoretikern untersucht. Ein Klassiker ist das folgende Experiment: Man gibt vier Versuchspersonen einen Geldbetrag von zehn Euro. In jeder Runde dürfen die Spieler davon zwischen null und zehn Euro in einen gemeinsamen Pool einzahlen, ohne dass ihre Mitspieler die Höhe der Summe erfahren. Ein Spielleiter sammelt das Geld ein, fügt denselben Betrag hinzu und teilt den Betrag unter allen Mitspielern gleich auf.

Gibt jeder alles, was er zur Verfügung hat, dann erhalten am Ende alle das Doppelte zurück. Spendet dagegen nur ein einzelner Mitspieler etwas und die anderen nichts, dann verliert er die Hälfte seines Einsatzes, während seine Mitspieler Gewinn ohne Verlustrisiko machen. Üblicherweise zahlt daher niemand freiwillig in den Pool ein: Nur so vermeidet man das hohe Verlustrisiko.

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Dieses Experiment wandelten die Max-Planck-Wissenschaftler ab. Sie informierten die Spieler darüber, dass ihr Einsatz nach dem Spiel nicht ausgezahlt werde, sondern verdoppelt und in eine Zeitungsannonce investiert würde. Darin würde das Max-Planck-Institut für Meteorologie die Öffentlichkeit über den Zustand und die erwartete Entwicklung des globalen Klimas informieren und eine Liste einfacher, aber effektiver Regeln geben, wie jeder Mensch die Emission von Kohlendioxid verringern kann.

Die Spieler – insgesamt 156 Hamburger Studentinnen und Studenten – durften abwechselnd anonym oder unter Bekanntgabe ihrer Pseudonyme entscheiden, ob und wie viel sie von ihrem persönlichen Budget für den gemeinsamen Anzeigen-Pool spenden wollten.

Reputationsgewinn und Information entscheidend

Dazwischen fanden immer wieder Runden eines anderen Spiels statt, in dem man von Mitspielern eher etwas bekommt, wenn man eine hohe „Reputation“ hat. Jeder Spieler wird gefragt, ob er einem anderen Spieler Geld geben will. Der Empfänger erhält im positiven Fall das Doppelte des Gebereinsatzes. Vorher wird der Geber und alle anderen Mitspieler informiert, ob und wie viel der Empfänger in jeder nicht-anonymen Klimarunde und in Reputationsrunden eingezahlt hat. So kann sein Einsatz für den Klimaerhalt und sein Belohnungsverhalten belohnt werden. Zudem erhielt jede zweite Gruppe von sechs Spielern wissenschaftliche Informationen über Ursachen und Folgen des Klimawandels.

Das Ergebnis überraschte die Wissenschaftler: Alle Mitspieler spendeten Geld für die Anzeige; die größte Bereitschaft zeigten über den Klimawandel informierte Spieler, wenn sie öffentlich in den Klimapool einzahlen konnten. In den Zweierrunden belohnten Geber bevorzugt solche Empfänger, die zuvor für den Anzeigen-Pool gespendet hatten. Anonym, also ohne Reputationsgewinn, wurde sehr wenig in den Klimapool eingezahlt.

Aus Sicht der Forscher kann es sich also auszahlen, in den Klimaerhalt zu investieren – über den damit verbundenen Reputationsgewinn: „Tue Gutes, wenn andere das auch sehen können“. Aber auch wissenschaftliche Information hat einen signifikanten Effekt auf die Bereitschaft, öffentlich oder anonym in den Klimaerhalt zu investieren.

Die Wissenschaftler raten nun Politikern, sich verstärkt um die Entwicklung von Strategien kümmern, mit denen Investitionen von Mitbürgen in den Klimaerhalt publik gemacht werden können.

(MPG, 01.03.2006 – DLO)

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