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Klima

Klimafolgen: Es kommt geballt

Viele Regionen könnten bald von bis zu sechs Klimafolgen gleichzeitig betroffen sein

Klimafolgen wie Dürren, Hitze oder Sturm treten schon jetzt meist geballt auf - und diese Kumulation wird sich verstärken. © BenGoode/ iStock.com

Kumulierte Bedrohung: Der Klimawandel könnte schwerwiegendere Folgen haben als bisher angenommen. Denn schon jetzt sind viele Regionen von mehreren Klimafolgen auf einmal betroffen, wie nun eine Studie enthüllt. Sie leiden gleichzeitig unter vermehrten Hitzewellen und Dürren, aber auch Stürmen und anderen Extremen. Geht der Klimawandel so weiter, dann müssen bis zum Jahr 2100 vor allem die Küstengebiete mit bis zu sechs Klimafolgen auf einmal kämpfen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten.

Der zunehmende Ausstoß von Treibhausgassen und die globale Erwärmung haben schon jetzt zu messbaren Folgen geführt: Wetterextreme wie Dürren, Hitzewellen, Stürme oder Starkregen nehmen immer weiter zu, der steigende Meeresspiegel gefährdet zusätzlich viele Inseln und flache Küstengebiete. Diese Klimafolgen treffen zwar häufig arme Länder besonders stark und könnten Millionen Menschen zu Klimaflüchtlingen machen, aber auch reiche Länder bleiben nicht verschont.

In der Kombination liegt die Gefahr

Doch die größte Gefahr könnte nicht allein von den einzelnen Klimafolgen ausgehen, sondern von ihrer Ballung, wie eine Metaanalyse von Camilo Mora von der University of Hawaii in Manoa und seinem Team nun enthüllt. „Wenn wir nur die direktesten Bedrohungen durch den KIimawandel berücksichtigen, wie Hitzewellen oder starke Stürme, dann übersehen wir die noch größere Gefahr durch eine Kombination dieser Klimafolgen“, so die Forscher.

Für ihre Studie hatten die Forscher mehr als 3.000 Studien zu Klimafolgen und ihren Auswirkungen auf Mensch, Natur und Wirtschaft ausgewertet. „Wir haben 467 verschiedene Wechselwirkungen gefunden, durch die die Menschheit schon jetzt von Klimafolgen betroffen ist“, berichten die Wissenschaftler. Die Spannbreite reicht von Gesundheitseffekten wie der vermehrten Ausbreitung von Infektionskrankheiten über Nahrungsmittel- und Wasserknappheit bis zu zerstörter Infrastruktur und wirtschaftlichen Verlusten.

Klimafolgen wurden bisher meist einzeln betrachtet, doch sie treten vielerorts gemeinsam auf. Wo udn ij welcher Kombination, haben die Forscher nun untersucht. © Camilo Mora

Hitze, Dürre und dann noch Sturm

Das Ergebnis: „Das Zusammentreffen von verschiedenen Klimarisiken zeichnet sich nicht erst irgendwo am Horizont ab, es ist schon da“, betont Mora. „Schon jetzt machen gleichzeitig auftretende Klimafolgen weltweit Schlagzeilen.“ Ein Beispiel sei Florida in diesem Sommer: Dort gab es eine extreme Dürre kombiniert mit Rekordtemperaturen und mehr als 100 Waldbränden, dann wurde der nördliche Teil des US-Bundesstaats auch noch von „Michael“, dem stärksten jemals dort registrierten Hurrikan getroffen.

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Auch Südostasien erlebt schon jetzt ein Wechselbad von Hitzewellen und Wirbelstürmen, dazu kommen an flachen Küsten vermehrte Überschwemmungen durch den Meeresspiegelanstieg, wie die Auswertung zeigt. „Die Belege dafür, dass der Klimawandel die Menschheit beeinträchtigt, sind zahlreich, klar und nicht mehr zu übersehen“, betont Moras Kollege Daniele Spirandelli. „Die Frage ist: Wie viele Weckrufe benötigen wir noch, bis wir endlich aufwachen?“

Bis zu sechs Klimafolgen gleichzeitig

Aber es kommt noch schlimmer: Bis zum Jahr 2100 könnten sich die Klimafolgen vielerorts so häufen, dass einige Regionen mit bis zu sechs Problemen gleichzeitig kämpfen müssen. „Das wird es für die Menschen noch schwieriger machen, damit klarzukommen und sich anzupassen“, so Mora. Geht der Klimawandel unvermindert weiter, wäre bis 2100 ein Großteil der Weltbevölkerung mindestens drei Klimafolgen gleichzeitig ausgesetzt, wie die Simulationen ergaben.

Kumuliertes Risiko: Die Intensität des Rottons zeigt, wie viele Klimafolgen im Jahr 2100 gleichzeitig an einem Ort auftreten. © Camilo Mora

„Die größte Ballung von Klimafolgen wird für die tropischen Küstengebiete angezeigt“, berichten die Forscher. „Die Küsten Südostasiens, Ost- und Westafrikas sowie die Atlantikküste Süd- und Mittelamerikas werden im Laufe des 21. Jahrhunderts bis zu sechs Effekten gleichzeitig ausgesetzt.“ Gelingt eine Eindämmung des Klimawandels durch effektiven Klimaschutz, wären es immerhin nur drei auf einmal. Wo welche Klimafolgen zusammentreffen, zeigt eine interaktive Karte im Internet.

Gehäufte Effekte auch in Deutschland

Auch Deutschland muss in Zukunft mit einer Ballung von Klimafolgen rechnen: Die deutschen Küsten beispielsweise werden beim business-as-usual-Szenario künftig von drei Klimafolgen stark und von weiteren zwei in Maßen betroffen sein. Dazu gehören der Meeresspiegelanstieg, biologische und chemische Veränderungen der Nord- und Ostsee, aber auch Dürren, Erwärmung und Starkregen. Die Bewohner Süddeutschlands müssen dagegen mit einer Kombination von Dürre, Hitze und Wassermangel rechnen – wenn nichts getan wird.

„Diese Studie liefert eine robuste und quantitative Bestätigung für einen Punkt, den wir nun schon seit einiger Zeit betonen: Das Nichtstun wird uns viel teurer zu stehen kommen als das Handeln für den Klimaschutz“, kommentiert der nicht an der Studie beteiligte Klimaforscher Michael Mann von der Pennsylvania State University. Auch die reichen Länder werden dabei nicht folgenlos davonkommen: Auf sie kommen enorme Kosten für Anpassungen und die Beseitigung von Schäden zu, wie Forscher berichten.

Doch es gibt auch Hoffnung – zumindest ein wenig: „Gleichzeitig bestätigt die Studie: Wenn wir schnell handeln und die CO2-Emissionen dramatisch verringern, können wir zukünftige Schäden und Leiden noch verringern“, sagt Mann. (Nature Climate Change, 2018; doi: 10.1038/s41558-018-0315-6)

(University of Hawaii at Manoa, 20.11.2018 – NPO)

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