Anzeige
Klima

Kanada: Immer mehr Waldbrände durch Klimawandel?

Überschreiten von Schwellenwerten sorgt für drastische Änderungen im Waldbrandregime

Waldbrand. © Andrea Booher/FEMA News Photo

Großen Waldregionen Kanadas steht offenbar ein sprunghafter Wandel bevor. Anhand von Modellen haben Wissenschaftler jetzt gezeigt, dass es bei Waldbränden ebenso wie bei Epidemien Schwellenwerte gibt. Große Gebiete Kanadas bewegen sich offenbar auf diesen Schwellenwert zu und könnten diesen künftig durch den Klimawandel überschreiten.

Die Folge sei, dass sowohl die jährlich abgebrannten Flächen als auch die durchschnittliche Größe der Feuer steigen würde, schreiben die Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der University of Michigan in der Dezember-Ausgabe des Fachblattes „The American Naturalist“. Die Strategien zur Bekämpfung von Waldbränden in weiten Teilen Kanadas sollten daher überdacht werden.

Steigt die Waldbrandgefahr im Nationalpark Yellowstone?

Nach wochenlanger Trockenheit brannten Medienberichten zufolge im Sommer 2009 allein in der westkanadischen Provinz British Columbia etwa 1.000 Hektar Wald- und Buschland ab. 11.000 Menschen mussten damals evakuiert werden. Nehmen derartige Ereignisse als Folge des Klimawandels zu? Diese Frage wird von Ökologen weltweit intensiv diskutiert.

Erst im Juli 2011 hatte ein US-Forscherteam um Anthony Westerling von der University of California im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) ähnliche Veränderungen prognostiziert. Danach könne der Klimawandel dazu führen, dass die Waldbrandgefahr im Nationalpark Yellowstone drastisch ansteige und die Wälder dort noch im 21. Jahrhundert verschwinden könnten.

Brände sind ein entscheidender Faktor in vielen Landökosystemen. Sie sind geprägt durch das Zusammenspiel von Wetter, Vegetation und Landnutzung, was sie empfindlich für den globalen Wandel macht. „Veränderungen im Waldbrandregime haben deutliche Auswirkungen von der lokalen bis zur globalen Skala und damit auch auf das Klima. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, wie die Mechanismen ablaufen, die diese Waldbrände prägen, um Vorhersagen machen zu können, was sich in Zukunft ändern wird“, erklärt Volker Grimm vom UFZ.

Anzeige

Daten des Kanadischen Forstdienstes ausgewertet

Für ihr Modell werteten die Wissenschaftler Daten des Kanadischen Forstdienstes aus, der Feuer ab einer Größe von 200 Hektar zwischen 1959 und 1999 erfasst hatte, und sortierten diese nach Ökoregionen. Dadurch zeigte sich, dass sich drei dieser Ökoregionen Kanadas kurz vor einem Wendepunkt befinden: die Hudson Ebene südlich der Hudson Bucht, die Boreale Ebene im mittleren Westen und der Boreale Schild, der sich vom mittleren Westen bis an die Ostküste erstreckt und damit die größte Ökoregion Kanadas ist. Einem Wendepunkt am nächsten ist offenbar die Boreale Ebene.

Um ihr Modell und die Theorie eines Schwellenwertes für Waldbrände zu überprüfen hatten die Wissenschaftler die Feuer in dieser Region genauer unter die Lupe genommen. Um 1980 verdreifachte sich die durchschnittliche Größe der Feuer in diesem Teil der Provinzen Alberta, Saskatchewan und Manitoba sprunghaft.

Auch bei Wäldern gibt es Schwellenwerte

„Das ist aus unserer Sicht ein Indiz dafür, dass es auch bei Wäldern Schwellenwerte gibt, ab denen sich das Waldbrandregime drastisch ändert“, berichtet Grimm. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Boreale Ebene in den letzten Jahrzehnten vor allem um 1980 einen Wandel zu einem von Waldbränden geprägten System durchlebt hat. Das hat fundamentale Auswirkungen für die Umwelt und für die Waldbrandbekämpfung. Geringe Veränderungen in den Parametern der Feuerausbreitung haben große Auswirkungen auf die Größe der Feuer.“

Allmähliche Veränderungen, wie sie durch den Klimawandel erwartet werden, können daher zu einer abrupten und starken Vergrößerung der Feuer führen, so die Forscher.

Parallelen zur Ausbreitung von Seuchen

Für sie waren auch die Parallelen zur Ausbreitung von Seuchen interessant. Vermeidungsstrategien, die das brennbare Material reduzieren, ähneln in gewisser Weise den Impfungen, die gegen die Ausbreitung von Seuchen wie Masern eingesetzt werden. Auch dort gibt es einen Schwellenwert, ab dem sich eine Seuche ausbreitet und unter dem sie zurückgeht. So konnten andere UFZ-Modellierer diesen theoretischen Schwellenwert in einen Praxiswert übertragen.

Bei Füchsen zeigte sich, dass nur 60 Prozent gegen Tollwut geimpft sein müssen, um die Seuche erfolgreich zu bekämpfen. Die Wissenschaftler erhoffen sich daher weitere Erkenntnisse von künftigen Untersuchungen, die beide Disziplinen umfassen.

(Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, 19.12.2011 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Die Taiga - Vom Naturparadies zum Krisengebiet?

News des Tages

Bücher zum Thema

Botanik - Die umfassende Biologie der Pflanzen von Ulrich Lüttge, Manfred Kluge und Gerhard Thiel

Naturkatastrophen - Wirbelstürme, Beben, Vulkanausbrüche von Karsten Schwanke, Nadja Podbregar, Dieter Lohmann und Harald Frater

Die Erde schlägt zurück - Wie der Klimawandel unser Leben verändert von Eva Goris und Claus-Peter Hutter

Wetter, Klima und Klimawandel - Wissen für eine Welt im Umbruch von Nadja Podbregar, Harald Frater und Karsten Schwanke

Eine unbequeme Wahrheit - von Al Gore, Richard Barth, Thomas Pfeiffer

Wir Wettermacher - von Tim Flannery

Der Klimawandel - von Stefan Rahmstorf und Hans J. Schellnhuber

Top-Clicks der Woche