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Kalifornien: Erdkruste ähnelt einer Crème Brulée

Untere Erdkruste in Südkalifornien ist weicher als bislang angenommen

Mojavewüste
Unter der Mojave-Wüste und dem Rest Südkaliforniens könnte die Erdkruste anders beschaffen sein als bislang angenommen. © Doc Searls/CC-by-sa 2.0

Eher Pudding als feste Kruste: Die Erdkruste unter Südkalifornien ist offenbar weicher als gedacht – sie ähnelt eher einer Crème Brulée als einer durchgehend starren Kruste, wie seismische Analysen enthüllen. Demnach ist die Viskosität der unteren Erdkruste rund fünfmal geringer als zuvor angenommen, die Kruste ist damit kaum fester als der darunter liegende Mantel, wie die Forscher im Fachmagazin „Geology“ berichten.

Kalifornier leben gefährlich, denn ihre Heimat liegt an einer besonders aktiven Plattengrenze. Denn dort liegt die Nahtstelle zwischen der Pazifischen und Nordamerikanischen Erdplatte. Gleich mehrere miteinander verbundene Verwerfungen lösen immer wieder Erdbeben aus, Einige davon, darunter der San-Andreas-Graben oder die Hayward-Verwerfung gelten sogar als überfällig. Einige Seismologen befürchten eine mögliche Ruhe vor dem „Bebensturm„.

Wie ist die Kruste unter Südkalifornien beschaffen?

Ob sich die tektonische Spannung in einem Beben entlädt und wie stark dieses ausfällt, hängt aber davon ab, wie der Untergrund beschaffen ist. Denn ein eher weiches, nachgiebiges Gestein kann den Bewegungen der Erdplatten besser nachgeben als eine harte, spröde Kruste, die erst standhält, dann aber abrupt bricht. Bisher gingen Wissenschaftler für Südkalifornien davon aus, dass dort eine feste, eher starre obere und untere Erdkruste über einem weichen, wenig viskosen Erdmantel liegt.

Doch inzwischen gibt es seismische Beobachtungen, die gegen diesen Aufbau sprechen. Dazu gehören auch Erschütterungen und Untergrundbewegungen, die sich in der Folge zweier Beben in den 1990er Jahren unter der Mojavewüste ereigneten. „Diese postseismischen Ereignisse haben nach den beiden Beben länger gedauert als erwartet“, berichten Shaozhuo Liu von der saudischen King Abdullah Universität und seine Kollegen.

Um zu klären, woran dies liegt, haben sie die seismologischen Daten im Nachklang dieser Ereignisse in Südkalifornien erneut analysiert und mithilfe eines Modells das Deformationsverhalten des Untergrunds rekonstruiert. „Der größte Teil der lithosphärischen Gesteine liegt mehreren Kilometer unter der Erdoberfläche, deshalb können wir nicht direkt beobachten, wie sie reagieren“, erklärt Liu. „Ein rheologisches Modell auf Basis der Beobachtungsdaten ist da die beste Alternative.“

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Struktur wie eine Crème Brulée

Das Ergebnis: Die Erdkruste unter Südkalifornien ist offenbar weniger starr und einheitlich als bislang angenommen. Denn den Analysen zufolge ist die untere Erdkruste in dieser Region kaum fester als der darunterliegende oberer Erdmantel. Ihre Viskosität liegt rund fünfmal niedriger als gedacht und ist demnach eher weich und leicht deformierbar als starr und spröde.

„Unsere Ergebnisse stützen einen Aufbau, der einer Crème Brulée ähnelt“, erklären die Forscher. Dieses Dessert besteht aus einer puddingähnlichen Creme, die von einer dünnen Karamellkruste bedeckt ist. „Die obere Kruste ist sehr stabil, aber die untere Kruste hat über die Zeit gesehen eine größere Verformbarkeit als man zuvor dachte“, sagen Liu und sein Team. Ihrer Ansicht nach könnte dieses Wissen dabei helfen, die Erdbebengefahr für das dicht besiedelte Südkalifornien besser abzuschätzen. (Geology, 2020; doi: 10.1130/G47729.1)

Quelle: KAUST – King Abdullah University of Science and Technology

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