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Biologie

Irische Braunbärin Urahnin der Eisbären

Analyse mitochondrialer DNA enthüllt Kreuzung beider Bärenarten in der Eiszeit

Die Vorfahrin aller heute lebenden Eisbären ist eine Braunbärin, die vor 20.000 bis 50.000 Jahren im Gebiet des heutigen Irland lebte. Das hat die Analyse der mitochondrialen DNA der Bären ergeben. Dieses außerhalb des Zellkerns liegende Genmaterial wird nur über die mütterliche Linie weitervererbt.

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„Schon vorher hatten Forschungen ergeben, dass der Braunbär genetisches Material zur mitochondrialen Linie der Eisbären beigetragen hat. Aber bis jetzt war es unklar, wann die modernen Eisbären ihr mitochondriales Genom in seiner heutigen Form erhalten haben“, sagt Beth Shapiro von der Penn State University, eine der Leiterinnen der Studie. Ihre Auswertungen zeigen, dass die entscheidende Kreuzung zwischen den beiden Bärenarten kurz vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit stattfand. Klimaveränderungen ließen damals die normalerweise getrennten Lebensräume von Braun- und Eisbär überlappen und ermöglichten so den Kontakt.

Ähnliches geschieht auch heute durch den Rückgang des arktischen Meereises im Zuge der globalen Erwärmung. „Erneut bietet dieser Klimawandel Eisbären und Braunbären die Gelegenheit, ihre Habitate zu teilen und zu hybridisieren. Tatsächlich wurden schon mehrere erwachsene Hybridbären in den letzten fünf Jahren beobachtet“, sagt Shapiro in der Fachzeitschrift „Current Biology“.

Getrennte Arten, aber fruchtbare Nachkommen

Eisbären und Braunbären sind zwei getrennte Arten und unterscheiden sich auch in Aussehen und Verhalten deutlich. „Aber trotz dieser Unterschiede wissen wir, dass beide Arten sich in den letzten 100.000 Jahren wahrscheinlich bei mehreren Gelegenheiten miteinander gekreuzt haben“, sagt Shapiro.

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Die Nachkommen dieser zwischenartlichen Paarungen sind – anders als Maultiere oder Maulesel – fruchtbar. Die Variationsbreite ihres Mitochondriengenoms ist jedoch drastisch reduziert, es dominiert bei ihnen nur noch jeweils eine Form jedes Gens. Wann dieses so genannte Fixierungsereignis bei den Eisbären stattfand, haben die Forscher um Shapiro nun bestimmt.

Zwischenartliche Paarungen im Klimachaos der Eiszeit

Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler mitochondriale DNA von 242 Braun- und Eisbären aus unterschiedlichen geografischen Regionen und Zeitaltern. Aus diesen Daten rekonstruierten sie die letzten 120.000 Jahre genetischer Entwicklungsgeschichte. Das Fixierungsereignis – und damit die entscheidende Paarung von Braunbärin und Eisbär – fand demnach vermutlich bereits vor 50.000 Jahren im Gebiet des heutigen Irland statt.

Nach Angaben von Shapiro besiedelten Braunbären und Eisbären während der Eiszeit bereits getrennte Habitate. In Phasen der Klimaerwärmung jedoch seien die Eisbären von den Küsten weiter ins Inland vorgedrungen. In kühleren Zeiten habe die Inlandvereisung die Braunbären näher ans Meer und damit in die Lebensräume der Eisbären gezwungen.

Weitere Studien an der DNA des Zellkerns geplant

Um auch den Einfluss von Umweltveränderungen und Hybridisierungen auf die väterlichen Linien der Eisbären zu erforschen, sollen Studien an der DNA des Zellkerns folgen. „Bisher haben wir unsere Anstrengungen auf die mitochondriale DNA der Eisbären konzentriert, die ja nur die mütterliche Seite des Stammbaums abbildet. Aber es gibt auch vom Kern-Genom viel zu lernen”, sagt die Forscherin.

(Penn State University / Current Biology / dapd, 08.07.2011 – NPO)

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