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Geowissen

Hat der innere Erdkern eine Innenschale?

Seismische Messungen liefern erneut Hinweise auf Unterstrukturen des festen Erdkerns

Erdschichten
Gibt es im inneren, festen Erdkern noch eine abweichend strukturierte Innenzone? © johan63/ iStock.com

Verborgene Unterstruktur: Der innere, feste Erdkern könnte weniger homogen sein als bislang gedacht – und eine Art innersten Innenkern aufweisen. Darauf deuten Abweichungen im Laufverhalten seismischer Wellen hin. Wenn diese den inneren Erdkern parallel zur Rotationsachse passieren, laufen sie schneller als wenn dies senkrecht dazu geschieht, wie Forscher berichten. Das bestätigt frühere Indizien dieser Anomalie und könnte auf eine Unterstruktur hinweisen.

Der innerste Kern unseres Planeten gibt Rätsel auf. Zwar scheint klar, dass der äußere Erdkern aus einer flüssigen, der innere dagegen aus einer festen Eisen-Nickel-Legierung besteht. Doch wann der Innenkern auskristallisierte – ob vor drei Milliarden oder erst vor 500 Millionen Jahren, ist strittig. Auch die Prozesse an der Grenze zwischen äußerem und innerem Kern sind noch nicht vollständig aufgeklärt. So scheint diese Grenze zu wandern und von einer Übergangsschicht aus losem Kristallschnee geprägt zu sein.

Mysteriöse Anomalien

Jetzt erhärtet sich der Verdacht, dass es auch im Inneren des inneren Erdkerns noch unbekannte Strukturen und Prozesse gibt. Erste Hinweise darauf lieferten seismische Messungen schon vor 20 Jahren: Sie zeigten Abweichungen in der Laufzeit der Wellen für einen innersten, rund 600 Kilometer großen Bereich des inneren Erdkerns. Das könnte für eine innere Zone mit sich unterscheidender Kristallstruktur sprechen.

„Die Idee einer weiteren Schicht im Innenkern wurde schon vor Jahrzehnten postuliert, aber die Daten warten nicht eindeutig“, sagt Erstautorin Joanne Stephenson von der Australian National University. Sie und ihr Team haben deshalb alte und neue seismische Messdaten noch einmal überprüft und mithilfe spezieller Algorithmen und geophysikalischer Modellen auf Indizien eines innersten Innenkerns untersucht. „Wir haben einen sehr cleveren Algorithmus genutzt, um tausende von Modellen des inneren Erdkerns zu durchforsten“, so Stephenson.

Innenzone anders ausgerichtet?

Das Ergebnis: Die Auswertung bestätigt eine Anomalie im inneren Erdkern und präzisiert deren Beschaffenheit und Lage. Demnach gibt es im innersten Zentrum unseres Planeten zwar keine universelle Veränderung der Laufzeiten, wohl aber eine richtungsabhängige: Seismische Wellen, die im Winkel von 54 Grad zur Rotationsachse laufen, werden abgebremst, während parallel zur Achse laufende Wellen schneller bleiben.

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„Wir haben damit Anhaltspunkte entdeckt, die auf eine Veränderung in der Struktur des Eisens hindeuten könnten“, sagt Stephenson. Demnach könnten beispielsweise die Eisen-Nickel-Kristalle in dieser innersten Zone des inneren Erdkerns anders ausgerichtet sein als im äußeren Bereich des festen Kerns. „Das ist sehr spannend und könnte bedeuten, dass wir die Lehrbücher umschreiben müssen“, so die Forscherin.

Möglicher Hinweis auf zwei Erstarrungsphasen

Sollte dieser innerste innere Erdkern existieren, könnte dies vielleicht erklären, warum es so schwer ist, das Alter des festen Erdkerns einzugrenzen – die Zeit, in der diese innere Kugel auskristallisierte. Möglicherweise, so mutmaßt Stephenson, spiegelt die abweichende Struktur der innersten Zone eine eigene Phase der Erstarrung wider. „Die Anomalie könnte auf zwei separate Abkühlungsereignisse in der Erdgeschichte hindeuten“, sagt Stephenson.

Noch ist dies allerdings nur eine Hypothese, denn wie diese mögliche Unterstruktur beschaffen ist und warum sie existiert, bleibt vorerst unbekannt. „Die Details dieses großen Ereignisses sind noch immer ziemlich rätselhaft, aber wir haben nun ein weiteres Puzzleteil zu unserem Wissen des inneren Erdkerns hinzugefügt“, konstatiert die Geowissenschaftlerin. (Journal of Geophysical Research: Solid Earth, 2021; doi: 10.1029/2020JB020545)

Quelle: Australian National University

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