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Geowissen

Gut 1.500 Minerale warten noch auf Entdeckung

Mineral-Bestand der Erde könnte sogar einzigartig im Kosmos sein

Rhodochrosit ist ein ziemlich häufiges Karbonatmineral. © Robert Downs

Einzigartiger Reichtum: Forscher schätzen, dass es auf der Erde noch mindestens 1.500 unentdeckte Minerale gibt. Und das, obwohl schon rund 5.000 Mineralvarianten bekannt sind. Aber nicht nur das: Die mineralogische Vielfalt unseres Planeten könnte sogar einzigartig im Universum sein. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass genau dieser Bestand woanders vorkommt, ist verschwindend gering, wie die Wissenschaftler ausrechneten.

Den Mineralreichtum unseres Planeten gab es nicht von Anfang an: Als unser Sonnensystem entstand, kreisten im Staub der Urwolke wahrscheinlich nur rund ein Dutzend verschiedener Minerale. Erst im Laufe der Erdgeschichte sorgten geologische Prozesse wie Vulkanismus und Plattentektonik, aber auch Wechselwirkungen von Wasser und Gestein dafür, dass sich die Elemente zu immer neuen kristallinen Verbindungen kombinierten.

Leben als Schlüsselfaktor

Einen entscheidenden Schub erhielt die Mineral-Vielfalt aber, als das erste Leben entstand. Denn mehr als zwei Drittel der bisher bekannten Minerale der Erde gehen direkt oder indirekt auf biologische Aktivität zurück, wie Robert Hazen von der Carnegie Institution in Washington berichtet. Eine Schlüsselrolle nahm dabei die Fotosynthese der ersten Blaualgen vor rund 2,5 Milliarden Jahren ein. Durch sie wurde die Erdatmosphäre sauerstoffreich. Als Folge konnten Oxide entstehen, die ganz neue Mineraltypen möglich machten.

Ohne Sauerstoff gäbe es diesen Kristall nicht. Denn das Mineral Spinell gehört zu den Metalloxiden. Hier wächst ein blauer Spinell auf Marmor. © Rob Lavinsky/ iRocks.com / CC-by-sa 3.0

Hazen und sein Team haben untersucht, wie Minerale entstehen, wie viele es auf der Erde geben könnte und wie sie sich auf dem Planeten verteilen. Aus diesen statistischen Analysen ermittelten sie, welche Minerale eher häufig vorkommen und schnell entdeckt werden – und welche so selten und unauffällig sind, dass sie der Entdeckung bisher entgangen sind.

Mehr seltene Minerale als häufige

Das Ergebnis: „Minerale folgen der gleichen Häufigkeitsverteilung wie Wörter in einem Buch“, erklärt Hazen. Bestimmte Wörter wie die Artikel oder das Bindewort „und“ kommen sehr häufig vor, andere sind dagegen so speziell, dass sie vielleicht nur einmal im gesamten Buch auftauchen. Doch gerade diese seltenen Wörter sind es, die die sprachliche Vielfalt des Buchs bestimmen.

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„Genauso ist es mit den Mineralen“, sagt Hazen. „Seltene Minerale definieren die mineralogische Vielfalt unseres Planeten.“ Und wie die Forscher ermittelten, sind die meisten der rund 5.000 bekannten Minerale der Erde selten: Sie kommen weltweit nur an wenigen, eng begrenzten Orten vor. 22 Prozent von ihnen findet man höchstwahrscheinlich sogar nur an einer einzigen Stelle auf unserem Planeten.

Extrem selten ist das Mineral Hazenit: Es wurde bisher nur an einem Ort entdeckt, am Mono Lake in Kalifornien. © Hexiong Yang

Gut 1.500 sind noch unentdeckt

Es ist daher kein Wunder, dass auch heute immer wieder neue Minerale entdeckt werden. So stießen Forscher Anfang 2015 im Westen Anatoliens auf ein zuvor unbekanntes Borat-Sulfat-Salz. 2014 entdeckten Bergarbeiter am Ufer eines Sees in Westaustralien sogar einen völlig neuen Mineraltyp. Die chemische Zusammensetzung und Kristallstruktur dieses Putnisits ähnelt keiner der bekannten Mineralgruppen.

Doch das ist offenbar nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs: Hazen und seine Kollegen errechneten, dass es noch weitere 1.563 Minerale auf der Erde gibt, die man bisher noch nicht kennt. So könnten fast 35 Prozent aller Natriumminerale bisher noch unentdeckt sein, weil mehr als die Hälfte von ihnen unauffällig weiß, wenig kristallisiert oder wasserlöslich ist. Im Gegensatz dazu wurden von den existierenden Kupfer- oder Magnesiumverbindungen vermutlich weniger als 20 Prozent bisher noch nicht gefunden.

„Einzigartig im Kosmos“

Im Rahmen ihrer Studie ermittelten die Forscher auch, wie wahrscheinlich es ist, dass ein anderer Himmelskörper die gleiche Mineralzusammensetzung wie die Erde besitzt. Dafür entwickelten sie eine Art Evolutionsmodell für solche kristallinen Verbindungen. Und noch etwas testeten sie: Wäre der Mineralbestand der Erde der gleiche, wenn man die Uhr zurückdrehen und die Erdgeschichte noch einmal von vorn ablaufen lassen würde?

Das verblüffende Ergebnis: Unser heutiger Mineralbestand ist ziemlich einzigartig. „Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Mineralogie der Erde irgendwo im Kosmos duplizieren lässt, liegt bei weniger als zehn hoch minus 322“, berichten die Forscher. Zwar gibt es hunderte von Mineralen, die auch auf anderen Planeten vorkommen. „Aber die Mineralogie der Erde ist einzigartig im Kosmos.“ (Earth and Planetary Science Letters, 2015; doi: 10.1016/j.epsl.2015.06.028)

(Carnegie Institution, 31.08.2015 – NPO)

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