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Geowissen

Gischt beschleunigt Hurrikans

Aufgeschleuderte Wassertröpfchen dämpfen Turbulenzen und damit Reibung

Die zerstörerischen Winde des Hurrikans Emily, der letzte Woche die Karibik überzog, verdanken ihre Gewalt einem auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich anmutenden „Übeltäter“ – der Gischt des Meeres. Doch eine neue Studie amerikanischer und russischer Mathematiker belegt nun, dass die winzigen Tröpfchen wie ein Schmiermittel für die Winde wirken.

Die beschleunigenden Effekte der Gischt sind es erst, so errechneten die Wissenschaftler, die den Hurrikans und Zyklonen zu ihren hohen Windgeschwindigkeiten von bis zu 330 Kilometern pro Stunde verhelfen. Ohne sie würden die Wirbelstürme kaum 40 Kilometer pro Stunde erreichen.

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„Das ist kein geringer Effekt“, erklärt Alexandre Chorin, Professor für Mathematik an der Universität von Kalifornien in Berkeley, der die Hurrikan-Gischt-Verbindung gemeinsam mit seinem Kollegen Grigory I. Barenblatt und V. M. Prostokishin vom Shirshov Ozeanologie-Institut in Moskau untersucht hat. Während der letzten drei Jahrzehnte hatten die drei Mathematiker Gleichungen entwickelt, die die Turbulenz in Flüssigkeiten beschreiben. Diese Gleichungen haben die Forscher jetzt auf die winzigen, vom Wind aufgewirbelten Wassertröpfchen angewendet.

Turbulenz reduziert

Die Ergebnisse zeigen, dass die bei rauer See hoch geschleuderten Tropfen die Turbulenzen der Luft über der Meeresoberfläche dämpfen. Diese Turbulenzen erzeugen normalerweise Reibung und wirken damit wie eine Bremse auf den Wind. Wenn die rund 20 Mikrometer kleinen Gischttropfen wieder zurück Richtung Wasser fallen, „kämmen sie dabei die Verwirbelungen aus der Luft wie eine Bürste zerzaustes Haar glättet“, so Chorin. Dadurch sinkt die Reibung um das Tausendfache und die Windgeschwindigkeiten können um das bis zu Achtfache ansteigen.

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Öl auf die Wogen

Je kleiner dabei die Wassertopfen sind, desto geringer ist ihre Turbulenz-hemmende Wirkung. „Wenn man ein Mittel hätte, um die Tropfengröße zu reduzieren, dann könnte man einen Hurrikan stoppen“, erklärt der Wissenschaftler. „Das ist nicht so weit hergeholt, wie es zunächst klingt. Früher führten die alten Seefahrer immer Öl mit sich, das sie auf die Wellen schütteten, um die Stürme zu besänftigen. Und das ist gar nicht so falsch.“

„Wir glauben, dass das Öl im Prinzip die Bildung von Gischttröpfchen verhinderte. Die Turbulenz wurde wieder stark, nachdem das Öl ausgeschüttet wurde; die Reibung stieg wieder an und die Intensität des Wellengangs wurde reduziert. Möglicherweise könnten so auch Hurrikans verhindert oder zumindest abgeschwächt werden, indem Flugzeuge schnell abbaubare unschädliche Tenside an den richtigen Stellen auf die Meeresoberfläche schütten“, so die Gedankenspiele der Mathematiker.

(University of California – Berkeley, 27.07.2005 – NPO)

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