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Paläontologie

Giftblume im Bernstein

Forscher entdecken erstes komplettes Fossil einer Asteriden-Blüte

Blüte der im Bernstein konservierten Art Strychnos electri © George Poinar

Zart, aber giftig: Forscher haben die erste intakte Blüte einer fossilen Gift-Blume entdeckt. Das rund 20 Millionen Jahre alte Fossil ist in einem Stück Bernstein aus der Dominikanischen Republik eingeschlossen. Wie die Biologen im Fachmagazin „Nature Plants“ berichten, gehört die Blüte einer bisher unbekannten Vertreterin der Gattung der Brechnüsse an – einer Pflanzengruppe, aus der so bekannte Gifte wie Strychnin und Curare gewonnen werden.

Bernstein ist dafür bekannt, Organismen aus vergangenen Zeiten zu konservieren. In dem erhärteten Baumharz haben Forscher bereits Stechmücken mit Blut im Bauch, eine auf einer Ameise sitzende Milbe oder eine Spinne beim Angriff entdeckt. Auch Pflanzenteile, wie beispielsweise die Fangorgane einer fleischfressenden Pflanze, wurden schon gefunden.

Intakte Pflanzen oder Blüten sind allerdings weitaus seltener erhalten. Seltsamerweise fehlen ausgerechnet von der artenreichsten Pflanzengruppe, den Asteriden, bisher gut erhaltene Bernstein-Fossilien. Zu dieser rund 80.000 Arten umfassenden Gruppe gehören so unterschiedliche Blütenpflanzen wie die Tomate, Sonnenblumen, der Tabak, die Minze oder der Kaffeestrauch.

Erste intakte Asteriden-Blüten

Doch in einigen Bernsteinklumpen aus der Dominikanischen Republik haben George Poinar von der Oregon State University und seine Kollegin Lena Struwe von der Rutgers University nun einen besonderen Fund gemacht. In den zwischen 20 und 30 Millionen Jahre alten Brocken entdeckten sie gleich zwei völlig intakte Blüten von Asteriden. „Diese Blumen sahen aus, als wären sie gerade erst vom Baum gefallen“, sagt Poinar.

Die Blüte von Strychnos electri im Ganzen gesehen. Sie ist weniger als zwei Zentimeter lang. © George Poinar

Die beiden nur jeweils knapp einen Zentimeter großen Blüten besitzen einen trompetenartigen Kelch und fünf teilweise miteinander verwachsene Blütenblätter. Sie stellen die ersten in einem Stück Neuwelt-Bernstein entdeckten fossilen Vertreter der Asteriden dar. „Diese Fossilien belegen, dass die Asteriden, die uns heute alle Arten von Nahrung und andere Produkte liefern, schon vor Millionen von Jahren existierten“, so Poinar.

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Hochgiftige Verwandtschaft

Aber nicht nur das: Die zarten, einst in einem tropischen Dschungel wachsenden Blüten hatten es wahrscheinlich auch in sich. Denn nähere Untersuchungen enthüllten, dass die Blüten zur Gattung der Brechmüsse (Strychnos) gehören – und damit einer berüchtigten Gruppe von Giftpflanzen. „Strychnos-Arten sind nahezu alle giftig“, erklärt Poinar. „Jede Art enthält dabei ein ganz eigenes Alkaloid mit jeweils unterschiedlicher Wirkung.“

So wird das tödliche Gift Strychnin aus der Brechnuss Strychnos nux-vomica gewonnen, in Südamerika stammt das Pfeilgift Curare aus einer weiteren Strychnos-Art. „Wahrscheinlich haben diese Pflanzen die Gifte entwickelt, um sich vor Pflanzenfressern zu schützen“, sagt Pflanzenkundler Poinar. Seiner Ansicht nach liegt es nahe, dass auch die fossilen Blüten der neuendeckten Strychnos-Art giftig waren.

Die Forscher habe die neue Art Strychnos electri getauft, nach dem griechischen Wort für Bernstein „Elektron“. „Die Entdeckung dieser Art in einer schon vor 30 Jahren angelegten Bernstein-Sammlung unterstreicht, dass noch immer viele Arten versteckt in den vielen naturkundlichen Sammlungen der Welt auf ihre Entdeckung warten“, so Struwe. (Nature, Plants, 2016; doi: 10.1038/nplants.2016.5)

(Oregon State University, 16.02.2016 – NPO)

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