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Erdgeschichte

Frühe Erde war ein Super-Treibhaus

Extrem hohe Kohlendioxidwerte sorgten für Wärme trotz schwacher Sonne

Treibhaus Erde
Die Atmosphäre der frühen Erde enthielt möglicherweise weit mehr CO2 als bislang angenommen. © 3Dsculptor

Primordialer Treibhauseffekt: Warum war die frühe Erde trotz der noch schwachen Sonne tropisch-warm? Eine Lösung für dieses Paradox könnten nun deutsche Forscher gefunden haben. Demnach enthielt die Atmosphäre der Urerde weit mehr Kohlendioxid als gedacht – allein dieses Gas hatte einen Druck von einem bar. Dies verursachte einen Super-Treibhauseffekt, der die junge Erde aufheizte. Erst als die Plattentektonik einsetzte und Landmassen sich hoben, endete diese Hitzephase unseres Planeten.

In der Frühzeit unseres Planeten war das Sonnensystem deutlich kühler als heute, denn die junge Sonne strahlte damals nur mit 70 bis 80 Prozent ihrer heutigen Stärke. Trotzdem muss die Erde vor drei bis vier Milliarden Jahren schon ziemlich warm gewesen sein, denn Gletschereis gab es damals fast gar nicht, wie Isotopenmessungen nahelegen. Doch woher nahm die Urerde diese zusätzliche Hitze?

Klar scheint: Die aus der Entstehungszeit des Planeten übrig gebliebene innere Hitze reichte nicht aus, um ihm ein tropisch-warmes Klima zu verleihen. Stattdessen bildete wahrscheinlich der natürliche Treibhauseffekt von Kohlendioxid, Methan oder anderen atmosphärischen Gasen die Heizung der jungen Erde. Allerdings muss er dafür weit stärker gewesen sein als heute.

Rätselhafte Unstimmigkeiten

Das weckt die Frage, welches Treibhausgas für einen so starken, frühen Wärmeschub unseres Planeten verantwortlich war. Lange galt Methan dafür als Hauptakteur, denn es entfaltet immerhin eine mehr als 30-fach stärkere Treibhauswirkung als CO2. Inzwischen jedoch mehren sich die Hinweise darauf, dass es auf der Urerde viel weniger Methan gab als bisher gedacht – wahrscheinlich war es kaum mehr als heute.

Merkwürdig auch: Isotopenmessungen von Meeressedimenten aus der irdischen Frühzeit legen sogar extrem hohe Meerestemperaturen nahe. Dem Verhältnis der Sauerstoffisotope 18O und 16O nach müssten die Urozeane bis zu 70 Grad warm gewesen sein – eine Temperatur, die angesichts der schwachen Sonneneinstrahlung kaum realistisch erscheint.

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Wie sah die Uratmosphäre aus?

Eine Lösung für dieses Paradox könnten nun Daniel Herwartz von der Universität zu Köln und seine Kollegen gefunden haben. Ausgangspunkt für ihre Studie lieferte die Beobachtung, dass es vor rund 3,2 Milliarden Jahren eine Phase gab, in der besonders viel CO2 in Gesteinen gebunden wurde. „Die Menge an CO2, die damals in ozeanischer Kruste aus dem australischen Pilbara gespeichert wurde, lag bei rund zwölf Millionen Mol pro Quadratmeter – das ist rund 100-fach mehr als heute“, so die Forscher.

Damit aber so viel Kohlendioxid im Gestein gebunden werden konnte, müssen Meere und Atmosphäre auch entsprechend viel CO2 enthalten haben. Wie viel dies gewesen sein könnte und wie dies die Temperaturen auf der jungen Erde beeinflusst hätte, hat das Team nun mithilfe eines geophysikalischen Modells rekonstruiert.

Super-Treibhaus durch ein bar Kohlendioxid

Das überraschende Ergebnis: Der CO2-Gasdruck auf der jungen Erde war offenbar viel höher als bisher angenommen. Dem Modell zufolge könnte er  bei rund einem bar gelegen haben. Allein das CO2 erreichte in der Uratmosphäre demnach einen so hohen Druck wie alle Gase der heutigen Atmosphäre zusammen. „Heute ist CO2 nur ein Spurengas in der Atmosphäre. Verglichen damit klingt ein bar CO2 nach absurd viel“, erklärt Koautor Andreas Pack von der Universität Göttingen. „Wenn wir aber unseren Schwesterplanet Venus mit etwa 90 bar CO2 anschauen, relativiert sich das.“

Das aber bedeutet, dass der Treibhauseffekt der jungen Erde statt vom Methan wahrscheinlich primär von den hohen CO2-Werten verursacht wurde. Die hohe Konzentration des Kohlendioxids sorgte für eine Art Super-Treibhauseffekt, der das schwächere Sonnenlicht ausglich. „Unsere Studie stützt damit die Annahme, dass CO2 und nicht Methan die geringere Strahlungsintensität der schwache jungen Sonne ausglich“, schreiben die Forscher.

Wasserwelt und fehlende Plattentektonik als Auslöser

Ursache des hohen CO2-Gehalts waren dabei vor allem vulkanische Ausgasungen aus dem Magma, das vor der Bildung der Urozeane die gesamte Erde bedeckte. Doch als dann die Meere entstanden, ragte kaum mehr Land auf dem Wasser empor – die Erde wurde zum Wasserplaneten. Das hatte Folgen auch für den Kohlenstoffkreislauf: Es fanden nur noch wenige Prozesse statt, die das Kohlendioxid in Gestein oder organischen Molekülen banden und es so der Atmosphäre entzogen.

„Dies erklärt den aus heutiger Sicht enormen CO2-Gehalt der jungen Erde“, sagt Thorsten Nagel von der Universität Aarhus. „Erst vor grob drei Milliarden Jahren haben die Plattentektonik und die Entwicklung von Landmassen, in denen Kohlenstoff über lange Zeit gespeichert werden konnte, an Fahrt aufgenommen.“ Ab dieser Zeit kam es zu einer schnelleren Silikatverwitterung, die CO2 in Kalkstein umwandelte. An Subduktionszonen versanken zudem große Mengen an kohlenstoffhaltigen Sedimenten im Erdmantel.

„Alles deutet darauf hin, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre nach dem Beginn der Plattentektonik schnell zurückgegangen ist“, sagt Herwartz. Dieser große Wandel veränderte demnach nicht nur das Gesicht unseres Planeten, er beendete auch die Phase des intensiven Treibhauseffekts auf der jungen Erde.

„Sauerstoffthermometer“ war falsch geeicht

Interessant auch: Wenn es auf der Urerde wirklich so viel CO2 in der Luft gab, dann muss dies die Meereschemie entscheidend beeinflusst haben – und damit auch das Verhältnis der Sauerstoffisotope im Wasser und Sediment. Das aber könnte bedeuten, dass die bisherige Schätzung der frühen Meerestemperaturen viel zu hoch gegriffen war, weil sie von ähnlichen 18O-Eintragungen ausging wie heute.

„Hohe CO2-Gehalte würden somit gleichzeitig zwei Phänomene erklären: zum einen das warme Klima auf der Erde und zum anderen, warum die oft herangezogenen Geothermometer scheinbar heißes Meerwasser anzeigen“, sagt Herwartz. „Berücksichtigt man das andere Sauerstoff-Verhältnis des Meerwassers, ergibt sich eher eine Wassertemperatur von 40 Grad.“

Zwar schließen die Forscher nicht aus, dass es auf der Urerde auch einiges an Methan in der Atmosphäre gab. Das allein würde aber nicht erklären, warum das Sauerstoff-Geothermometer zu hohe Temperaturen liefert. „Beide Phänomene lassen sich nur mit sehr viel CO2 erklären“, so Herwartz. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2021; doi: 10.1073/pnas.2023617118)

Quelle: Universität zu Köln

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