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GeoUnion

Fossilien zum Leben erwecken

Präparatoren des „Dinoraeum“ im Interview

Herbert Voss bei den Feinarbeiten am Stygimoloch spinifer © Herbert Voss

Egal ob urzeitlicher Stachelhai, imposanter Ichthyosaurier oder winzige Ammoniten – die Präparation von Fossilien erfordert viel Geduld und Fingerspitzengefühl. Im Atelier „Dinoraeum“ werden jedoch nicht nur Fossilien bearbeitet, sondern auch lebensechte Rekonstruktionen von Dinosauriern angefertigt. In einem Interview berichtet der Präparator Herbert Voß über seine Arbeit.

GeoUnion:

Welche urzeitlichen Tiere präparieren Sie in ihrer Werkstatt „Dinoraeum“ – ausschließlich Dinosaurier?

Voss:

Natürlich nicht, Dinosaurier stellen ja nur einen geringen Teil der überlieferten Fossilienfunde dar. Darüber hinaus ist die Bandbreite der Präparation sehr umfangreich. Denn neben fossilen Dinosaurierfunden arbeiten wir auch an Überresten aller nur erdenklichen fossil überlieferten Lebensformen. Aber auch ihre Hinterlassenschaften können für uns zur Aufgabe werden, wie zum Beispiel Fährten, Grabgänge, Koprolithe oder sogar Nester mit Embryonen.

Zurzeit arbeiten wir im Atelier an einem für europäische Verhältnisse besonders großen Ichthyosaurier aus der Zeit des Jura vor über 140 Millionen Jahren. Dieser gehört als Fischsaurier zu den schwimmenden Echsen und hat daher nichts mit den landlebenden Dinosauriern zu tun. Zeitgleich präparieren wir an einem besonders schönen Fund eines Einhornhais namens Orthacanthus aus der Zeit des Perm. Neben kleineren Auftragsarbeiten von privaten Fossiliensammlern fertigen wir zudem lebensechte Modelle nach exakten Angaben fossiler Funde an, wie derzeit die Büste eines 1998 im Wiehengebirge entdeckten Raubdinosauriers.

GeoUnion:

Was ist das Schwierige bei der Arbeit mit Fossilien?

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Voss:

Die Zeit ist schlicht das größte Problem, denn um ein Fossil nach Millionen von Jahren der Einbettung wirklich qualitativ hochwertig und perfekt von der Matrix heraus zu arbeiten, bedarf es der Beachtung einiger wichtiger Faktoren. Erstens der Einbettungszustand, also ist das Skelett noch zusammenhängend oder ist es weit verteilt? Zweitens die innerliche Festigkeit des Einbettungsgesteins und des Fossils sowie drittens der Verschmelzungsgrad mit dem Einbettungsgestein. Hier lässt sich die Präparation eines fossilen Fundes leider kaum mehr an einem Stundenlohn messen.

Arbeiten am Schädel eines Einhornhais aus der Zeit des Perm, Gesamtlänge des Hai circa 2,20 Meter © Herbert Voss

Neben hauptberuflichen Präparatoren wie in unserem Dinoraeum bieten auch einige private Fossiliensammler die Bearbeitung fossiler Funde an. Doch da sie ihre Arbeit nur neben ihrem eigentlichen beruflichen Alltag leisten können, besteht auch hier oft Zeitdruck. Darunter leidet natürlich die Qualität und viele wissenschaftlich interessante Objekte werden schlichtweg falsch bearbeitet und letztendlich zerstört. Damit unsere hochwertige aber leider sehr zeitaufwändige Arbeit bezahlbar bleibt, hoffen wir daher stets auf die Unterstützung durch Unternehmen, Museen, Vereinen und Privatpersonen. Im Gegenzug bieten wir den Sponsoren dafür die namentliche Erwähnung in den Ausstellungsräumlichkeiten und Werbefläche auf unserem Internetauftritt sowie im Atelier an.

GeoUnion:

Eine Präparation erfordert viel Geduld und dauert zumeist mehrere Monate – was sind für Sie dabei die spannendsten Momente?

Voss:

Ganz klar, dass wir zu den ersten gehören, die ein längst ausgestorbenes Lebewesen wieder nach Jahrmillionen an das Tageslicht holen. Und das wir dafür verantwortlich sind, dass jeder dieses Lebewesen als Modell oder im Diorama so zu sehen bekommt, wie es zu seiner Lebzeit wahrscheinlich ausgesehen haben könnte.

GeoUnion:

Auf welche ihrer Fossilien oder Rekonstruktionen sind Sie besonders stolz?

Voss:

Das ist für mich eine äußert schwierige Frage, da natürlich alle Funde und Rekonstruktionen echte Einzelstücke und somit etwas Besonderes sind. Doch die Grabungsbeteiligung am „Dinosaurier-Friedhof“ im sauerländischen Balve oder der Fund des ersten Drei-Zeher-Trittsiegel eines Dinosauriers im Wiehengebirge waren echte Highlights. Hinzu kommt meine eigene Saurierfährtensammlung, die zum Teil sogar Funde von Hautstrukturen und Kralleneindrücken umfasst. Neben diesen Fossilienfunden bin ich besonders stolz auf die Rekonstruktion des 1998 im Wiehengebirge entdeckten Raubdinosauriers für die weitere wissenschaftliche Bearbeitung. Diese umfasst eine Montage der Schädelteilfunde zur Wiedergabe ihrer ursprünglichen Position und eine Zeichnung der nicht vorhandenen Schädelteile.

GeoUnion:

Gibt es ein Schlüsselerlebnis, das Sie dazu bewogen hat, Präparator zu werden?

Das Präparatoren-Team (von links nach rechts): Daniela Rachul, Herbert Voss, Aranja Brix © Dinoraeum

Voss:

Fossilien zu erkennen war schon früh kein Problem für mich. Bereits im Alter von circa acht Jahren war mir klar, dass ich gerne einmal ganz nah an den echten Funden der Saurier arbeiten möchte. Später erfuhr ich dann vom Beruf des Geo-Präparatoren. Doch die beruflichen Aussichten waren mir für solch eine Ausbildung damals nicht gut genug. So wurde ich zunächst Industriemöbelschreiner mit einem dauerhaften Blick auf die Fossilienwelt. Doch spätere Schicksalsschläge ließen mich immer stärker nach diesem Kindheitstraum streben. Dass ich aber nun das bin, was ich schon immer gerne sein wollte, verdanke ich wohl auch sehr vielen guten Freunden zu denen ich noch immer einen guten Kontakt pflege.

GeoUnion:

Haben Sie einen Tipp für den beruflichen Nachwuchs?

Voss:

Wer Präparator werden will, der sollte sich vor allem schon früh für einen Schwerpunkt (wie Biologie, Geologie oder Medizin) entscheiden und sich in diesem dann besonders engagieren. Schließlich werden an der weltweit einzigen Präparatorenschule in Bochum nur circa zehn Schülerinnen und Schüler je Bildungsgang genommen. Je höher das Eigeninteresse, desto höher die Aufnahmechancen. Ein Realschulabschluss ist Grundvoraussetzung für die Aufnahme.

Links:

Dinoraeum – Geowissenschaftliches PräparationsAtelier

Verband deutscher Präparatoren (VDP)

Fachforum für Geo-Präparationstechnische Fragen

(Herbert Voß – Dinoraeum, Regensburg, 10.04.2007 – AHE)

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