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Paläontologie

Forscher ermitteln die Halbwertszeit der DNA

Ergebnisse zeigen wie lange Erbgut in fossilen Knochen überdauern kann

Unser Erbgut hat eine Halbwertszeit: Nach dem Tod eines Lebewesens zerfällt seine DNA in einem konstanten, berechenbaren Tempo. Das hat ein internationales Forscherteam bei der Untersuchung von fossilen Vogelknochen herausgefunden. In diesen war nach 521 Jahren die Hälfte der Mitochondrien-DNA durch Abbauprozesse zerstört. Dies entspreche einer konstanten Zerfallsrate von 5,5 DNA-Brüchen pro einer Million Molekülen pro Jahr, berichten die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“. „Unsere Ergebnisse belegen erstmals, dass DNA in fossilen Knochen in einer im Laufe der Zeit nahezu unveränderten Rate zerfällt“, schreiben Morten Allentoft von der Murdoch University im australischen Perth und seine Kollegen.

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Fund intakter DNA aus der Kreidezeit eher unwahrscheinlich

Für die Paläontologie sei dies eine wichtige Information, sagen die Forscher. Denn anhand dieser Zerfallsrate könne man nun vorhersagen, ob sich in einem Fossilfund noch intaktes Erbgut finde. „Unsere Halbwertszeit-Berechnungen zeigen beispielsweise, dass es extrem unwahrscheinlich ist, aus 80 bis 85 Millionen Jahre alten Knochen noch intakte DNA-Fragmente isolieren zu können“, sagen die Forscher. 1994 hatte ein Forscherteam in einer Veröffentlichung allerdings genau dies behauptet. Angesichts der neuen Erkenntnisse spreche aber alles dafür, dass es sich bei der vermeintlich fossilen DNA um eine Verunreinigung der Proben gehandelt habe, konstatieren die Forscher. Für durchaus möglich halten sie es aber, dass urzeitliches Erbgut mehrere hunderttausend bis sogar eine Million Jahre überdauern könnte.

Wie die Forscher betonen, ändert sich die Halbwertszeit der DNA je nach Temperatur und Umgebungsfaktoren: Bei minus fünf Grad beispielsweise betrage die Halbwertszeit für kleine DNA-Stücke im Knochen 158.000 Jahre, bei höheren Temperaturen sei sie kürzer. Entscheidend sei aber die Erkenntnis, dass der biologisch bedingte DNA-Abbau in einem über Jahrtausende im Boden begrabenen Fossil grundsätzlich einer berechenbaren Kurve folge.

Knochen eines ausgestorbenen Vogels als Testobjekte

Für ihre Studie hatten die Forscher 158 Beinknochen des Moa, eines ursprünglich in Neuseeland heimischen, aber inzwischen ausgestorbenen Vogels untersucht. Die Knochen waren zwischen 602 und 7.839 Jahre alt. Alle Fossilien waren auf der neuseeländischen Südinsel nur fünf Kilometer voneinander entfernt und im gleichen Gesteinstyp gefunden worden. Dadurch seien alle Knochen den gleichen chemisch-physikalischen Bedingungen ausgesetzt gewesen und etwa bei 13 Grad konserviert worden, berichten die Forscher. Aus den Knochen isolierten sie das Erbgut und verglichen, wie gut ein 242 Basenpaare langes Fragment der Mitochondrien-DNA (mtDNA) in den verschiedenen Proben erhalten war.

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„Als wir die DNA-Gehalte mit dem Alter der Knochen in Beziehung setzten, ergab sich eine exponentiell abfallende Kurve“, schreiben Allentoft und seine Kollegen. Aus dieser lasse sich für die Fossilfundstellen eine mtDNA-Zerfallsrate von 5,5 Zerfällen pro einer Million Molekülen pro Jahr berechnen. Die DNA aus dem Zellkern zerfiel dagegen in einem zusätzlichen Test zwei bis zweieinhalb Mal schneller. Die längere Haltbarkeit der mitochondrialen DNA könnte nach Ansicht der Forscher damit zusammenhängen, dass dieses Erbgut als kleiner Ring vorliegt und dadurch stabiler ist als die losen Stränge der Kern-DNA. (doi:10.1098/rspb.2012.1745)

(Proceedings of the Royal Society B, 10.10.2012 – NPO)

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