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Geowissen

Forscher entdecken ein neues Mineral

In Mondmeteorit entdecktes Mineral Donwilhelmsit kommt auch im tiefen Erdmantel vor

Donwilhelmsit
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des neuen Minerals Donwilhelmsit. Die winzigen Mineralnadeln wurden im Mondmeteoriten Oued Awlitis 001 entdeckt. © Museum für Naturkunde Berlin/ Ansgar Greshake

Vom Himmel gefallen: Wissenschaftler haben ein neues Mineral entdeckt – in einem vom Mond stammenden Meteoriten. Die „Donwilhelmsit“ getaufte Variante eines Calcium-Aluminium-Silikats verriet sich durch winzige Kristallnadeln im Meteoritenmaterial. Auf der Erde kommt dieses durch Schmelzprozesse und hohen Druck entstandene Mineral in Krustenteilen vor, die an Plattengrenzen tief in den Erdmantel hinabgedrückt wurden, wie die Forscher berichten.

Mehr als 5.200 Minerale wurden bisher offiziell entdeckt, einige davon sind so selten, dass sie nur an einem einzigen Ort auf der Erde vorkommen. Doch Forscher schätzen, dass noch mindestens 1.500 weitere Minerale auf ihre Entdeckung warten. Unter ihnen sind einige erst durch menschliche Aktivitäten entstandene Kristallvarianten, aber auch exotische Minerale des Erdinneren oder sogar außerirdischen Ursprungs.

Per Zufall in der Wüste entdeckt

Ein neues außerirdisches Mineral, das auch auf der Erde vorkommt, haben nun Forscher um Jörg Fritz vom Zentrum für Rieskrater- und Impaktforschung in Nördlingen entdeckt – in einem Mondmeteoriten. Der Meteorit Oued Awlitis 001 wurde im Jahr 2014 zufällig von Einheimischen in der Westsahara gefunden und wegen seiner glänzenden Kruste mitgenommen. Geologen stellten dann fest, dass dieser gut 380 Gramm wiegende Brocken einst bei einem Asteroideneinschlag vom Mond ins All geschleudert und dann bis zur Erde gelangt war.

Trotz seiner lunaren Herkunft ähnelt der Meteorit in seiner Zusammensetzung der irdischen kontinentalen Kruste. Sein Inneres wurde jedoch beim Herausschleudern hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt. Das führte zu einem schockartigen Aufschmelzen mikroskopisch kleiner Gesteinsbereiche, die Schmelzadern und Schmelztaschen im Inneren des Meteoriten bildeten.

„Ein überwältigendes Gefühl“

In diesen Schmelzschockzonen entdeckten Fritz und sein Team winzige, nur wenige Mikrometer große Nadeln aus einem zuvor unbekannten Mineral. Analysen mittels 3D-Elektronenstreuung enthüllten, dass es sich um ein Calcium-Aluminium-Silikat (CaAl4Si2O11) mit hexagonaler Kristallstruktur handelt. Diese gleicht der Struktur von Materialien ähnlicher Zusammensetzung, die in Hochdruckexperimenten extrem komprimiert wurden.

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„Seit 25 Jahren arbeite ich täglich an Meteoriten, aber plötzlich als erster ein neues Mineral aus dem Weltall zu entdecken und dann zu erforschen, ist ein überwältigendes Gefühl“, sagt Koautor Ansgar Greshake vom Museum für Naturkunde Berlin. Die Forscher tauften ihre Entdeckung Donwilhelmsit – zu Ehren des an der Apollo-Missionsplanung beteiligten US-Mondgeologen Don E. Wilhelms.

Donwilhelmsit
Elektronenbeugungsbild und Modell der Kristallstruktur von Donwilhelmsit. © Tschechische Akademie der Wissenschaften/ Mariana Klementova

Entsteht auch beim Recycling von Krustensediment

Der Fund dieses Minerals ist für die Erforschung der Entstehungsgeschichte des Mondes und die im Erdinneren ablaufenden Prozesse von großer Bedeutung, wie die Wissenschaftler erklären. Auf dem Mond kann dieses Mineral entstehen, wenn die primordiale, feldspathaltige Kruste bei Einschlägen abrupt komprimiert und erhitzt wird. Dies war auch beim Mondmeteoriten Oued Awlitis 001 der Fall.

Aber das neuentdeckte Donwilhelmsit kommt auch auf der Erde vor – in den Tiefen des Erdmantels: „Donwilhelmsit bildet sich im Erdmantel beim tiefen Recycling von aluminiumhaltigen Krustenmaterialien“, erklären Fritz und sein Team. „Wahrscheinlich ist es in einem Großteil der Übergangszone von oberen zum unteren Erdmantel und im oberen Teil des tiefen Erdmantels der Hauptträger von Aluminium und Calcium aus subduzierten Sedimenten.“

Im terrestrischen Gesteinskreislauf ist Donwilhelmsit daher ein wichtiger Anzeiger für den Transport von Krustensedimenten in Tiefen von 460 bis 700 Kilometer. „Wird das Donwilhelmsit dann über Mantelplumes wieder nach oben transportiert, zerfällt es etwa in 460 Kilometer Tiefe in andere Minerale wie Granat, Kyanit oder Clinopyroxen“, schreiben die Forscher. (American Mineralogist, 2020; doi: 10.2138/am-2020-7393)

Quelle: Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung

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