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Geowissen

Fester Erdkern ist erst 1,3 Milliarden Jahren alt

Eisenkugel im Zentrum unseres Planeten erstarrte später als gedacht

Wann der innere Erdkern erstarrte, ist bis heute unklar. © Kelvinsong/ CC-by-sa 3.0

Abrupt erstarrt: Forscher haben erstmals eingegrenzt, wann der feste innere Erdkern entstand. Demnach bildete sich die Eisenkugel in Zentrum unseres Planeten erst vor rund 1,3 Milliarden Jahren. Dafür spricht ein abrupter Anstieg der Stärke des Erdmagnetfelds zu dieser Zeit, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“ berichten. Beruhigend dabei: Den neuen Daten nach wird der Geodynamo im Erdinnern noch mindestens eine Milliarde Jahre stabil bleiben.

Ohne den festen inneren Erdkern gäbe es möglicherweise kein Leben auf der Erde. Denn erst die elektromagnetische Wechselwirkung des festen Eisenkerns mit dem umgebenden flüssigen Metall des äußeren Kerns produziert das Magnetfeld, das uns vor der harten Strahlung des Alls schützt.

Doch das war nicht immer so. Denn anfangs war das Erdinnere noch komplett geschmolzen. Erst als die Erde langsam abkühlte, kristallisierte der etwa plutogroße innere Kern aus und wurde fest. Wann dies jedoch geschah, ist bisher umstritten: Je nach Modell könnte dies erst vor 0,5 Milliarden Jahren oder schon vor zwei Milliarden Jahren geschehen sein.

Abrupter Sprung vor 1,3 Milliarden Jahren

Eine genauere Eingrenzung liefern nun Andy Biggin von der University of Liverpool und seine Kollegen. Sie haben dafür Daten zur Magnetisierung von 363 Gesteinsproben verschiedenen Alters zusammengetragen und ausgewertet. Weil der Geodynamo das Magnetfeld direkt beeinflusst, müsste sich die Erstarrung des inneren Kerns als plötzliche Veränderung des Magnetfelds bemerkbar machen.

Ohne das Wechselspiel von festem und flüssigem Erdkern gäbe es heute kein Erdmagnetfeld. Erst ihre Interaktion wirkt als Geodynamo. © Kay Lancaster/ University of Liverpool

Und tatsächlich: Vor rund 2,5 Milliarden Jahren begann die Stärke des Dipol-Magnetfelds zunächst langsam abzunehmen. „Das könnte die verringerte Konvektion beim allmählichen Abkühlen des Erdinneren widerspiegeln“, erklären die Forscher. Dann jedoch, vor rund 1,3 Milliarden Jahren, gab es einen abrupten Anstieg des Dipolmoments. „Diese plötzliche Erholung könnte die Erstarrung des inneren Kerns markieren und damit den Beginn einer viel effizienteren Konvektion“, so Biggin und seine Kollegen.

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Neues Bild des Erdinneren

Nach Ansicht der Forscher spricht dies dafür, dass der Geodynamo unseres Planeten erst vor rund eineinhalb Milliarden Jahren seine heutige Form erhielt – er entwickelte einen festen inneren Kern umgeben von einem flüssigen äußeren. „Unsere Interpretation der Daten ist zwar nicht völlig unzweifelhaft, aber zurzeit ist die Erstarrung des inneren Kerns im Mesoproterozoikum die wahrscheinlichste Erklärung für den plötzlichen Anstieg des Dipolmoments im Erdmagnetfeld“, betonen die Wissenschaftler.

„Dieses Ergebnis könnte unser Verständnis des Erdinneren und seiner Geschichte verändern“, meint Biggin. Denn die Bildung des festen Eisenkerns ist entscheidend für die Eigenschaften des Erdinneren und für den so wichtigen magnetischen Schutzschild der Erde. Der Zeitpunkt der Erstarrung verrät zudem, welche theoretischen Modelle die thermische Entwicklung des Inneren am besten beschreiben.

Noch mindestens eine Milliarde Jahre stabil

Gleichzeitig liefern die Daten auch Hinweise darauf, wie sich das Erdinnere heute entwickelt: „Die Ergebnisse sprechen dafür, dass sich das Innere des Planeten langsamer abkühlt als bisher gedacht“, erklärt Biggin. „Sie zeigen auch, dass der innere Erdkern etwa um einen Millimeter pro Jahr wächst.“ Das aber bedeutet, dass es noch mindestens eine Milliarde dauern dürfte, bis der Kern so weit abgekühlt ist, dass auch die heute noch flüssige äußere Schicht erstarrt.

Wenn das geschieht, dann kommt der Geodynamo zum Stillstand und die Erde verliert ihr schützendes Magnetfeld. Bei unserem Nachbarplaneten Mars war dies schon rund eine halbe Milliarde Jahre nach seiner Entstehung der Fall: Er besaß einst ein sehr starkes Magnetfeld, verlor es dann aber nahezu komplett. Die Erde dagegen kann dank ihrer Größe die Hitze besser halten und hat das schützende Feld daher bis heute. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature15523)

(University of Liverpool, 08.10.2015 – NPO)

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