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Archäologie

FBI löst Mumienkopf-Rätsel

Moderne Forensik klärt Herkunft eines 4.000 Jahre alten ägyptischen Mumienkopfes

Kopf der 4.000 Jahre alten Mumie aus dem Grab von Djehutynakht - ob es sich um den Kopf des Provinzherrschers handelt oder um den seiner Frau, war bisher unklar. © Marcus Cyron/ CC-by-sa 3.0

Kopf ohne Körper: Seit 100 Jahren rätseln Archäologen darüber, zu wem der abgetrennte, 4.000 Jahre alte Mumienkopf aus einem ägyptischen Grab gehörte. Jetzt haben FBI-Genetiker diese Frage dank modernster DNA-Analysetechnik geklärt: Der Kopf stammt von höchstwahrscheinlich von Djehutynakht, einem Regionalherrscher aus dem Mittleren Reich. Denn Alter, Geschlecht und Herkunft passen zu den Inschriften im Grab.

1915 machten Archäologen in der Nekropole Deir-el-Bersha, rund 250 Kilometer südlich von Kairo, einen spannenden Fund: Sie entdeckten die Grabkammer eines gewissen Djehutynakht, eines Regionalgouverneurs aus der Zeit des mittleren Reichs und seiner Frau. Obwohl das 4.000 Jahre alte Grab bereits in der Antike geplündert worden war, hatten die Grabräuber zahlreiche wertvolle Objekte zurückgelassen: Fast 60 Bootsmodelle, unzählige Figuren von Menschen bei Alltagstätigkeiten, Kanopengefäße und zwei Sarkophage.

Kopf von ihr oder ihm?

Doch die Mumien des Herrscherpaares waren unvollständig und stark beschädigt: „Ein Rumpf, ursprünglich Lady Djehutynakht zugeschrieben, wurde in einer Ecke der Grabkammer gefunden“, berichten Odile Loreille vom FBI-Labor in Quantico und ihre Kollegen. „Ein mumifizierter Kopf, der weder dem Gouverneur noch seiner Frau eindeutig zugeordnet werden konnte, lag oben auf dem Sarkophag des Gouverneurs.“

Das Problem: Weil der Knochen des Gesichts beim Mumifizieren des Kopfes stark verändert und teilweise entnommen worden waren, konnten Forscher nicht einmal aus der Gesichtsform auf das Geschlecht des Kopfes schließen. Es blieb daher gut 100 Jahre lange unklar, ob dieser Kopf dem toten Provinzherrscher oder seiner Frau gehörte – oder möglicherweise jemand ganz anderem.

FBI-Forscher übernehmen den „Fall“

Auch DNA-Analysen der Überreste waren lange erfolglos, weil das Erbgut der Mumien durch das hohe Alter der Funde in zu kleine Fragmente zerfallen war. Jetzt jedoch haben Loreille und ihre FBI-Kollegen modernste DNA-Analysetechniken angewendet, mit denen sich selbst kleine DNA-Fragmente vervielfältigen und sequenzieren lassen.

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Sarkophage und Grabbeigaben aus der Grabkammer des Djehutynakht © Marcus Cyron/ CC-by-sa 3.0

Für die Analyse entnahmen die Forscher eine Probe aus der Zahnwurzel eines Backenzahns des Mumienkopfes. „Unser Ziel war es, festzustellen, ob sich aus dieser Probe noch mitochondriale DNA gewinnen lässt“, erklären Loreille und ihre Kollegen. Wegen der hohen Kopienzahl dieses außerhalb des Zellkerns vorliegenden Genmaterials übersteht es die Zeit meist besser als die DNA des Zellkerns.

Kopf gehörte dem Gouverneur

Und tatsächlich: Den Forschern gelang es, das mitochondriale Erbgut der Mumie weitgehend zu rekonstruieren. Die DNA enthüllte, dass der rätselhafte Kopf einst einem Mann gehörte. Nach Ansicht der Wissenschaftler muss es sich daher um den Kopf von Djehutynakht handeln. „Verschiedene Merkmale des Kopfes und des Grabes weisen klar daraufhin, dass der Kopf von einem der beiden ursprünglich dort Bestatteten stammt“, so Loreille und ihre Kollegen.

Dies bestätigen auch die Gendaten zur Abstammung des Mannes: DNA-Vergleiche ergaben, dass sein Erbgut eher dem der heutigen Bewohner des Libanon und der Levante ähnelt als den heutigen Ägyptern. Dies passt zu der vor Kurzem gewonnenen Erkenntnis, nach der die heutigen Ägypter sich stark von ihren Vorfahren unterscheiden. Während die alten Ägypter vorwiegend mit den Bewohnern der Levante, Anatoliens und dem restlichen Mittelmeerraum verwandt waren, sind ihre Nachfahren durch jahrhundertelangen Einstrom afrikanischer Gene geprägt.

Offen bleibt nun nur noch eine Frage: Um welchen der beiden als Djehutynakht bekannten Regionalherrscher es sich handelte. Denn während des mittleren Reichs gab es gleich zwei Gouverneure dieses Gebiets mit gleichem Namen, die aber nicht miteinander verwandt waren. (Genes, 2018; doi: 10.3390/genes9030135)

(Genes, 09.04.2018 – NPO)

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