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Mikrobiologie

Erwärmung macht einige Bodenbakterien träger

„Überhitzung” bremst Enzymaktivität und damit Freisetzung von CO2 aus Böden

Messung der CO2-Freisetzung aus dem Boden. © Steven D. Allison

Die globale Erwärmung wirkt sich auf die Freisetzung von Kohlendioxid aus Böden aus – in einigen Fällen aber ganz anderes als bisher gedacht, wie Forscher jetzt in „Nature Geology“ berichten. Einige Bodenmikroben und ihre Enzyme vertragen eine länger anhaltende Erwärmung offenbar gar nicht gut. Ihre Zersetzungsaktivität sinkt und sie produzieren weniger statt mehr CO2.

Nach gängiger Lehrmeinung könnten schon wenige Grad der menschengemachten Erwärmung auf die Organismen im Boden große Wirkung haben. Pilze und Bakterien, die organische Kohlenstoffverbindungen im Untergrund zersetzen würden dann, so die Vorstellung, in Überaktivität verfallen und entsprechend mehr Kohlendioxid aus den Böden in die Atmosphäre freisetzen. Doch offenbar stimmt dies nicht immer, wie jetzt ein Forscherteam der Universität von Kalifornien in Irvine herausfand.

Weniger statt mehr Zersetzung bei Erwärmung

Den Anstoß für die Studie der Forscher um den Ökologen Steve Allison gab eine Anfrage seiner Kollegen Mark Bradford von der Yale Universität und Matthew Wallenstein von der Colorado State Universität. Beide hatten in Versuchen mit Bodenmikroben festgestellt, dass diese nach einigen Jahren in künstlich erwärmten Böden in ihrer Zersetzungsaktivität deutlich nachließen. Zu Beginn der Warmphase stiegen Zersetzung und Kohlendioxidfreisetzung zwar an, dann aber schienen die Bakterien zu „überhitzen“ und als Folge langsamer zu wachsen. Ihre Anzahl verringerte sich und damit sank auch die Zersetzungsaktivität.

„Unser Problem in der Vorhersage einer möglichen Beschleunigung der Freisetzung von Kohlendioxid aus den Böden bei Erwärmung besteht darin, dass die mikrobiellen Prozesse, die dies verursachen, bisher nur wenig verstanden sind“, erklärt Bradford. „Wir brauchen hier mehr Forschung, um Unsicherheiten in den Klimaprognosen zu reduzieren.“

Stoffwechselprozesse der Bodenmikroben im Modell

Die Forscher baten Allison, ein Computermodell zu entwickeln, mit dem sich herausfinden ließe, ob und wie sich die Bodenmikroben an den Klimawandel anpassen und wie sich dies auf den Kohlenstoffkreislauf auswirken würde. Allison entwickelte zusammen mit seinen Kollegen ein Modell, das die Stoffwechselprozesse der Bodenbakterien abbildete und ihre Reaktion auf unterschiedliche Umweltbedingungen simulierte.

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„Mikroben sind die Motoren, die das Kohlenstoff-Recycling in den Böden antreiben“, erklärt Allison. „In einer Umwelt im Gleichgewicht speichern Pflanzen Kohlenstoff im Boden und die Mikroben nutzen diesen Kohlenstoff um zu wachsen. Die von den Mikroorganismen produzierten Enzyme wandeln den Bodenkohlenstoff in atmosphärisches Kohlendioxid um.” Doch genau diese Enzyme könnten in einigen Fällen sensibel auf eine Erwärmung reagieren, wie das Computermodell ergab.

Enzyme reagieren sensibel auf Erwärmung

In der Simulation wurden einige Bakterien mit steigender Erwärmung ihres Lebensraums weniger effizient im Abbau von organischen Verbindungen zu Kohlendioxid. Sie waren offenbar nicht an wärmeres Klima angepasst und ihre Enzymproduktion sank. „Als wir ein Modell auf Basis der tatsächlichen Biologie der Bodenmikroben entwickelten, stellten wir fest, dass sich der CO2-Ausstoß der Böden nicht unbedingt erhöhte, wenn sich das Klima erwärmte“, so Allison. „Konventionelle Ökosystemmodelle, die die Enzymaktivität nicht berücksichtigen, kommen dagegen nicht zu diesen Vorhersagen.“

Bodenmikroben aus anderen Regionen als nächster Schritt

Bisher basierten die Modelle auf Bakterien aus Böden in Massachusetts, jetzt wollen die Forscher ihre Studien auf weitere Bodenproben aus so klimatisch unterschiedlichen Regionen wie Kalifornien, Alaska und Costa Rica ausdehnen. „Nahezu ein Drittel allen bodengebundenen Kohlenstoffs ist den Permafrostböden der Arktis gespeichert“, erklärt Wallenstein. „Sie könnten anders auf eine Erwärmung reagieren als Bodenmikroben der gemäßigten Zonen.“

„Mikroben überraschen uns immer wieder mit den unterschiedlichen Arten, wie sie auf Umweltbedingungen reagieren”, erklärt Saran Twombly, Programmdirektor der Umweltbiologie in der Nationale Science Foudation (NSF). „Mikroben spielen eine zentrale Rolle in ökologischen Prozessen und ihre Reaktionen verändern unser Verständnis der natürlichen Lebensgemeinschaften auf vielfältige Weise.“

(National Science Foundation (NSF), 28.04.2010 – NPO)

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