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Geowissen

Erstes Leben schon vor vier Milliarden Jahren?

Kohlenstoff-Einschlüsse in urzeitlichem Zirkon-Kristall könnten biologischen Ursprungs sein

Wann entstand das erste Leben auf unserem Planeten? © MatthiasKabel / CC-by-sa 3.0

Kristalle als Zeitkapseln: Forscher könnten die bisher ältesten Spuren des Lebens auf unserem Planeten entdeckt haben. Denn in vier Milliarden Jahre alten Einschlüssen von Gestein aus Westaustralien fanden sie Kohlenstoff, der möglicherweise durch biologische Prozesse entstanden ist. Sollte sich dies bewahrheiten, dann könnte es schon einige hundert Millionen Jahre früher als bisher angenommen eine Biosphäre auf der Erde gegeben haben.

Wann entstand das erste Leben auf der Erde? Diese Frage ist nur schwer zu beantworten, denn Zeugnisse aus dem Hadaikum, den ersten rund 500 Millionen Jahren der Erdgeschichte, sind rar. Weil diese Frühzeit aber lange als zu heiß und zu lebensfeindlich galt, ging man bisher davon aus, dass die ersten aktiven Zellen frühestens vor etwa 3,5 Milliarden Jahren entstanden. Doch 2014 endeckten Wissenschaftler auf Island Hinweise dafür, dass das Hadaikum doch feuchter und kühler gewesen sein könnte als lange gedacht. Gab es womöglich doch schon damals Leben?

Zeitkapseln in uraltem Gestein

Indizien dafür haben nun Elizabeth Bell von der University of California in Los Angeles und ihre Kollegen in Westaustralien entdeckt. In den dortigen Jack Hills liegt eine der ältesten Gesteinsformationen der Erde, dieses Gemisch verschiedener stark umgewandelter Gesteine entstand vor mehr als drei Milliarden Jahren. Noch spannender aber ist, was sich in diesem Gestein verbirgt: winzige Zirkonkristalle, die bereits knapp vier Milliarden Jahre alt sind.

Das 4,1 Milliarden Jahre alte Zirkonkörnchen unter dem Elektronenmikroskop. Die Pfeile zeigen auf die Einschlüsse. © Bell et al./ PNAS

Zirkon ist nicht nur das älteste bekannte Mineral der Erde, die Körnchen bilden auch winzige Zeitkapseln. Denn als sie aus heißer Lava auskristallisierten, schlossen sie ach Partikel aus ihrer Umgebung ein. Gefangen im Kristall überdauern diese Einschlüsse Milliarden Jahre lang völlig isoliert von der Außenwelt. Auf der Suche nach solchen Einschlüssen haben Bell und ihre Kollegen mehr als 10.00 Zirkone aus der Jack Hills Formation durchsucht.

Verräterische Kohlenstoff-Isotope

Und sie wurden fündig: Ein einziger dieser Zirkonkristalle enthielt graphithaltigen Einschlüsse, die 4,1 Milliarden Jahre lang intakt konserviert geblieben waren. Um herauszufinden, woher der Kohlenstoff in diesen „Zeitkapseln“ kommt, ermittelten die Forscher das Verhältnis der Kohlenstoff-Isotope C-12 und C-13. Dieses unterscheidet sich in lebenden Organismen von dem der abiogen in der Luft oder dem Gestein gebildeten Kohlenstoffverbindungen.

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Die Isotopen-Messungen ergaben, dass das Graphit in den Einschlüssen ungewöhnlich wenig C-13 enthält. Dies aber gilt als typisch für biogene Verbindungen – für Kohlenstoff, der von Lebewesen in ihre Zellstrukturen eingebaut wurde. Zwar gibt es auch einige wenige chemische Prozesse, durch die ähnlich C-13-arme Kohlenstoffe entstehen können, für diese gibt es aber nach Angaben der Forscher in dieser Formation keinerlei Hinweise. Und auch für winzige Fragmente eines Meteoriten sei die Zusammensetzung der Einschlüsse eher untypisch.

C-13-Werte für den Einschluss aus den Jack Hills (grün) und Vergleichswerte früherer Studien. © Bell et al./ PNAS

Spuren ersten Lebens?

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten die Einschlüsse daher durchaus von lebenden Organismen stammen. „Weil diese Zirkoneinschlüsse mindestens so alt sind wie der sie umgebende Kristall, weckt der Nachweis von isotopisch leichtem Kohlenstoff die Möglichkeit, dass es schon im Hadaikum biologische Prozesse gegeben haben könnte“, mutmaßen Bell und ihre Kollegen.

Sollte sich das bestätigen, dann besaß unser Planet vielleicht schon vor 4,1 Milliarden Jahren eine Biosphäre – mehrere hundert Millionen Jahre früher als bislang angenommen. Denn die ältesten Mikrofossilien sind erst knapp 3,5 Milliarden Jahre alt.

Vor einigen Jahren hatte eine andere Forschergruppe ebenfalls potenzielle Lebensanzeichen in Zirkoneinschlüssen von Diamanten aus Australien entdeckt. Bei diesen ließ sich allerdings im Nachhinein nicht mehr ausschließen, dass eine nachträgliche Kontamination die Werte verfälscht hatte. (Proceedings of the National Academy< of Sciences, 2015; doi: 10.1073/pnas.1517557112)

(PNAS, 20.10.2015 – NPO)

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