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Ökologie

Elbe: Schnecken trotzten Jahrhunderthochwasser

Überschwemmungen begünstigen die Vielfalt in den Auen

Die Posthornschnecke (Planorbarius corneus, links) und die Spitzschlammschnecke (Lymnaea stagnalis, rechts) zählen zu den extrem wasserliebenden Schneckenarten. © Francis Foeckler / ÖKON

Das Jahrhunderthochwasser 2002 an der Elbe hat nicht für einen Rückgang der Schneckenpopulationen in den Auen gesorgt. Dagegen sind bei Laufkäfern und anderen Gliederfüßern drastische Verluste zu verzeichnen. Die Flut sorgte jedoch für eine Verschiebung des Artenspektrums zu eher Wasser liebenden Schneckenarten. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer neuen Studie über die deutsche Forscher jetzt im Fachblatt „Hydrobiologia“ berichten.

Insgesamt wurden für die Untersuchung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) über 46.000 Tiere von 56 verschiedenen Schneckenarten ausgewertet, die die Wissenschaftler über einen Zeitraum von sechs Jahren in den Elbauen bei Dessau gesammelt hatten.

Mehr Wasser liebende Arten

Für die neue Studie werteten sie Schneckensammlungen im Biosphärenreservat Mittelelbe vor und nach dem Elbehochwasser 2002 aus. 36 der Probeflächen lagen bei Steckby und zwölf weitere bei Wörlitz. Alle Flächen sind Auenwiesen, die saisonal von der Elbe überschwemmt und nicht intensiv bewirtschaftet werden. Im August 2002 standen sie über zwei Wochen unter Wasser.

„Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass in den Schneckengemeinschaften aller Teilgebiete Wasser liebende Arten zunahmen, die typischen Landschnecken aber zugleich erhalten blieben“, erklärt Christiane Ilg vom UFZ. Eine besonders große Vielfalt fanden die Forscher dabei in nur zeitweise mit Wasser gefüllten Senken und Flutrinnen vor.

Darunter war auch die Ufer-Laubschnecke Pseudotrichia rubiginosa, die charakteristisch für die wechselnden Bedingungen in Auenwiesen und -wäldern ist. Durch das Verschwinden ihrer natürlichen Lebensräume wird diese Art inzwischen als „stark bedroht“ auf der Roten Liste in Deutschland eingestuft.

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Hochwasser im August 2002. Überschwemmte Elbwiesen in der Nähe von Wörlitz. © André Künzelmann / UFZ

Veränderungen in den Populationen

„Fluten und Trockenphasen regulieren die Veränderungen in den Populationen der Auenschnecken“, ergänzt Francis Foeckler von der ÖKON GmbH. „Sie spielen deshalb eine wichtige Rolle für die große Vielfalt an Schnecken, die wir gewöhnlich in diesen Ökosystemen vorfinden.“ Mollusken bewegen sich bekanntermaßen vergleichsweise langsam. Deshalb können sie verloren gegangene Lebensräume auch nur sehr langsam wiederbesiedeln.

Verglichen mit anderen Artengruppen zeigen Schnecken eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Fluten. Trotzdem könnten häufigere Fluten, wie sie im Zuge des Klimawandels vorhergesagt werden, dazu führen, dass die Zahl und Artenvielfalt der Schnecken in den Auen langfristig zurückgeht, fürchten die Wissenschaftler.

Mehr Nachkommen als normal

Auch wenn Landschnecken nicht schwimmen können, so sind sie trotzdem in der Lage, sich auf schwimmende Objekte wie Zweige zu retten, stromabwärts zu treiben und anschließend neue Lebensräume zu erschließen. Viele Schneckenarten nutzen zudem die feuchte Umgebung nach einer Flut, um mehr Nachkommen als sonst zu produzieren, was innerhalb kurzer Zeit zur Wiederherstellung der alten Populationsgröße führt. Das könnte erklären, weshalb die Schneckenpopulationen nicht ernsthaft von der Elbe-Flut 2002 betroffen waren.

(idw – Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, 19.05.2009 – DLO)

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