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Klima

El Niño fördert blutige Konflikte

Forscher stellen Häufung von Bürgerkriegen in tropischen Ländern fest

Die Weltkarte zeigt, welche Länder besonders stark vom Klimazyklus der El Niño Southern Oszillation (ENSO) beeinflusst werden (rot) und welche nur geringe Schwankungen erleben (blau). © Hsiang et al. / Nature

Bürgerkriege und gesellschaftliche Konflikte werden nicht nur von der Politik, sondern offenbar auch von natürlichen Klimaschwankungen beeinflusst: Alle drei bis sieben Jahre bringt der pazifische El Niño vielen tropischen Regionen mehr Hitze und weniger Regen. In solchen Jahren verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass in diesen Ländern ein Bürgerkrieg ausbricht. Das zeigt eine Studie US-amerikanischer Forscher. Bei rund einem Fünftel aller bewaffneten Konflikte seit 1950 habe die El Niño Southern Oszillation (ENSO) vermutlich eine Rolle gespielt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“.

Beispiele für den Einfluss von Klimaveränderungen auf gesellschaftliche Entwicklungen gab es bisher nur aus der Vergangenheit. So wird der Niedergang der Mayakultur in Mittelamerika vor rund 2.800 Jahren mit einem trockener und heißer werdenden Klima in Verbindung gebracht. Auch die ägyptische Hochkultur erlebte 2.130 vor Christus einen herben Einschnitt, den Forscher als klimabedingt werten.

Solche Zusammenhänge belegen die Forscher nun erstmals auch für die Gegenwart. „Diese Studie zeigt ein systematisches Muster, in dem das globale Klima Konflikte beeinflusst – und es zeigt dies heute“, sagt Hsiang. Das Wissen um dieses Muster könne möglicherweise dazu beitragen, sich besser auf die drohende Eskalation von Konflikten vorzubereiten – beispielsweise in Form von humanitärer Hilfe. Inwieweit auch andere Klimaveränderungen und vor allem der Klimawandel heute gesellschaftliche Konflikte beeinflussen, müsse aber noch weiter erforscht werden.

Klima nur ein Einflussfaktor von mehreren

„Wir wollen damit nicht sagen, dass das Klima unser Schicksal bestimmt“, sagt Koautor Mark Cane vom Earth Observatory der Columbia University in New York. „Aber dies liefert zwingende Belege dafür, dass das Klima einen messbaren Einfluss darauf hat, wie sehr Menschen kämpfen.“ Natürlich sei das Klima dabei nicht der alleinige Einflussfaktor, auch Politik, Wirtschaft und andere Dinge spielten eine Rolle. „Wenn man soziale Ungleichheit hat, die Menschen arm sind und es unterschwellige Spannungen gibt, dann kann das Klima dort den K.O.-Schlag liefern“, sagt Hauptautor Solomon Hsiang von der Columbia University.

Zwar ermögliche die Studie es noch nicht, individuelle Konflikte eindeutig als klimabedingt einzustufen. Dennoch gebe es zwei Länder, Peru und den Süd-Sudan, deren Entwicklung „einem aus den Daten entgegenspringt“, berichtet Hsiang. In Peru eskalierte im Jahr 1982 der Konflikt von Regierung und der Organisation „Leuchtender Pfad“ und löste einen 20 Jahre dauernden, blutigen Bürgerkrieg aus. Damals herrschte auch ein besonders starker El Niño. Dieser habe vor allem in den Bergen Perus zu Missernten geführt und könnte so den Konflikt angeheizt haben. „Wenn die Ernten ausfallen, greifen die Leute zur Waffe, einfach um zu überleben“, sagt Hsiang.

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Klimadaten mit dem Auftreten von Konflikten verglichen

Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler Klimadaten aus den Jahren 1950 bis 2004. Sie verglichen die Anzahl der neu ausbrechenden Konflikte in El Niño-Jahren mit Jahren, in denen der Klimazyklus sein anderes Extrem erreichte, den La Niña-Zustand. In rund 90 tropischen Ländern sei dieser Umschwung zwischen warm-trockenen El Niño-Jahren und kühl-feuchten La Niña-Jahren deutlich spürbar, sagen die Forscher.

Nur in diesen Ländern habe sich die Wahrscheinlichkeit für einen Konflikt von drei Prozent auf sechs Prozent in El Niño-Jahren verdoppelt. In den restlichen, von diesem Klimazyklus unbeeinflussten Ländern bleibe die Wahrscheinlichkeit dagegen stabil bei zwei Prozent. Verfälschungen durch Altersstruktur, Einkommensentwicklung, Landwirtschaft oder Verstädterung schlossen die Wissenschaftler durch entsprechende Kontrolltests aus. (Nature, 2011; DOI:10.1038/nature10311)

(Nature / Columbia University / dapd, 25.08.2011 – NPO)

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