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Klima

Eiszeit: Sechs Grad kälter als heute

Forscher bestimmen Temperatur beim letzten glazialen Maximum neu

Mammut
Wie kalt war es auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit? © Orla/ iStock.com

Wie kalt war es in der letzten Eiszeit? Diese Frage haben Forscher jetzt genauer beantwortet als bisher. Demnach lagen die globalen Mitteltemperaturen vor rund 20.000 Jahren um 6,1 Grad unter denen der Neuzeit. In einem Großteil der hohen Breiten war es allerdings noch weit kälter – mit einer Ausnahme: Die Bering-Landbrücke und Alaska blieben vergleichsweise warm, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Das könnte die Besiedlung Amerikas ermöglicht haben.

Vor rund 20.000 Jahren waren weite Teile der Nordhalbkugel von Gletschern bedeckt – es war der Höhepunkt der letzten Eiszeit. Doch wie kalt es damals war, ist bislang mit großen Unsicherheiten behaftet. Denn fossile oder geochemische „Zeitzeugen“ wie Foraminiferen, Kieselalgen oder Isotopenwerte geben nur ein lückenhaftes Bild. Als Folge reicht die Spannbreite der bisherigen Schätzungen von 1,7 Grad bis acht Grad weniger als im Mittel des nacheiszeitlichen Holozäns.

Geochemie als Eiszeit-„Thermometer“

Jetzt haben Forscher um Jessica Tierney von der University of Arizona diese Spanne deutlich eingegrenzt. Für ihre Studie werteten sie vier verschiedene geochemische Anzeiger aus, darunter das Verhältnis von Magnesium zu Calcium in fossilem Plankton, den Gehalt bestimmter Kohlenwasserstoffe und das Sauerstoffisotop 18-O. Gut 1700 dieser Daten für verschiedene Standorte speisten sie in ein Klima-Ozean-Modell ein, um die Meeres- und Landtemperaturen beim letzten glazialen Maximum zu rekonstruieren.

Das Ergebnis: Auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit lag die globale Mitteltemperatur 6,1 Grad niedriger als im Holozän. „Nach unseren alltäglichen Maßstäben klingt das nicht nach viel, aber tatsächlich ist das eine enorme Veränderung“, sagt Tierney. Denn die Mitteltemperatur liegt – ein Grad anthropogene Erwärmung eingerechnet – heute ein rund 15 Grad. Sechs Grad bedeuten daher schon eine drastische Abkühlung.

Wie die Forscher erklären, stimmt ihr Wert gut mit früheren Studien überein, grenzt die Unsicherheiten aber stärker ein. Denn das von ihnen ermittelte Konfidenzintervall, das 95 Prozent der Werte umfasst, ist mit 5,7 bis 6,5 Grad relativ eng.

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Bering-Landbrücke blieb mild und eisfrei

Doch je nach Region gab es damals sowohl an Land wie in den Ozeanen deutliche Unterschiede. Besonders kalt war es demnach im Nordatlantik, Nordpazifik und Teilen des Südatlantiks. Während sich das Meer im globalen Schnitt nur um 3,1 Grad abkühlte, war es in diesen Gebieten beim letzten glazialen Maximum um mehr als acht Grad kälter als heute.

An Land kühlten die hohen und gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel am meisten ab – mit zwei interessanten Ausnahmen: „Wir beobachten bemerkenswert wenig Abkühlung in Alaska und dem Westen der Bering-Landbrücke„, berichten Tierney und ihre Kollegen. „Das stimmt gut mit Beobachtungen überein, nach denen diese Gebiete eisfrei bleiben und nur minimal abkühlten.“ Das könnte erklären, wie die ersten Menschen damals von Asien nach Amerika gelangten.

3,4 Grad wärmer für jede Verdopplung der CO2-Werte

Auf Basis ihrer Modelle und der Basiswerte für die Eiszeit haben die Forscher auch die Klimasensitivität neu berechnet. Sie gibt an, wie sich das Klima in Abhängigkeit von den Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre verändert. Aus Isotopenmessungen weiß man, dass die CO2-Werte auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit etwa bei 180 parts per million lagen (ppm). Heute haben sie bereits mehr als 400 ppm erreicht.

Das Ergebnis: „Mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit liegt die Klimasensitivität zwischen 2,5 und 4,3 Grad“, berichten Tierney und ihr Team. „Damit ist diese Spanne deutlich weiter eingegrenzt als noch im letzten Weltklimabericht des IPCC, der von einem bis sechs Grad pro Verdopplung des CO2-Werts ausging.“ Im Mittel steigt demnach die globale Mitteltemperatur für jede Verdopplung des CO2-Werts um rund 3,4 Grad.

Ihre Ergebnisse geben damit nicht nur mehr Einblick in das Klima der Eiszeit, sondern könnten auch dabei helfen, Prognosen der künftigen Klimaentwicklung zu präzisieren. (Nature, 2020; doi: 10.1038/s41586-020-2617-x)

Quelle: University of Arizona

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