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Eifel: Mega-Eruption neu datiert

Laacher-See-Ausbruch ereignete sich fast 130 Jahre früher als gedacht

Baumstamm
Dieser fossile Baumstamm wurde beim Lacher-See-Ausbruch verkohlt und verschüttet. Seine Jahresringe sind daher der Schlüssel zur Datierung der Eruption. © Olaf Jöris

Folgenreicher Ausbruch: Die Eruption des Laacher-See-Vulkans in der Eifel war einer der größten Vulkanausbrüche Europas. Doch wie sich jetzt zeigt, wurde sie bislang falsch datiert. Demnach ereignete sich dieser Ausbruch schon vor 13.006 Jahren – 130 Jahre früher als gedacht, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Das aber bedeutet, dass auch die Klimageschichte Europas in Teilen umdatiert werden muss, weil die Aschenschicht der Eruption eine wichtige Datierungsreferenz darstellt.

Unter dem Laacher See in der Eifel liegt ein Supervulkan verborgen, der bis heute für Magmabewegungen im Untergrund, Hebungen und Schwachbeben sorgt. Vor mehr als 12.000 Jahren löste er eine Eruption aus, die halb Mitteleuropa unter Asche und Lavabrocken begrub. Der explosive Ausbruch schleuderte rund 20 Kubikkilometer Material aus und blockierte zeitweise den Rhein. Aschewolken zogen bis nach Norditalien und Russland.

Laacher See
Außer dem idyllischen Laacher See ist heute von den verheerenden Folgen der Eruption nichts mehr zu sehen. © Df1paw/ CC-by-sa 4.0

Beim Ausbruch verschüttete Bäume als Zeitmesser

„Die regionalen Auswirkungen des Vulkanausbruchs sind gut erforscht. Was uns bisher gefehlt hat, ist die Sicherheit, wann genau dies passiert ist“, erklärt Seniorautor Ulf Büntgen von der University of Cambridge. Wichtig ist diese Datierung deshalb, weil die Ascheschichten des Lacher-See-Ausbruchs ein wichtiger Zeitmarker für die Rekonstruktion der europäischen Klimageschichte sind. Bisherige Altersbestimmungen – unter anderem auf Basis von Maarsedimenten – gingen von einem Ausbruch vor 12.900 Jahren aus.

Ob dies stimmt, haben nun Büntgen, Erstautor Frederick Reinig von der Universität Mainz und ihre Kollegen über eine weitere Methode überprüft: über die Jahresringe von bei der Lacher-See-Eruption verschütteten Bäumen. „Die Bäume wurden in den Ascheablagerungen teilweise verkohlt und bis heute konserviert“, erklärt Reinig. Mithilfe der Radiokarbondatierung bestimmten er und sein Team das Alter der letzten, direkt unter Rinde liegenden Jahresringe von mehreren damals verschütteten Birken und Pappeln.

Fast 130 Jahre früher als gedacht

Das Ergebnis: Der folgenreiche Ausbruch des Eifelvulkans ereignete sich vor 13.006 Jahren – fast 130 Jahre früher als bislang angenommen. „Die stetigen Fortschritte bei der Radiokarbon-Messtechnik und bei den verwendeten Kalibrierverfahren sowie die sorgsame Handhabung der empfindlichen Proben waren der Schlüssel, damit wir diese Datierung mit einer Unsicherheit von weniger als zehn Jahren etablieren konnten“, erklärt Koautor Lukas Wacker von der ETH Zürich.

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Die neue Datierung hat weitreichende Folgen für die gesamte europäische Paläoklimatologie, wie das Forschungsteam erklärt. Denn wenn die Aschenschicht der Lacher-See-Eruption älter ist als gedacht, verschiebt sich damit auch diese wichtige Datierungs-Referenz für die Altersbestimmung anderer Ereignisse. Dies wirft ein neues Licht auf die Klimageschichte des gesamten nordatlantischen und europäischen Raums. Gleichzeitig tragen die neuen Daten dazu bei, die europäischen und grönländischen Klimaarchive neu zu synchronisieren.

Neue Sicht auf den letzten großen Kälteeinbruch der Eiszeit

Konkret hat dies vor allem Auswirkungen auf die Interpretation des letzten großen Kälteeinbruchs am Ende der Eiszeit. In dieser sogenannten Jüngeren Dryaszeit sanken für rund 1.300 Jahre die Temperaturen in Mitteleuropa um bis zu fünf Grad Celsius. Die Signatur dieses massiven Kälteeinbruchs findet sich in grönländische Eisbohrkernen vor knapp 12.850 Jahren, in Mittel- und Nordeuropa datierte man dieses Ereignis dagegen auf einen deutlich späteren Zeitpunkt – bisher.

Doch die Verschiebung der Referenzschicht ändert die Sicht auf dieses Klimaereignis: „Diese starke Abkühlung vollzog sich nicht, wie bislang gedacht, zeitlich versetzt über einen längeren Zeitraum, sondern verlief über den gesamten nordatlantischen Raum und Mitteleuropa synchron“, sagt Reinig. Die Jüngere Dryas begann demnach auch in Europa deutlich früher – vor knapp 12.810 Jahren.

Damit decken sich nun Klimadaten Europas nahezu mit denen der Bohrkerne aus dem Grönlandeis. „Die zeitliche Übereinstimmung zwischen den Eisbohrkernen und den mitteleuropäischen Klimadaten deuten darauf hin, dass die letzte große Abkühlung vor dem Holozän durch einen abrupten Wechsel des Klimasystems verändert wurde, der nahezu instantan die gesamte Nordatlantikregion betraf“, konstatieren die Forscher. (Nature, 2021; doi: 10.1038/s41586-021-03608-x)

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz

 

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