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Klima

Dürre schuld am Untergang von Angkor?

Baumringdaten decken katastrophale Klimakapriolen kurz vor dem Ende des Reichs der Khmer auf

Sonnenuntergang am Phnom Bakheng (Angkor Wat). © Thorsten Bachner / gemeinfrei

Jahrzehntelange Dürren könnten die Ursache für den Untergang des Reichs von Angkor Wat in Kambodscha gewesen sein. Das enthüllen neue Analysen von Jahrhunderte alten Baumringen sowie archäologische Funde aus der Kultur der alten Khmer. Die jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) erschienenen Ergebnisse belegen die große Rolle, die das Klima für solche Kulturen spielte.

Heute ist nur der steinerne Tempel von Angkor Wat geblieben, der Rest der blühenden Kultur der Khmer versank im Dschungel des heutigen Kambodscha. Im neunten bis ins 14. Jahrhundert hinein aber erstreckte sich das Reich der Khmer noch über weite Teile Südostasiens. 1431 brach das Khmer-Reich plötzlich zusammen, nachdem siamesische Truppen in das Land eingefallen waren. Ob dieser Überfall aber die eigentliche Ursache des Untergangs der Khmer war, oder ob vielleicht andere Faktoren das Reich bereits vorher geschwächt hatten, darüber wird bis heute diskutiert.

Zwei Dürreperioden hintereinander

Jetzt hat ein internationales Forscherteam unter Leitung von Brendan Buckley vom Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia Universität neues Licht auf die damaligen Ereignisse geworfen. Mit Hilfe der Jahresringe von Bäumen rekonstruierten die Forscher das Klima der letzten 759 Jahre in dieser Region Südostasiens. Dabei nutzten sie Holzproben aus mehr als 1.000 Jahre alten Zypressen der Art Fokienia hodginsii, die sie im Hochland des Bidoup Nui Ba National Park im heutigen Vietnam entdeckten. Aus diesen ermittelten sie, wie feucht das jährliche Klima zwischen 1250 und 2008 war.

Baumring-Analyse © Kevin Krajick / Earth Institute, Columbia University

Die Baumringe enthüllten gleich zwei Perioden starker Dürre, einmal von den 1330er bis in die 1360er Jahre und ein zweites Mal von etwa 1400 bis in die 1420er Jahre hinein. Diese letzte Trockenheit wird auch durch schriftliche Aufzeichnungen betätigt, die ähnliches sogar bis nach China und Sri Lanka hin beschreiben. Für eine Kultur, die von Landwirtschaft und einem ausgeklügelten, mehr als tausend Quadratkilometer umfassenden System von Bewässerungskanälen und Reservoiren abhängig war, könnten solche Dürreperioden vernichtend gewesen sein.

Die Trockenheit löste vermutlich Missernten und möglicherweise auch einen Anstieg von Infektionskrankheiten aus, die sich durch die extrem hohe Bevölkerungsdichte in den Ballungszentren der Khmer schnell ausbreiteten. „Angkor stand zu dieser Zeit einer ganzen Reihe von Problemen gegenüber – sozial, politisch und kulturell“, erklärt der Klimaforscher und Baumringspezialist Buckley. „Umweltveränderungen brachten die alten Khmer dann an den Rand des Abgrunds, sie konnten sich nicht mehr anpassen. Ich würde nicht sagen, dass das Klima allein den Kollaps brachte, aber eine 30-jährige Dürre muss Auswirkungen gehabt haben.“

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Starkregen beschädigte Bewässerungssysteme

Die Forscher stellten zudem fest, dass die Dürreperioden sich mit katastrophalem Starkregen in der Monsunsaison abwechselten. Die dann fallenden Wassermassen könnten das in der Trockenzeit versandete hydraulische System der Bewässerungskanäle stark beschädigt haben. Hinweise darauf geben auch einige in den alten Kanälen gefundene Schichten von grobem Geröll und anderen Sedimenten, die damals sehr schnell abgelagert worden waren. An anderen Stellen schnitt die Erosion bis zu acht Meter tiefe Schneisen in die Landschaft, was das hydraulische System zusätzlich destabilisierte.

Archäologen haben Spuren von Reparaturen und Umleitungen an den Kanälen entdeckt, die darauf hinweisen, dass das Bewässerungssystem an eine Wasserknappheit angepasst werden sollte. Angesichts der Abhängigkeit der Khmer von ihrer Landwirtschaft und der Bewässerung könnte dieser Wassermangel damals schwerwiegende Folgen gehabt haben.

El Niño als Ursache?

Eine Ursache der Dürreperioden könnte nach Ansicht der Forscher ein El Niño kombiniert mit der Einwirkung weiterer längerer Klimazyklen über dem Pazifik gewesen sein. Denn dieses alle paar Jahre wiederkehrende Klimaphänomen ist dafür bekannt, auch den Monsun in Teilen Asiens zu beeinflussen und damit ungewöhnlich starke oder aber anormal niederschlagsarme Regenzeiten zu erzeugen. Einige Klimaforscher gehen davon aus, dass der Klimawandel diese zyklischen Klimaphänomene verstärken und damit vielleicht sogar ähnliche Extrembedingungen hervorrufen könnte wie vor gut 600 Jahren bei den Khmer.

„Sowohl die menschliche Gesellschaft als auch das Klimasystem der Erde sind komplexe Systeme, die sich unvorhergesehen Verhalten können”, erklärt Kevin Anchukaitis, Baumringexperte der Columbia Universität. „Durch die Langzeitperspektive, die uns das Klima und die archäologischen Daten bieten, können wir damit beginnen, die vielfältigen Wege zu verstehen, in denen beide miteinander wechselwirken. Die Belege aus dem vom Monsun geprägten Asien erinnern uns daran, dass auch komplexe Zivilisationen sensibel gegenüber Klimaschwankungen und Klimawandel reagieren.“

(The Earth Institute at Columbia University, 01.04.2010 – NPO)

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