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Geowissen

Drei tiefe Schluchten unter dem Südpol

Erste Radarkarte der zentralen Antarktis enthüllt Landschaft unter dem Eis

3D-Karte der drei unter dem Südpol verborgenen tiefen Täler © Tom Jordan/ British Antarctic Survey

Verborgene Landschaft: Erstmals haben Radarmessungen enthüllt, was sich unter dem Eis des Südpols verbirgt – dem letzten weißen Fleck in der Landkarte der Antarktis. Gleich drei gewaltige Täler durchziehen demnach die subglaziale Landschaft und bilden eine Verbindung zwischen Ost- und Westantarktis. Diese topografischen Korridore könnten bei weiter tauendem Eis den Eisabfluss aus dem Zentrum der Antarktis deutlich beschleunigen, wie Forscher im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“.

Das Eis der Antarktis bedeckt fast den gesamten Kontinent und lässt selbst mehr als 1.000 Meter hohe Berge bis zum Gipfel im Eis verschwinden. Doch in den letzten Jahren haben Radarsatelliten enthüllt, dass die Landschaft unter diesem Eispanzer alles andere als eintönig oder gar flach ist: In der Westantarktis gibt es eine Schlucht tiefer als der Grand Canyon und ein ganzes Vulkangebiet. In der Ostantarktis entdeckten Forscher Kimberlit – das Gestein, aus dem Diamanten kommen.

Südpol war „weißer Fleck“ in den Radarkarten

Doch bisher gab es eine Lücke in der subglazialen Antarktis-Kartierung: den Südpol. Ausgerechnet dieses Bindeglied zwischen den Eispanzern der West- und Ostantarktis liegt außerhalb der Reichweite der Satellitenorbits und blieb daher in den Radarkarten ein buchstäblich weißer Fleck in der Landkarte. „Wegen dieser Lücken wusste keiner, was sich dort verbirgt“, erklärt Erstautorin Kate Winter von der Northumbria University.

Jetzt haben Winter und ihre Kollegen diese Lücke mithilfe von Flugzeug-gestützten Radarmessungen geschlossen. Im Rahmen des „PolarGAP“-Projekts gelang es ihnen erstmals, die Topografie des antarktischen Untergrunds zu kartieren. „Wir sind hoch erfreut, jetzt die allerersten Daten des PolarGAP-Projekts vorstellen zu können“, so Winter.

Erst eine Radarkaretierung von Flugzeugen aus enthüllte die Topografie unter dem Südpol-Eis. © Tom Jordan/ British Antarctic Survey

Drei tiefe Täler unter dem Eis

Das Ergebnis ist spektakulär: Unter dem Eis des Südpols verbergen sich gleich drei tiefe Täler, getrennt durch gebirgige Höhenzüge. Die mittlere und größte dieser Schluchten, Foundation Trough, ist 350 Kilometer lang und 35 Kilometer breit. Parallel dazu verläuft der kaum kleinere Patuxent Trough mit 300 Kilometern Länge und 15 Kilometern Breite. Auf der anderen Seite der zentralen Schlucht liegt das dritte, 150 Kilometer lange und 30 Kilometer breite, Tal: das Offset Rift Basin.

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Diese gewaltigen Einkerbungen des Untergrunds und die zwischen ihnen liegenden Gebirgszüge spielen wahrscheinlich eine wichtige Rolle für die Dynamik des darüber liegenden Eises, wie die Forscher erklären. „Messungen der Eisbewegungen enthüllen einen schnelleren Eisfluss in diesen Tälern als in dem umgebenden dünneren Eis“, so Winter und ihre Kollegen. „Die Gebirgszüge verhindern offenbar, dass Eis aus der Ostantarktis über die Westantarktis zur Küste fließt.“

Korridore für das Eis

Im Zuge des Klimawandels hat das neue Wissen über diese verborgene Topografie des Südpols eine besonders große Bedeutung, wie die Forscher betonen. „Indem wir diese tiefen Täler und Gebirgszüge kartieren, haben wir ein Schlüsselstück im Puzzle aufgedeckt“, sagt Koautor Fausto Ferraccioli vom British Antarctic Survey. „Es hilft uns zu verstehen, wie das ostantarktische Eisschild auf vergangenen und zukünftige Veränderungen reagiert.“

Denn wenn die Antarktis sich weiter erwärmt und das Eis weiter taut, könnten gerade die drei neuentdeckten Täler eine entscheidende Rolle für die Eisbewegungen spielen: „Wenn das Eis sich ausdünnt oder zurückzieht, dann könnten die topografischen Korridore der Täler den Eisabfluss aus dem Inland verstärken“, sagt Winter. „Das könnte das gesamte westantarktische Eisschild in Bewegung versetzen – und Menge und Geschwindigkeit des Eisabflusses aus dem Zentrum der Antarktis zu den Küsten verstärken.“

Als Folge dieses beschleunigten Eisabflusses könnte der Meeresspiegel dann schneller steigen als bisher angenommen. „Die Daten, die wir jetzt gesammelt haben, wird den Eisschild-Modellierern helfen, besser zu prognostizieren, was passiert, wenn sich das Eisschild ausdünnt, sagt Winter. (Geophysical Research Letters, 2018; doi: 10.1029/2018GL077504)

(Northumbria University, 30.05.2018 – NPO)

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