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Paläontologie

Dinos jagten auch bei Nacht

Dinosaurier-Augenringe widerlegen Theorie der Nacht als Säugetierdomäne

Velociraptor mongoliensis war nachtaktiv, das zeigt die Größe seines Augenrings © Lars Schmitz, UC Davis

In diesem Fall lag der Film „Jurassic Park” richtiger als die zeitgenössische Dinosaurier-Forschung: Velociraptoren, wendige Raubsaurier der Kreidezeit, jagten tatsächlich vorwiegend bei Nacht. Das belegt eine jetzt in „Science” veröffentlichte Studie amerikanischer Forscher. Sie verglichen die Anatomie eines knöchernen Augenrings bei verschiedenen Dinosaurierfossilien und konnten so auf deren bevorzugte Wachphase schließen. Die neue Erkenntnisse widerlegen auch die Theorie, nach der die Nacht eine Nische der frühen Säugetiere gewesen sein soll.

Dinosaurier, Eidechsen und Vögel besitzen einen knöchernen Ring in ihrem Auge, der die Hornhaut stabilisiert. Die innere Öffnung dieses Rings variiert je nach Aktivitätsphase der Tiere: Bei nachtaktiven Tieren ist sie groß, bei tagaktiven deutlich kleiner. Tierarten, die sowohl am Tage als auch nachts nach Nahrung suchen, liegen zwischen beiden Extremen. Theoretisch ließe sich daher allein an der Form dieses Augenrings ablesen, wann ein fossiles Tier aktiv war. Doch ganz so einfach ist es nicht: Neben der Lebensweise prägt auch die Vererbung und damit die Stammesgeschichte die Augenringgröße.

Knöcherner Augenring verrät Aktivitätsphase

Unter anderem deshalb war es bisher extrem schwierig zu rekonstruieren, ob eine bestimmte Dinosaurierart tag- oder nachtaktiv war. Dieses Dilemma haben jetzt zwei Forscher der Universität von Kalifornien in Davis geknackt: Ryosuke Motani und Lars Schmitz entwickelten ein Computerprogram, dass den „ökologische Anteil“ an der Augenring-Öffnung vom stammesgeschichtlichen trennen kann.

Der Pflanzenfresser Protoceratops andrewsi war tag- und nachtaktiv © Lars Schmitz, UC Davis

Durch genaue Messungen der knöchernen Augenanatomie an 164 leben den Reptilien- und Vogelarten überprüften sie, ob die vom Programm getroffenen Vorhersagen mit der tatsächlichen Lebensweise der Tiere übereinstimmten. Dies war der Fall. Solcherart bestätigt, wiederholten die Forscher ihre Messungen nun an 33 fossilen Dinosauriern, darunter sowohl Raubsauriern als auch Pflanzenfressern, und an ausgestorbenen Vögeln und Flugsauriern.

Große Pflanzenfresser fraßen rund um die Uhr

Die Ergebnisse für die pflanzenfressenden Dinosaurier waren zunächst wenig überraschend: Große Weidegänger wie Diplodocus longus oder Plateosaurus longiceps waren demnach rund um die Uhr aktiv. Ähnlich wie heutige Elefanten mussten sie vermutlich rund um die Uhr fressen, um ihren hohen Nahrungsbedarf zu decken. Nur in den heißen Mittagsstunden ruhten sie, um nicht zu überhitzen. Einleuchtend auch, dass die meisten Flugsaurier und frühen Vögel tagaktiv waren, wie es heute noch für die meisten Vögel gilt.

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Flugsaurier, wie hier Scaphognathus crassirostris, waren meist tagaktiv © Lars Schmitz/UC Davis

Velociraptor und Co jagten nachts

Die kleinen Raubsaurier wie der Velociraptor mongoliensis waren dagegen, so enthüllt ihr Augenring, vorwiegend Nachtjäger. Das aber widerspricht den gängigen Vorstellungen der Paläoökologie deutlich, nach der die Nacht eine Domäne der frühen Säugetiere war, in der sie sich ungestört von den tagaktiven Dinosauriern entwickeln konnten. Die neue Möglichkeit des Herausrechnens von stammesgeschichtlichen Einflüssen liefert nicht nur neue Einblicke in die Lebensweise früher Tiergemeinschaften, den Paläontologen gibt sie auch ein neues Werkzeug, um zu verstehen, wie Veränderungen in der Umwelt die Evolution von Tierarten beeinflussten.

Wann der große Tyrannosaurus rex jagte, konnten die Forscher allerdings bisher nicht feststellen, da von ihm noch keine Schädel mit intaktem Augenring gefunden worden sind. (Science, 2011; DOI: 10.1126/science.1200043)

(University of California – Davis, 15.04.2011 – NPO)

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