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Paläontologie

Der Tod kam verheerend schnell

Das größte Massenaussterben der Erdgeschichte benötigte nur 60.000 Jahre um fast alles Leben auszurotten

Sah so das Fast-Ende allen Lebens auf der Erde aus? © José-Luis Olivares/ MIT

Das schlimmste Massenaussterben der Erdgeschichte kam tödlich schnell: Innerhalb von nur 60.000 Jahren vernichtete es 96 Prozent aller Meeresbewohner und 70 Prozent der Landlebewesen. Das belegt jetzt eine neue Datierung. Sie enthüllt damit, dass das Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren, am Ende des Perm, gut zehnmal schneller ablief als zuvor angenommen. Dies liefert auch wichtige Hinweise auf seine Ursache, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

Es war das größte Massenaussterben der Erdgeschichte – und das erste, das Ozean und Land gleichermaßen traf. Vor 252 Millionen Jahren löschte es mehr als 96 Prozent der Arten im Meer und 70 Prozent allen Lebens an Land aus. Darunter waren die damals häufigen Rieseninsekten, fast alle Korallenarten, Seeschnecken und Schwämme. Auch die in der Blüte ihrer Entwicklung stehenden Therapsiden – säugetierähnliche Vorläufer der Saurier – wurden fast restlos ausgelöscht.

Die Ursache dieser Urzeit-Katastrophe ist bis heute unklar. In Frage kämen ein Klimawandel, ein Asteroideneinschlag oder auch eine langanhaltende Phase katastrophalen Vulkanismus. Doch um diese Frage zu klären, muss zunächst eine andere beantwortet werden: Wie lange dauerte das Massenaussterben? Denn sollte es mehrere Millionen Jahre gedauert haben, bis sich die vernichtende Wirkung entfaltete, dann macht dies einen Klimawandel oder andere eher langsame Umweltveränderungen wahrscheinlicher. Ging es aber schneller, dann käme eine Impakt-Katastrophe oder der Vulkanismus eher in Betracht.

Neue Datierung der entscheidenden Schichten

Diese entscheidende Antwort könnten nun Forscher um Seth Burgess vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) gemeinsam mit Kollegen der chinesischen Akademie der Wissenschaften gefunden haben. Die Wissenschaftler hatten für ihre Studie Gesteinsschichten aus dem chinesischen Meishan analysiert. In dieser Region liegen verschiedene Schichten aus der Zeit des Übergangs vom Perm zur Trias dicht übereinander. Paläontologen interpretieren diese Formation als wichtigstes Zeugnis des Massenaussterbens vor 252 Millionen Jahren.

Gesteinsschichten der Perm-Trias-Grenze in Meishan. Hier wechseln sich Kalkstein- mit Aschenschichten ab. © Shuzhong Shen

Die Forscher sammelten und analysierten Gesteinsproben dieser Schichten und zusätzlich auch in der nahen Umgebung zu findenden Aschen- und Fossilschichten aus der gleichen Ära. Bereits 2011 hatten sie erste Ergebnisse dazu veröffentlicht, nach denen das Massenaussterben am Ende des Perm nur rund 200.000 Jahre gedauert haben könnte. Nun haben Burgess und seine Kollegen ihre Datierungstechniken noch einmal verfeinert. Sie isolierten Zirkonkristalle aus den Gesteinen und maßen darin das Verhältnis von Uran zu Bleiisotopen.

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Zu schnell für das Leben

Das Ergebnis: Das Massenaussterben lief noch schneller ab als bisher vermutet. Nur rund 60.000 Jahre hat es offenbar gedauert, bis von der einst blühenden Tier und Pflanzenwelt des Perm nur noch ein kläglicher Rest übrig war. Nach geologischen Maßstäben ist das nur ein Augenblick. Und noch etwas zeigte sich: Unmittelbar vor Beginn des Sterbens gab es einen plötzlichen Anstieg von Kohlendioxid in den Ozeanen – sie wurden fast schlagartig sauer und die Meerestemperatur könnte um zehn Grad und mehr angestiegen sein. Ein Großteil der Lebewesen im Ozean wäre allein dadurch bereits dem Tode geweiht gewesen.

„Es ist klar: Was immer dieses Massenaussterben ausgelöst hat, wirkte sehr schnell – schnell genug, um die Biosphäre zu destabilisieren bevor die Mehrheit der Pflanzen und Tiere Zeit hatten, sich daran anzupassen und zu überleben“, erklärt Burgess. Aber was war es? Ein Kandidat, der durch die neuen Erkenntnisse immer wahrscheinlicher wird, sind gewaltige, anhaltende Vulkanausbrüche in dem sogenannten Sibirischen Trapp.

Trapp-Vulkanismus rückt in der Verdächtigenliste vor

Diese rund zwei Millionen Quadratkilometer große Region im Norden Sibiriens ist von kilometerdicken Basaltschichten überdeckt – urzeitlicher Lava, die bei großen Eruptionen auslief und die gesamte Gegend unter sich begrub, bis sie erstarrte. Die aktivste Phase dieser Ausbrüche fand nahezu zeitgleich zum Massenaussterben am Ende des Perm statt, ebenfalls vor 250 Millionen Jahren. Schon früher vermutete man, dass die vulkanischen Gase dieser gewaltigen Eruptionen Atmosphäre und Klima veränderten und so eine globale Katastrophe auslösten.

Nach Ansicht von Burgess und seinen Kollegen macht ihre neue Datierung diese Theorie noch wahrscheinlicher. Ein katastrophaler Ausbruch könnte erklären, woher der plötzliche Anstieg von Kohlendioxid in den Ozeanen der damaligen Zeit kam. 2011 hatte eine Forschergruppe ausgerechnet, dass der Sibirische Trapp mehr als 170 Billionen Tonnen CO2 freigesetzt haben könnte – und damit deutlich mehr als zuvor angenommen.

Um zu prüfen, ob wirklich der Sibirische Trapp die Ursache war, wollen Burgess und seine Kollegen nun dortige Gesteinsschichten auf die gleichen Weise datieren wie die Ablagerungen von Meishan. Auf diese Weise wollen sie herausfinden, ob beide Ereignisse – Massenaussterben und Vulkanausbrüche – tatsächlich zeitlich zusammenpassen. „Wir haben nun eine höhere Präzision als zuvor, man kann sagen, wir bewegen uns allmählich auf die Wahrheit zu“, so Koautor Sam Bowring vom MIT. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2014; doi: 10.1073/pnas.1317692111)

(PNAS / MIT, 11.02.2014 – NPO)

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