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Geowissen

Das Kaspische Meer schrumpft

Klimawandel lässt Pegel des größten Binnenmeeres der Erde sinken

Blick über das Kaspische Meer vom Orbit aus. Es ist größte Binnenmeer der Erde. © Scott Kelly, NASA/JSC

Das Wasser schwindet: Der Wasserspiegel des Kaspischen Meeres sinkt pro Jahr um sieben Zentimeter. In den letzten 20 Jahren sind die Pegel dadurch bereits um eineinhalb Meter gesunken, wie Messdaten belegen. Der Hauptgrund für den Wasserverlust ist der Klimawandel: Weil Wasser und Luft wärmer werden, steigt die Verdunstung aus dem abflusslosen Gewässer. Wird der Zustrom durch die Wolga und andere Flüsse nicht erhöht, könnte der Nordteil des Sees austrocknen, wie die Forscher berichten.

Das Kaspische Meer ist das größte Inlandgewässer der Erde: Dieses Relikt des Tethysmeeres ist 1.200 Kilometer lang und 370.000 Quadratkilometer groß. Seit Jahrmillionen von anderen Ozeanen abgeschnitten, hat sich in diesem langestreckten Binnenmeer eine einzigartige Tierwelt herausgebildet. 90 Prozent aller Störe leben hier, hunderttausende von Ringelrobben und unzählige Fischarten.

Was beeinflusst die Pegel?

Eine weitere Besonderheit: Das Kaspische Meer besitzt keinen Abfluss und speist sich nur aus der Wolga und mehreren Dutzend kleineren Flüssen und den Niederschlägen. Der Pegel dieses zwischen Europa und Asien liegenden Binnenmeeres liegt rund 27,5 Meter unter dem mittleren Meeresspiegel, schwankt aber im Verlauf der Jahre deutlich. Bisher war jedoch unklar, welchen Faktoren für diese Schwankungen verantwortlich sind.

Diese haben nun Jianli Chen von der University of Texas in Austin und seine Kollegen untersucht. Auf Basis von vier Pegel-Messstationen im Kaspischen Meer und Satelliten-Daten ermittelten sie, wie sich der Wasserstand im Kaspischen Meer in den letzten knapp 40 Jahren verändert hat und welchen Anteil der Einstrom aus der Wolga, die Niederschläge und die Verdunstung daran haben.

Sieben Zentimeter pro Jahr

Das Ergebnis: Das Kaspische Meer schrumpft. In den letzten 20 Jahren ist der Pegel des Binnenmeeres um fast 1,50 Meter gesunken – und jedes Jahr sinkt der Meeresspiegel um weitere sieben Zentimeter, wie die Forscher berichten. Inzwischen liegt der Wasserspiegel nur noch einen Meter über dem historischen Tiefstand der 1970er Jahre, als übermäßige Wasserentnahmen entlang seiner Zuflüsse kaum noch Wassernachschub einströmen ließen.

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Wassertiefe im Kaspischen Meer: Vor allem der Nordteil ist ziemlich flach. © Jianli Chen/Geophysical Research Letters/ AGU

Doch diesmal sind das Problem nicht allein die Zuflüsse: Den größten Anteil am Wasserverlust hat die gestiegene Verdunstung. Durch den Klimawandel haben sich Wasser und Luft in der Region um rund ein Grad erhöht, wie Messungen zeigen. Das reicht aus, um die Verdunstung zum dominanten Faktor für den Wasserverlust im See zu machen, so Chen und seine Kollegen. Der Einstrom durch die Wolga und andere Zuflüsse kann dies nicht mehr ausgleichen.

Nordteil könnte austrocknen

Wenn der aktuelle Trend anhält, könnte der Nordteil des Kaspischen Meeres in 75 Jahren komplett verschwunden sein. Denn viele Wasserbereiche in diesem Teil des Binnenmeeres sind weniger als fünf Meter tief. „Die Geschichte des Aralsees zeigt, welche dramatischen Folgen ein Ungleichgewicht in Wasserzustrom und -verlust bei einem solchen Binnengewässer haben kann“, sagen die Forscher.

Steuert man nicht gegen, indem man beispielsweise den Zustrom über die Flüsse erhöht, dann könnte dies für die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt im Kaspischen Meer gravierende Konsequenzen haben. Vor allem die Störe könnten unter einem weiter fallenden Wasserspiegel leiden, denn sie nutzen das flache Nordende des Binnenmeeres als Laichgrund.

Gefährdet ist auch der Kara-Bogaz-Gol, eine Salzlagune, die nur über einen schmalen Kanal mit dem Kaspischen Meer verbunden ist. Fällt dort der Pegel weiter, fließt kein frisches Wasser mehr in die Salzpfanne. Welche Folge dies hätte, zeigte sich in den 1980er Jahren, als ein Damm die Wasserzufuhr abriegelte: Heftige Salzstürme überzogen die gesamte Region mit Staub und Sand und machten umliegende Felder unfruchtbar. (Geophysical Research Letters, 2017; doi: 10.1002/2017GL073958)

(American Geophysical Union, 31.08.2017 – NPO)

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