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Chemie

Chemischer Schutzschild für Denkmäler

Transparente Beschichtung schützt vor saurem Regen und Bakterien

Eine unsichtbare Beschichtung könnte wertvolle Kulturdenkmäler wie das Kolosseum in Rom schützen. © Bert Kaufmann/ CC-by-sa 2.0

Unsichtbare Schutzschicht: Forscher haben eine Beschichtung entwickelt, die Bauwerke aus Naturstein vor dem Verfall bewahren könnte. Ihre transparente Flüssigkeit wirkt gegen die Effekte sauren Regens und wehrt außerdem schädliche Bakterien ab. In ersten Tests mit Kalkgesteinen hat sich der neue Korrosionsschutz bereits bewährt. Bestätigen Langzeitstudien seine Wirkung, könnte er künftig für den Schutz einzigartiger Denkmäler zum Einsatz kommen.

Ob das Kolosseum in Rom, die Pyramiden von Gizeh oder der Kölner Dom: An vielen kulturell bedeutsamen Bauwerken nagt inzwischen der Zahn der Zeit. Ihre Fassaden beginnen zu korrodieren. Schuld an diesem Verfall sind vor allem zwei Faktoren: Zum einen zerstört durch industrielle Umweltverschmutzung ausgelöster saurer Regen die Natursteine. Zum anderen greifen Biofilme aus Mikroben das Material an, die die Steine unansehnlich und porös werden lassen.

Früher oder später werden die Gebäude solchen schädlichen Einflüssen vollständig zum Opfer fallen – wenn nichts dagegen unternommen wird. Genau dies versuchen Chemiker um Archismita Misra von der Universität Ulm: Sie haben nun eine Oberflächenbeschichtung entwickelt, die denkmalgeschützte Bauwerke oder antike Statuen aus Naturstein vor dem zunehmenden Zerfall bewahren könnte.

Maßgeschneiderte Beschichtung

Für ihren chemischen „Schutzschild“ setzten Misra und ihr Team auf eine ionische Flüssigkeit, die sich unter anderem bereits im Korrosionsschutz von Metallen bewährt hat. Der große Vorteil: „Bei dieser Polyoxometallat-ionischen Flüssigkeit, kurz POM-IL, lassen sich Kation und Anion unabhängig voneinander verändern. So können wir die Eigenschaften der Beschichtung den jeweiligen Umweltbedingungen anpassen“, erklärt Misras Kollege Carsten Streb.

Die Forscher stellten gleich zwei Varianten der wasserabweisenden und säureresistenten Flüssigkeit her, die sich für ihre Zwecke eignen. Diese testeten sie anschließend an drei häufig verbauten natürlichen Carbonatgesteinen mit unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und Porösität: Belgischer Blaustein, Dom-Stein sowie Romery-Stein. Würde die Beschichtung die Materialien gegen sauren Regen und Bakterien wappnen?

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Sichtbarer Effekt: Die Beschichtungen schützen vor Schäden durch Säureeinfluss. © Universität Ulm

Sichtbarer Effekt

Um dies zu überprüfen, bestrichen die Wissenschaftler die Natursteine mit den beiden Flüssigkeiten POM-IL1 und POM-IL2. Über 72 Stunden bedampften sie die so behandelten Steine sowie naturbelassene Referenzproben mit Essigsäure. Danach reinigten, trockneten und wogen sie die Proben.

Wie das Forscherteam berichtet, war der Effekt des Schutzfilms bereits mit bloßem Auge sichtbar: „Die mit POM-IL behandelten Steine haben ihre Form behalten, während die Oberflächen der naturbelassenen Steine teils stark verwittert und beschädigt waren – dieser Materialverlust bestätigte sich auf der Waage“, sagt Misra. Insgesamt zeigte POM-IL1 dabei eine noch bessere Schutzwirkung als die zweite Schutzschildvariante.

Weniger Bakterien

In weiteren Versuchen untersuchten Misra und ihre Kollegen die Wirkung gegen schädliche Biofilme. Dabei analysierten sie unter anderem das Wachstum und die Aktivität von Escherichia coli-Bakterien auf behandelten und unbehandelten Steinen. Das Ergebnis: „Durch Zählen der Bakterienkolonien konnten wir die Wirksamkeit der neuen Beschichtung gegen Biofilme nachweisen: POM-IL reduzierte die Anzahl der Mikroben erheblich und die verbliebenen Bakterien zeigten Stress-Symptome“, berichtet Streb.

Damit scheint klar: Die neue Flüssigkeit könnte ein vielversprechender Schutz gegen die zwei größten Feinde von Naturstein-Denkmälern sein. Wie die Wissenschaftler betonen, ist ihre Beschichtung transparent, leicht aufzutragen und lässt sich durch kleine chemische Veränderungen an unterschiedliche Rahmenbedingungen anpassen. Um die Langzeitwirkung von POM-IL beurteilen zu können, seien allerdings noch weitere Studien unter realen Bedingungen nötig, schließen sie. (Angewandte Chemie, 2018; doi: 10.1002/anie.201809893)

(Universität Ulm, 22.10.2018 – DAL)

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