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Archäologie

Cäsars Landeplatz in England entdeckt

Funde im Südosten Kents könnten von der Flotte des römischen Kaisers stammen

Julius Cäsar landete im Jahr 54 vor Christus mit einer Flotte in Britannien - wo, war bisher unbekannt. (Hier eine Darstellung Cäsars bei einem Feldzug in Germanien) © historisch

Spektakuläre Entdeckung: Archäologen haben erstmals den Ort von Julius Cäsars Landung in Großbritannien entdeckt. Die römische Flotte war demnach um 54 vor Christus in der Pegwell Bay an der Südostspitze Englands stationiert, wie ein Verteidigungsgraben und römische Waffen belegen. Die Geografie des Ortes stimmt zudem auffällig gut mit Cäsars eigener Beschreibung seines Feldzugs überein, wie die Forscher berichten. Die endgültige Eroberung Britanniens gelang den Römern allerdings erst hundert Jahre später unter Kaiser Claudius.

Nachdem der römische Feldherr Julius Cäsar Gallien erobert hatte, versuchte er auch eine Invasion Britanniens. Ein erster Feldzug im Jahr 55 vor Christus scheiterte jedoch, worauf Cäsar im Jahr darauf einen zweiten Versuch unternahm. Bei diesem Feldzug errangen die Römer immerhin einen Teilerfolg: Sie landeten an der britischen Küste und unterwarfen Teile der Küstenbevölkerung.

Wo lag Cäsars Landeplatz?

Obwohl Julius Cäsar in seinem Bericht von diesem Feldzug diese Landung beschreibt, blieb der geografische Ort dieses ersten römischen Flottenstützpunkts in Britannien unbekannt. Entlang der englischen Küste wurden keine römischen Überreste aus dieser Zeit gefunden. Weil Cäsars Truppen schon einige Monate später wieder nach Frankreich zurückkehren mussten, hielt man es zudem für unwahrscheinlich, dass sie dauerhafte Spuren hinterlassen hatten.

Jetzt jedoch könnten britische Archäologen Cäsars ersten Landeplatz gefunden haben. In der Pegwell Bay auf der Isle of Thanet an der Südostspitze der Grafschaft Kent entdeckten sie römische Überreste, die aus dem ersten Jahrhundert vor Christus stammen – und damit aus der Zeit von Cäsars Feldzügen gegen Britannien.

Ein Schutzgraben und römische Waffen

Bei den Funden handelt es sich zum einen um einen großen Verteidigungsgraben, wie ihn die Römer auch in ihren gallischen Kriegen um ihre befestigten Stellungen errichteten. Ähnlich wie die dortigen Befestigungen ist der in Pegwell Bay entdeckte Graben vier bis fünf Meter breit und zwei Meter tief.

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Er liegt heute zwar rund 900 Meter von der Küste entfernt, lag aber zu Cäsars Zeit deutlich näher am Meer, wie die Forscher berichten.

Diese römische Speerspitze aus Eisen wurde bei den Ebbsfleet-Ausgrabungen in Pegwell Bay gefunden. © University of Leicester

Auf eine frühe römische Präsenz deuten auch Siedlungsreste, Gefäßscherben und Fragmente von eisernen Waffen hin. Zu diesen gehört ein römisches Pilum – eine Speerspitze, wie sie die römischen Soldaten verwendeten. Die Archäologen werten diese Funde als Indiz dafür, dass es an diesem Ort über mehrere Monate hinweg eine starke römische Militärpräsenz gegeben haben muss.

Übereinstimmung mit Cäsars Beschreibungen

Hinzu kommt: Die geografischen Merkmale von Pegwell Bay stimmen gut mit Cäsars Beschreibung seiner Landung überein, wie die Forscher erklären. So beschreibt der römische Kaiser, dass er auf seinem Weg von Frankreich nach Britannien die Küste von England zu seiner Linken liegen sah. Das spreche dafür, dass die römische Flotte nach Nordosten segelte, so die Archäologen.

„Cäsar beschreibt zudem, wie die Schiffe an einer flachen und offenen Küste vor Anker gingen und bei einem großen Sturm beschädigt wurden“, berichtet Andrew Fitzpatrick von der University of Leicester. „Das passt zu Pegwell Bay. Diese Bucht war damals groß genug, um die gesamte römische Flotte aufzunehmen. Bei rund 800 Schiffen benötigen sie dafür immerhin rund ein bis zwei Kilometer Küstenlinie.“

Ebenfalls passend ist ein weiteres geografisches Merkmal: „Cäsar beschreibt auch, dass die Briten sich versammelten, um die Römer zu bekämpfen. Als sie jedoch die Größe der Flotte sahen, flüchteten sie in höheres Gelände“, sagt Fitzpatrick. Die Pegwell Bay sei von solchen Erhebungen umgeben.

Von seinem Landeplatz in Pegwell Bay zogen Cäsars Truppen zu mehreren Schlachten ins Inland, bevor sie England wieder verließen. © University of Leicester

Einfallstor für fremde Mächte

„Alle drei Merkmale zusammen, die Fahrt entlang der Klippen, die große, offene Bucht und das nahegelegene höhere Gelände, liefern zusätzliche Anhaltspunkte dafür, dass die Römer im Jahr 54 vor Christus in Pegwell Bay landeten“, konstatiert Fitzpatrick. Für die Isle of Thanet spreche zudem, dass sie bereits mehrfach in der Geschichte als Landeplatz für Invasoren diente.

„Weil es so nah am europäischen Kontinent lag, war Thanet schon seit frühester Zeit ein Einfallstor für neue Ideen, Völker, den Handel und auch Invasionen“, erklärt Simon Mason, Archäologiebeauftragter von Kent. „Die Menschen dieser Region waren Zeugen einiger der frühesten und wichtigsten Ereignisse in der Geschichte unseres Landes: der Invasion der Römer unter Kaiser Claudius, der Landung von Augustinus, der die Christianisierung Britanniens einleitete und der Ankunft der Angelsachsen unter Hengist und Horsa.“

Vorarbeit für spätere Invasion

Obwohl Julius Cäsar und seine Truppen England nicht dauerhaft in England blieben, könnte ihr Aufenthalt um 54 vor Christus wichtige Weichen für die spätere Invasion der Römer unter Kaiser Claudius gestellt haben: „Cäsar setzte damals Verträge auf, die die Basis für eine Allianz britischer und römischer königlicher Familien bildeten“, erklärt Colin Haselgrove von der University of Leicester. „Als Claudius fast 100 Jahre nach Cäsar Britannien eroberte, ging dies so schnell, weil die Könige im Südosten Englands damals schon mit Rom verbündet waren.“

Mit der Eroberung Britanniens im Jahr 43 nach Christus durch Kaiser Claudius begann eine fast 400 Jahre lange Ära der römischen Besatzung. Von dieser Zeit zeugen bis heute Relikte römischer Kastelle und alter Römerstraßen in England. Nur Schottland nördlich des Hadrianswalls und Irland entgingen der römischen Besatzung – möglicherweise, weil sich der Aufwand für die Römer damals nicht lohnte.

(University of Leicester, 29.11.2017 – NPO)

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