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Energie

Biomasse: Weniger Biosprit, mehr Wärme und Strom

Sachverständigenrat warnt vor unbedachtem Ausbau der Biomassenutzung

Die Biomasse kann eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der deutschen Klimaschutzziele spielen, aber sie ist keine unerschöpfliche Ressource. Das ist eines der Ergebnisse des Sondergutachtens „Klimaschutz durch Biomasse“, das der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) gestern in Berlin vorgestellt hat.

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So könnten bis 2030 nur etwa zehn Prozent des Primärenergieverbrauchs in Deutschland durch hier angebaute Biomasse abgedeckt werden, wenn dabei Umwelt- und Naturschutzgesichtspunkte angemessen berücksichtigt werden. Ratsmitglied Prof. Dr. Martin Faulstich stellte dazu fest: „Biomasse ist eine knappe Ressource und sollte daher möglichst wirksam für den Klimaschutz eingesetzt werden.“ In seinem Sondergutachten belegt der Sachverständigenrat, dass Biomasse in der Wärme- sowie in der gekoppelten Wärme- und Stromerzeugung bis zu dreimal effizienter und wesentlich kostengünstiger eingesetzt werden kann als bei der Erzeugung der derzeit genutzten Biokraftstoffe Biodiesel und Bioethanol. Dies gelte insbesondere, wenn Kohle durch Biomasse ersetzt wird. Wärme und Strom sollten daher bei der Biomasseförderung Vorrang vor Biokraftstoffen erhalten.

Die derzeitige Förderlandschaft für Bioenergien ist nach Ansicht des SRU nicht geeignet, die Prioritäten richtig zu setzen. Die für 2020 geplante hohe europäische Biokraftstoffquote von zehn Prozent und das entsprechende nationale Ausbauziel von 17 Prozent wird die verfügbare Biomasse in den Verkehrsbereich lenken. Dies wiederum könnte die Wirksamkeit der Fördermaßnahmen des EEG schwächen, aber auch einen schwer kontrollierbaren Import auf Kosten der natürlichen Ressourcen in Drittländern auslösen. „In der Gesamtbilanz könnte man mit anderen Prioritäten mehr Klimaschutz zu niedrigeren Vermeidungskosten für Steuerzahler, Autofahrer und Stromkunden erreichen“, erklärte dazu der Vorsitzende des SRU, Hans-Joachim Koch.

Umweltschäden durch Biomasseanbau?

In Deutschland ist nach Einschätzung der Experten durch den Ausbau der nachwachsenden Rohstoffe mit einem vermehrten Düngemittel- und Pestizideinsatz vor allem in den großflächigen Raps-und Maisanbaumonokulturen und einer weiteren Intensivierung der Landwirtschaft zu rechnen. Risiken ergeben sich auch aus der dem Klimawandel verbundenen Wasserknappheit. Um Umweltschäden zu vermeiden, müssen die bestehenden Umweltauflagen für die Landwirtschaft konsequent umgesetzt und in Einzelpunkten weiterentwickelt werden. Die stellvertretende Ratsvorsitzende, Prof. Dr. Christina von Haaren, dazu: „Insbesondere der Umbruch von Grünland muss strenger unterbunden werden, durch ihn der Verlust der Artenvielfalt verstärkt und in erheblichem Maße Klimagase freigesetzt werden.“

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Nach Auffassung des SRU müssen die negativen Klimafolgen von Landnutzungsänderungen und der Freisetzung hochwirksamer Klimagase wie Methan und Lachgas aus der Landwirtschaft systematisch in Betracht gezogen werden. Dazu sagte Prof. Faulstich: „Nur durch belastbare Ökobilanzen lässt sich abschließend beurteilen, ob der Verwendungspfad tatsächlich einen Beitrag zum Klimaschutz leistet.“

Import von Biomasse bedroht Tropenwälder

Der bevorstehende Importsog für Biokraftstoffe erhöht unter anderem den Nutzungsdruck auf schützenswerte Tropenwälder in Südostasien und Südamerika. Deren weitere Abholzung würde nicht nur wertvolle Naturressourcen vernichten, sondern wäre auch klimapolitisch kontraproduktiv. Der Rat begrüßte daher die Bemühungen von Bundesregierung und EU, in internationalen Abkommen Mindeststandards für den Biomasseanbau zu finden.

Den anstehenden Biomasseaktionsplan sowie das geplante Artikelgesetz zum Klimaschutz sehen die Experten jedoch als Chance, das derzeitige Förderinstrumentarium zur Markteinführung auf den Prüfstand zu stellen und im Lichte der Klimapolitik der Bundesregierung zu modifizieren. Vor allem das Ausbauziel für Biokraftstoffe müsse zugunsten der anderen Verwendungen nach unten korrigiert werden.

(Sachverständigenrat für Umweltfragen, 13.07.2007 – NPO)

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